Unternehmensnachfolge - Vater und Sohn - Dieses Mal:
Peter und Paul Rottler – Die Glücksbringer
von CH,
Welcher Patriarch übergibt denn schon mit 58 Jahren sein Firmenimperium in die Hände des Youngsters? Peter Rottler von Brillen Rottler (Arnsberg) hat genau das gemacht. Der Übergang brauchte allerdings einige Merkzettel. „Die Entscheidungen trifft Paul!“ war etwa ein wenig diskretes Hinweis-Schild, das auf dem Schreibtisch des Seniors 2005 an die selbst auferlegte Zurückhaltung erinnerte.
Für die eyebizz 4.2018 beantworteten Vater und Sohn fünf Fragen ganz unabhängig voneinander. Dabei saß jeder in seinem eigenen Büro am Firmensitz und kannte die Antworten des anderen nicht. Ein Experiment, auf das sich das Duo gerne einlließ. Klar: Hier schwingen Vertrauen und eine gute Prise Humor mit.
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Die Fragen:
Wann war klar, dass der Junior in den Betrieb einsteigt?
Was war bisher die größte unternehmerische Herausforderung für Brillen Rottler?
Wie sind Sie damit klargekommen?
2016 hatte Brillen Rottler mit 54 Fachgeschäften einen Umsatz von 26,7 Millionen Euro (plus 7,1%). 2017 lag er bei 28,6 Millionen (60 Fachgeschäfte, plus 7%). Wo wird das Unternehmen in drei Jahren stehen?
Im März 2018 erklärten die Geschäftsführer von Mister Spex, Dirk Graber und Mirko Caspar, dass in zehn Jahren nur noch 50% der vorhandenen augenoptischen Fachgeschäfte existieren (etailment.de). Glauben Sie das auch?
Das sagt der Senior Peter Rottler
Zu 1: Wir sind früher immer nach Frankreich in den Urlaub gefahren, oft im Anschluss an die Silmo. Wir sind ja ein Familienunternehmen, deswegen ist die Familie praktisch immer dabei. Meine Frau arbeitet als Augenoptikermeisterin mit in der Firma und wenn wir über die Messe in Paris gingen, haben wir schon gemerkt: Da ist jemand, der die Augenoptik liebt. Paul zeigte schon mit zehn, zwölf Jahren großes Interesse. Denn das Beste ist, das Hobby zum Beruf zu machen. Spaß am Tun, Harmonie und Zufriedenheit, sowohl in der Familie als auch in der Firma, sind wichtige Voraussetzungen für den Erfolg. Eigentlich sind es drei Beine, auf denen sich der Erfolg eines Familienunternehmens gründet: das jeweilige Selbst, die Familie und die Firma.
Zu 2: Die Übergabe des Betriebs in die Hände der jungen Generation war jedes Mal eine Herausforderung. Ich musste mit 20 Jahren den Chefposten übernehmen, weil mein Vater leider früh verstarb. Damals hatten wir einen Optik-Foto-Handel, wobei die Fotosektion den größeren Umsatz abwarf.
Wir hatten das Glück, dass unser Sohn bereits seit zehn Jahren mit uns gemeinsam im Unternehmen mitwirkte. Ich merkte: Da denkt ja einer wie du! Zwischen uns herrschte das notwendige Vertrauen.
Als ich dann mit 58 Mietverträge für die Filialen auf zehn Jahre abschloss, war mir klar: Es geht hier nicht mehr um meine Zukunft. Paul war 28 Jahre alt, hatte den Meister in der Tasche und eine eigene Familie mit zwei Kindern. Die Nachfolgegeneration hatte nun auch das Recht zu entscheiden.
Für meine Frau und mich war zwei Jahre später die Übergabe eine der wirkmächtigsten Unterschiften, die wir je geleistet haben: Wir übergaben unser Unternehmen zu 100%.
Zu 3: In einer Familie kann einem nichts Besseres widerfahren, als zu merken, dass die Nachfolgegeneration sich mit Spaß und Lust der Lebensaufgabe stellt, das familieneigene Unternehmen fortzuführen. Ich habe an meinen Sohn geglaubt. Mit 56 Jahren habe ich ihn bereits als Nachfolger angekündigt. Ich musste mich allerdings erst daran gewöhnen, nicht mehr der Entscheidungsträger war. In den ersten Monaten stand ein Schild auf meinem Schreibtisch: „Die Entscheidungen trifft Paul!“
Zu 4: Wir haben einen Riesenvorteil, weil wir nicht investmentgesteuert sind: Wir können eine Menge, müssen aber nichts. Grundsätzlich wägen wir bei allen unternehmerischen Entscheidungen Chancen und Risiken ab. Momentan bauen wir beispielsweise das Backoffice aus.
Zu 5: Ich glaube nicht an 50% Rückgang, aber an 25. Die Augenoptik wird sich in den kommenden zehn Jahren stark wandeln. Das Internet wird mehr Marktanteile einnehmen. Wir spielen aber schon im Bereich neue Medien mit, ein Onlineshop wird noch dieses Jahr integriert.
Und was meint der Junior Paul Rottler?
Zu 1: Mir war relativ früh klar, dass ich in das Unternehmen einsteigen wollte. Studieren wollte ich nicht, denn in der Schule hatte ich nicht viel Spaß. Mich reizte es, in die Praxis einzusteigen. Deswegen habe ich auch mit 16 meine Ausbildung hier in der Firma begonnen.
Zu 2: Die durchgängige Herausforderung ist tatsächlich der Alltag. Vor fünf Jahren waren wir zu fünft in der Verwaltung, heute sind wir 30, denn unser Unternehmen hat ein enormes Wachstum hinter sich. Dadurch ändert sich seine Struktur. Als ich vor 15 Jahren einstieg, hatten wir 18 Filialen, jetzt sind es 60. Kleine Konzepte hielten wir nicht für zukunftsträchtig. Trotzdem wollen wir unsere Werte als Familienunternehmen täglich mit Leben und Persönlichkeit füllen.
Zu 3: Hilfreich ist unser Motto: Rottler macht glücklich – was intern wie extern gilt. Nur mit einer gehörigen Portion Leidenschaft vermitteln wir, dass wir Augenoptik nicht nur als Job betrachten, sondern als positiven Teil unseres Lebens.
Zu 4: Wir setzen unseren Motto offline wie online um, dazu gehört demnächst entsprechend auch ein Online-Shop. Wir werden weiter wachsen, dazu gibt es aber keine anvisierte Anzahl von Geschäften.
Zu 5: Grundsätzlich wird es eine Reduktion geben, ich würde von 20 bis 30% ausgehen. Der Markt ist gerade in den vergangenen zwölf Monaten so stark in Bewegung wie noch nie.
// CH
Peter und Paul
1,78 m Körpergröße 1,83 m
Neheim, Arnsberg Geboren in Neheim, Arnsberg
… dem 20. Lebensjahr, bei Einstieg ins elterliche Geschäft Trägt die erste Brille seit … dem 16. Lebensjahr, bei Einstieg ins elterliche Geschäft
1980 Verheiratet seit 2008
Paul, Philipp (Orthopäde), Jessica (Augenärztin) Kinder Anton (6) und Caspar (2)
Beruf, Familie Golfen Hobby Arbeiten, Familie, Joggen, Golfen
Götz Alsmann Neben welchem Brillenträger bei einem Langstreckenflug sitzen? Frank Walter Steinmeier