Ende Mai erreicht uns folgende Pressemeldung: “Wir möchten Sie gerne darüber informieren, dass Luxottica ab Mitte Mai europaweit neue selektive Händlerverträge zum Schutz des Fachhandels und der Marken einführt. Die sogenannten „Authorized Retailer Agreements“ (ARAs) ermöglichen es uns, unser Markenportfolio langfristig zu schützen und gleichzeitig unsere Partner im Optik-Fachhandel zu stärken. In diesem Rahmen werden die bestehenden Verträge von Ray-Ban, Oakley Optical und Oakley Sports ergänzt und für die Luxus- und Premiummarken sowie für Oliver Peoples neue Verträge eingeführt. Die Verträge für Chanel bestehen unverändert weiter. “
Zeitgleich führt das Unternehmen eine neue Richtlinie für den Online-Vertrieb seiner Markenprodukte ein, welche Drittanbieter-Plattformen einschließt. Künftig können Luxottica-Produkte nur über E-Commerce-Plattformen oder Drittanbieter-Plattformen verkauft werden, die vorab explizit für den Vertrieb freigegeben wurden.
Diese Mitteilung birgt Sprengstoff. Wir freuen uns, dass wir mit Jens Lindner, Sales Director Luxottica Deutschland über das brisante Thema Markenschutz und die Ziele der neuen Händlerverträge von Luxottica sprechen können und machen eine interessante Entdeckung.
eyebizz: Nennen Sie uns bitte die konkreten Ziele der neuen Händlerverträge.
Jens Lindner: Unsere selektiven Händlerverträge, ARA (Authorized Retailer Agreements) wie wir sie intern nennen haben letztendlich drei Zielsetzungen. Die erste Zielsetzung ist, dass wir mit den selektiven Händlerverträgen die qualitativen aber auch quantitativen Standards definieren, um für den Endkonsumenten ein optimales Markenerlebnis sicherzustellen. Z. B. bei der Marke Ray Ban wissen wir, dass der Kunde eine gewisse Erwartungshaltung hat. Er geht davon aus, eine bestimmte Sortimentsbreite und eine Sortimentskompetenz vorzufinden – und das wollen wir gewährleisten können.
Der zweite Aspekt der neuen Händlerverträge ist, dass wir den Optikfachhandel vor unlauterer Konkurrenz des Graumarktes schützen wollen und damit auch, vor nicht autorisierten Anbietern. Da gibt uns das Coty EuGH Urteil vom Dezember vergangenen Jahres neue Möglichkeiten einer stabileren Rechtsgrundlage an die Hand. (Das coty EuGH Urteil vom 6.12.17 ist das sogenannte Drittplattformverbot)
Der dritte und letzte Aspekt der neuen Händlerverträge ist, dass diese Maßnahmen das Markenportfolio von Luxottica unterstützen. Denn wir verkaufen Premiumprodukte und der Wert unserer Marken lebt letztendlich von einer hochwertigen Präsentation der Marken, einer sehr guten Beratung, die nur der Optikfachhandel bieten kann und von der positiven Endkundenerfahrung. Deswegen denke ich, haben der Optikfachhandel und Luxottica ein gemeinsames Interesse an hochwertigen Markenimages und damit auch an unserem neuen Händlervertrieb.
eyebizz: Graumärkte entstehen auch aufgrund unterschiedlicher Händlerpreise. Gibt es bei Luxottica eine einheitliche Preispolitik in Europa?
Jens Lindner: Ein ganz wichtiger Punkt, den Sie da ansprechen. Um dem Thema Graumarkt europaweit zu begegnen, hat Luxottica bereits 2016 eine europaweite Harmonisierung der Händlerpreislisten, eine sehr klare und auch europaweit gültige Konditionspolitik und last but not least auch eine einheitliche UVP vorgenommen. Das ist eine Maßnahme, die ich aus dem Konsumgüterbereich kenne. Allerdings ist sie dort noch nicht so weit entwickelt und wurde nicht so kraftvoll umgesetzt, wie das Luxottica gerade getan hat. Mit der Erweiterung unserer selektiven Händlerverträge und vor allem der klaren Richtlinie zum Thema Online Vertrieb gehen wir den nächsten konsequenten Schritt, um unsere Marken und damit auch den autorisierten, stationären aber auch Online Optikfachhandel bestmöglich vor Graumarktanbietern zu schützen.
eyebizz: Welche Absatz Kanäle werden Sie erlauben – welche nicht zulassen?
