Fast volles Haus in der Classic Remise in Berlin. Nur in die erste Reihe blieb teilweise unbesetzt
Bild: Detlev Schilke / Spectaris
Stellvertretend für die 12 „jungen Wilden“ auf der Bühne: Julia Seidel aus München und Matthias Nowak aus Osnabrück
Bild: Detlev Schilke / Spectaris
SZ-Journalist Heribert Prantl legte sich für Europa ins Zeug
Bild: Detlev Schilke / Spectaris
Bastian Halecker, Gründer und vormals jüngster Professor Deutschlands, forderte zu mehr Mut zum Experimentieren auf.
Bild: Jürgen Bräunlein
Faszinierende junge Frau mit einer großen Portion Mut: Laura Dekker umsegelte mit 14 Jahren die Welt
Bild: Detlev Schilke / Spectaris
Die Siegerinnen des Ideen-Awards: Sophia Bengsch und Carla Kessler entwarfen ein Etui, das anlehnend an die „Selfie-Generation“ Brillenetuis, die von innen mit dem Konterfei des Trägers ausgestattet sind
Bild: Detlev Schilke / Spectaris
„Kanzler der Herzen“: Wolfgang Bosbach zog in seinem Schlussakkord alle Register für mehr Mut zur Debatte
Bild: Detlev Schilke / Spectaris
Gewohnheit, Perfektionismus und Ängste sind die Mutkiller schlechthin. So die Botschaft von Volker Busch, Facharzt für Neurologie
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„Schmieden Sie gleich heute auf dem Heimweg drei mutige Ideen!“ – mit diesem Aufruf beendete der Industrieverband Spectaris das diesjährige Augenoptik-Trendforum am Montag (11. November) vor knapp 600 Vertretern der deutschsprachigen Optikerbranche. Viele zeigten sich vom Mix der Redner, ihren spannenden Vorträgen und der Kulisse der Berliner Classic Remise beeindruckt. Der ganze Tag stand dabei unter dem Motto „Mut“.
Mut bewiesen unter anderem zwölf junge Augenoptikerinnen und Augenoptiker, die sich um den Ideen-Award des diesjährigen Trendforums bewarben. Stellvertretend für ihre zehn Mitstreiter sprangen Julia Seidel aus München und Matthias Nowak aus Osnabrück auf die Bühne, um ihre Branchenidee vorzustellen. Diese „jungen Wilden“ wie sie im Programmheft treffend tituliert wurden, hatten sich die Zielgruppe der „wilden Alten“ vorgeknöpft. Denn ihrer Meinung nach wird diese oft zahlungskräftige Klientel zurzeit nicht erfolgreich angesprochen. Auch wenn die Youngsters letztlich nicht den ersten Preis davontrugen. Allein das Gefühl, etwas gewagt zu haben, vor so vielen Menschen auf der Bühne gesprochen zu haben, dürfte bleibende Spuren hinterlassen haben.
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Die Keynote hielt der ehemalige SZ-Journalist Heribert Prantl
Die Keynote hielt der ehemalige SZ-Journalist Heribert Prantl jenseits der augenoptischen Thematik. „So unberechenbare Zeiten habe ich noch nicht erlebt. Die Humanität ist massiv bedroht“, stellte Prantl gleich zu Beginn klar. „Was wir daher brauchen, ist Mut zur Demokratie und Mut zu Europa. Mut sei das Gefühl, nicht anders handeln zu können. „Der Mutige ist der, der die Angst überwindet“, so Prantl. „Wir müssen lernen, mit unserer Angst produktiv umzugehen.“
Insbesondere in digitalen Zeiten gewinne für die Augenoptik die Kundeninteraktion verstärkt an Bedeutung. Unternehmerischen Mut forderte daher Bastian Halecker, Gründer und vormals jüngster Professor Deutschlands. Anhand spannender Beispiele aus der Start-up-Szene betonte er die Synergien, die etablierte Player und aufstrebende Akteure schaffen können: „Der Entrepreneur ist der Macher, das Start-up ist der Beschleuniger. Notwendig ist der Mut zum Lernen und Experimentieren.“
Eine Macherin ist auch Laura Dekker. Im Alter von einer Woche betrat sie zum ersten Mal ein Schiff, mit acht Jahren gewann sie Segelwettbewerbe und mit 14 umsegelte sie die Welt. Dekker hat niederländisch-deutsch-neuseeländische Wurzeln und ist mit der Seefahrt groß geworden. Das allein genügte aber nicht: „Ohne eine große Portion Mut wäre diese Reise für mich niemals möglich gewesen. Immerhin war ich alleine unterwegs.“ Auch heute habe sie noch viele Träume, die sie sich erfüllen möchte, weiß aber, dass „neben Vorbereitung und natürlich auch Bedenken der mutige erste Schritt am wichtigsten ist.“
Gewohnheit, Perfektionismus und Ängste sind Mutkiller
Gewohnheit, Perfektionismus und Ängste sind die Mutkiller schlechthin. So die Botschaft von Volker Busch, Facharzt für Neurologie, der dem Trendforum schon im letzten Jahr einen Besuch abstattete und auch dieses Mal wieder für Begeisterung sorgte. „Über 70 Prozent der Dinge, die wir tun, passieren aus Gewohnheit. Da steht kein kritischer Gedanke hinter“, betonte Busch. Versuche man außerdem seine Tätigkeiten ohne den geringsten Makel zu erledigen, um die Angst vor Fehlern zu besänftigen, seien Verhaltensänderungen nahezu unmöglich. „Nur wenn wir unser Handeln verändern, ist Mut machbar. Verlassen Sie die neuronalen Trampelpfade im Gehirn, seien Sie ein kleiner Revoluzzer“, gab er dem Publikum mit auf dem Weg. Sein Tipp: Ein Mut-Tag pro Monat, an dem man mal einfach alles ganz anders macht.
Abstimmung per Smartphone
Zwischen den Vorträgen stimmten die Teilnehmer des Trendforums mit ihren Smartphones über die Gewinner des Ideenwettbewerbs ab. In den Kategorien Kontaktlinse, Marketing und Brille trafen jeweils zwei Wettbewerber aufeinander, die pfiffige Ideen präsentierten. Hauptgewinner des Tages, die sich auch gegen die Sieger der anderen Kategorien behaupteten, waren die Auszubildenden Sophia Bengsch und Carla Kessler. Ihre Idee: ein mit dem Porträt des Brillenträgers gestaltetes Brillenetui – das „Metui“.
Wolfgang Bosbach reitet durch die bewegte Geschichte der BRD
Den Schlussakkord stimmte Wolfgang Bosbach an, CDU-Politiker und ehemaliger Bundestagsabgeordneter. In einem Ritt durch die bewegte Geschichte der Bundesrepublik Deutschland betonte er, dass an Abenden wie dem 9. November 1989 der politische und menschliche Mut ein wesentlicher Treiber war. Für die politische Kultur des Landes wünsche er sich den Mut zu mehr Debatten und Fakten: „Fake-News dürfen nicht die Grundlage für politische Entscheidungen sein. Auch wenn es in einigen Ländern leider der Fall ist.“ Für die Zukunft zeigte er sich allerdings zuversichtlich und verwies argumentativ stark auf die wirtschaftliche und politische Stabilität Deutschlands. // Spectaris/ CH