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Die Macherinnen der Augenoptik - Dieses Mal:

Uta Geyer – Die Vintage-Expertin

Uta Geyer hat eine Leidenschaft für Design-Klassiker vergangener Stildekaden. Mit ihrem Retail-Konzept für Vintage-Brillen „Lunettes Selection“ und ihrer eigenen Design-Linie „Lunettes Kollektion“ hat die studierte Film- und Kulturwissenschaftlerin von Berlin aus ein erfolgreiches Start-up-Unternehmen aufgebaut, das seine Produkte heute in über 30 Ländern verkauft.

eyebizz 70 Frauen: Uta Geyer - Vintage-Brillen
(Bild: Fotografin: Julia Zimmermann)

eyebizz: Wenn Sie zurückdenken, wie Sie mit 29 „Lunettes Selection“ gründeten und Ihr erstes Geschäft in Berlin eröffneten. Wie mutig war das?

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Uta Geyer: Ich habe es als Experiment empfunden. Die Idee ist daraus entstanden, dass ich eine Brille gesucht habe, weil meine Augen während der Magisterarbeit schlecht wurden, und ich in den neuen Kollektionen der klassischen Augenoptiker nichts für mich gefunden habe. Was angeboten wurde, war zum damaligen Zeitpunkt entweder zu teuer oder zu langweilig oder es stand ein Logo drauf, was für mich schon damals ein No-Go war. Dann habe angefangen, nach original Vintage-Brillen zu suchen. Und daraus ist die Geschäftsidee entstanden. Selbstständig wollte ich schon immer werden.

Wie fingen Sie genau an?

Ich habe mich erkundigt, welche Förderungen es für Gründer gibt und die habe ich beantragt und auch bekommen. Angefangen hatte ich mit einer sehr kleinen Fläche von 16 Quadratmetern. Berlin hatte damals noch geringere Mieten als heute. Die Anfänge waren allerdings sehr zeitaufwändig. Ich zeigte sechs Tage in der Woche Präsenz im Ladengeschäft, am Vormittag habe ich die Buchhaltung, Einkauf und Marketing gemacht. Mein Schwester, die damals in Braunschweig Kommunikationsdesign studierte, unterstützte mich. Ihr letztes Uniprojekt war es, die Corporate Identity für mein Geschäft, also insbesondere das Logo zu entwickeln. Sie wurde dabei von einer Schriftprofessorin unterstützt, die bei der Eröffnung des Geschäftes auch anwesend war.

Wie kamen Sie auf den Namen „Lunettes“?

Ich wusste, dass ich das Wort „Brille“ nicht verwenden will, weil es vom Klang her nicht so attraktiv ist und sich auch nicht so schön schreiben lässt. „Lunettes“ hingegen lässt sich schön in einem Logo visualisieren und auch für Deutsche gut aussprechen.

Warum ist Berlin ein ideales Pflaster für Vintage-Brillen?

2006, als ich angefangen habe, war die Stadt ein idealer Standort. Modisch war Berlin noch mutiger als heute. Der Wunsch, ein Original zu finden, zu tragen und individuell zu sein, war ein starkes Bedürfnis. Unser Geschäft war das erste, das sich auf Vintage-Brillen spezialisiert hat. Gerade am Anfang haben wir sehr viel extravagantere Brillen verkauft als heute. Unsere aktuelle Generation Kunden ist hingegen nicht mehr ganz so experimentierfreudig.

2011 lancierten Sie Ihre ersten eigenen Designs unter dem Label „Lunettes Kollektion“. Was waren die Gründe?

Das hat sich organisch entwickelt. Ich bin ja viel gereist, um alte Lagerbestände aufzukaufen, dabei habe ich in Italien und Frankreich sehr kleine Produzenten entdeckt, die kleine Mengen produzieren. Da ist dann die Idee entstanden, es selbst auszuprobieren. Denn bei Vintage gibt es ja immer Trends und Wellen, doch die jeweils angesagten Brillen sind nicht immer in dem Maße verfügbar. Da macht es Sinn, ein Modell oder einen Stil, der gerade stark nachgefragt wird, selbst zu produzieren. Anfänglich war ich mir unschlüssig, ob das funktionieren würde, da meine Kunden ja bislang immer ein altes Original wollten. Doch das wurde sehr gut angenommen, auch weil die Herstellungsweise meiner Produzenten eine sehr altmodische ist.

Ein anderer Grund für das eigene Label war, dass ich mich persönlich weiterentwickeln wollte. Der Einzelhandel war zwar spannend, fand aber immer nur in Berlin statt. Ich hatte mir hingegen immer vorgestellt, beruflich im Ausland zu arbeiten oder wenigstens viel im Ausland unterwegs zu sein. Deshalb hatte ich meinen ersten Messeauftritt auch in Tokio, was ein Riesenabenteuer war. Ich hatte vorher schon gehört, dass andere Brillenunternehmen aus Berlin erfolgreich auf dem japanischen Markt waren. Japaner haben sich zudem schon sehr für unsere klassischen Vintage-Brillen interessiert. Für mich entstand so ein ganz neues Aufgabengebiet innerhalb meines Unternehmens: Denn für das neue Label musste ich wieder ein eigenes Image erst kreieren, also mit einem Fotografen und Texter zusammenarbeiten.

Von den 30 Ländern, in denen Sie ihre Brillen verkaufen – welches ist das Exotischste?

Wahrscheinlich Island. Diesen Kunden haben wir schon seit dem zweiten Jahr der Geschäftsgründung. Anfänglich kaufte er Vintage-Brillen, mittlerweile Modelle aus meiner eigenen Kollektion. Was ich grundsätzlich toll finde ist, dass wir Kunden haben, die uns seit den Anfängen folgen. Sie entwickeln sich mit. Das ist dann auch eine schöne Bestätigung dafür, dass wir keine Eintagsfliege sind. Es reicht nicht aus, einen Trend mitzunehmen, man muss auch in der Lage sein, sich den verändernden Bedürfnissen immer wieder neu anzupassen. Und das ist der viel spannendere Moment: Wie schaffe ich es, am Zeitgeist dranzubleiben? Man muss aufpassen, dass man nicht bei dem stehenbleibt, mit dem man bekannt geworden ist.

Was würden Sie jungen Unternehmern raten, die ihr eigenes Business aufziehen wollen?

Wenn man eine Idee hat und daran glaubt, wird es immer Menschen geben, die sagen: Was? Das kann doch nicht funktionieren! Das muss man aushalten. Man darf sich nicht verunsichern lassen. Vielleicht ist es auch eine Art Mutprobe, sich dem zu widersetzen: Es mag ja sein, dass du Recht hast, aber ich möchte es trotzdem probieren. Wenn ich’s nicht probiere, werde ich nie wissen, ob es funktioniert.

Wann wurden Sie von einem Kunden richtiggehend überrascht?

Eine Kundin, die eine Sonnenbrille bei uns kaufte, hat dasselbe Modell gleich nochmals bestellt, und zwar für den Dirigenten Christoph Eschenbach. Die Dame macht Marketing für klassische Musik und war mit dem Dirigenten auf einem Konzert im sonnigen Los Angeles. Da hat er – seiner Meinung nach – zum ersten Mal in seinem Leben eine Sonnenbrille gebraucht und durfte leihweise ihre tragen. Er war so begeistert, dass er sie unbedingt haben wollte.

||| JUEB

 

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