Jens Lindner: Eine der wichtigsten Neuerungen der selektiven Händlerverträge liegt darin begründet, dass online Vertriebsaktivitäten ausschließlich über Vertriebspunkte und Plattformen erfolgen können, die von Luxottica genehmigt worden sind, und zwar auf Grundlage der in den neuen Händlerverträgen festgelegten qualitativen und quantitativen Kriterien. Diese Regelung beinhaltet sowohl hauseigene Online Präsenzen, d. h. wenn ein Optikfachgeschäft eine Online Seite hat, die auch verkauft, dann muss diese Onlinepräsenz gewisse qualitative Richtlinien erfüllen, aber es betrifft auch große unabhängige Plattformen und Marketplaces und das ist ein ganz wichtiger Schritt. Denn wenn man über Graumarkt spricht dann denkt man zu allererst an die großen unabhängigen Marketplaces.
eyebizz: Können wir sagen, dass es sich um Amazon und Ebay handelt?
Jens Lindner: Ganz genau, auch diese Plattformen müssen künftig die qualitativen Richtlinien, die wir für den Online Vertrieb festgelegt haben, erfüllen, was aktuell nicht der Fall ist. Wichtig ist auch, dass wir auf Basis der neuen Verträge künftig noch konsequenter vorgehen können und damit unsere Marken, den stationären Handel, wie auch den autorisierten Onlinehandel besser schützen können. Das Coty Urteil gibt uns nun die rechtlichen Grundlagen dafür.
Luxottica ist eine der ersten Firmen der Optikbranche, aber auch über die Optikbranche hinaus, die dieses Urteil konsequent umsetzt. Das Urteil wurde im Dezember 2017 gefällt und wir haben bereits im ersten Quartal 2018 sämtliche Vorbereitungen getroffen um jetzt mit dieser Meldung an die Öffentlichkeit zu treten.
eyebizz: Da fällt uns nur Birkenstock ein.
Jens Lindner: Birkenstock ist ein gutes Beispiel. Das konnte man in der Presse verfolgen und sie haben klar im Interesse der Marke gehandelt.
Das Thema wird durchaus kontrovers diskutiert doch wir positionieren uns als Luxottica hier ganz klar: Wir nutzen unsere rechtlichen Möglichkeiten voll aus, zum Schutz unserer Marken und Partner. Unsere Marken sind das größte Asset welches wir haben und der Schutz des autorisierten Optikfachhandels ist eine unserer wichtigsten Aufgaben. Dieser ist das Herz unseres Geschäftes und wird es auch Morgen und Übermorgen sein. Er verdient es, dass wir ihn vor einem unkontrollierten Graumarkt bestmöglich schützen. Das erwartet man zurecht von uns als Marktführer.
Uns ist bewusst, dass wir in einigen Punkten, gerade was den Fachhandel betrifft, Verbesserungspotenzial haben. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren mehrere Kundenbefragungen durchgeführt und möchten Schritt für Schritt zeigen, dass wir proaktiv Maßnahmen ergreifen, um den Optikfachhandel in Deutschland zu stärken.
eyebizz: Sie werden zusätzliche Maßnahmen ergreifen?
Jens Lindner: Wir haben Ende letzten Jahres in der Geschäftsführung eine strategische Initiative beschlossen. Das Ergebnis ist das Partner- und Serviceprogramm. Auf Basis unserer Kundenbefragungen, die wir in 2016 und 2017 durchgeführt haben, haben wir Schwachstellen und verbesserungswürdige Punkte klar identifiziert. Seit Beginn dieses Jahres konnten wir bereits einige Punkte erfolgreich umsetzen. Beispielsweise haben wir die Serviceleistungen bei Ersatzteilen verbessert. Das war ein großer Kritikpunkt der Augenoptiker welchen wir im Januar komplett lösen konnten. Ab einem Korrektionsumsatz von 5.000 € über alle Marken hinweg, erhält ein Partner nun Ersatzteile gratis.
Wir haben die Wartezeiten im Call-Center– auch für kleine Kunden – um mehr als die Hälfte auf jetzt durchschnittlich 27 Sekunden reduzieren können. Unseren besten Kunden bieten wir jetzt eine noch bessere Betreuung an. Dazu wurde die Anzahl der Top Kundenbetreuer für Deutschland fast verdoppelt.
Parallel dazu und auch das kann man vom Marktführer erwarten, wurde das Thema Digitalisierung weiter entwickelt. Wir haben seit Anfang dieses Jahres eine digitale Trainingsplattform, die wir allen Kunden zur Weiterbildung und Verkaufsunterstützung anbieten. Dort kann der Händler bedarfsgerecht Kurse absolvieren, sei es zu Oakley Prizm, zu Storytelling unserer Marken, zu diversen technischen oder auch zu ganz markenspezifischen Themen.
Ein weiteres Beispiel für den digitalen Prozess ist die Reklamationsprüfung. Wie bei vielen Wettbewerbern wahrscheinlich auch, war dies bisher ein relativ anachronistischer Prozess. Das haben wir mit Beginn diesen Jahres auf eine digitale Gewährleistungsprüfung umgestellt. Der Optiker schickt uns lediglich ein digitales Fotos. Es muss nichts mehr verpackt werden, nichts mehr versendet werden, der Optiker spart Porto etc. Dieses Bild wird innerhalb von 24 Stunden von unserem Customerservice geprüft und eine Entscheidung getroffen bzw. der Ersatz versendet. Dieser neue Prozess spart nicht nur Zeit und Geld, sondern auch dem Endkunden steht die Brille schneller zur Verfügung.
Unser Konditionssystem haben wir wesentlich vereinfachen können und für Optikfachhändler aller Größen auf einer DIN A4 Seite zusammengefasst. Daran war vorher überhaupt nicht zu denken. Das System ist jetzt sehr transparent und für alle Kunden einsehbar. Ich kann als Optiker überprüfen, wie sich meine Konditionen ändern, wenn ich ein Platinkunde bin im Vergleich zu meinem jetzigen Kundenstatus. Unser Konditionssytem basiert ganz klar auf Leistung und Gegenleistung. Kunden, die ein größeres Markenportfolio von uns führen und oder ein positives Geschäft im Korrektionsbereich mit uns machen, erhalten von uns bessere Konditionen als Kunden, die lediglich Ray Ban führen und sagen, Korrektion sei nicht relevant.
eyebizz: Über welches Handelsvolumen sprechen wir hier jährlich, das dem Graumarkt wieder abgenommen werden soll?
Ich habe zufälligerweise am Wochenende einen Artikel gelesen, wo das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum, Euipo, eine Studie darüber veröffentlichte, wie groß der Verlust, der durch gefälschte Produkte entsteht, europaweit beziffert werden kann,– also nicht nur in der Optik, sondern darüber hinaus. Dieses Amt geht von 60 Milliarden Euro innerhalb der kompletten EU auf Jahresbasis aus, in Deutschland von ca 8,3 Mrd. Euro. Für den Optikbereich haben wir leider keine verlässliche Größe dazu, wie viel dem Optikfachhandel und letztendlich auch uns, den Herstellern, durch Fälschungen oder nicht autorisierte Händler entgeht. Fakt ist, dass wir bei Luxottica das Thema „Kampf gegen Fälschungen“ ganz weit oben stehen haben, auf der Agenda. Wir sind überzeugt, wenn die Endkunden nur einen Bruchteil dieser Werte an Originalen, statt der weltweit 5,5 Millionen im letzten Jahr sichergestellten Fälschungen von Ray Ban und Oakley kaufen, profitieren alle Parteien.
eyebizz: Vielen Dank Herr Lindner für das interessante Gespräch. Wir sind gespannt, wie sich die Thematik weiterentwickeln wird und freuen uns schon auf ein Follow-Up und die Ergebnisse dieser Maßnahmen im Herbst. //DS
Fakten: Im Dezember entschied das EuGH, dass ein Hersteller den Verkauf von Händlern über Drittplattformen verbieten kann. Im sogenannten „Coty Urteil“ stellte das Gericht erstmals klar, dass ein selektives Vertriebssystem, das auf qualitativen Auswahlkriterien beruht, wettbewerbsförderne Wirkungen erzeugen kann.
Mit den europaweiten selektiven Händlerverträgen (ARAs) führte Luxottica sein internationales Engagement für den Schutz von Marken und des Fachhandels ein. Weltweit ging Luxottica gegen Produktfälschungen und den Handel außerhalb des autorisierten Vertriebsnetzes vor und hat allein im Jahr 2017 folgende Erfolge erzielt:
- 50.000 Fake Profile wurden in sozialen Medien geschlossen
- 400.000 Anzeigen in über 200 Online-Plattformen wurden entfernt
- 20.000 Fake Websites wurden geschlossen
- 5,5 Millionen Produktfälschungen von Ray-Ban und Oakley wurden sichergestellt und vernichtet