Die Anfänge der opti: Wagemut. Nachfrage. Konkurrenz.
von Dr. Jürgen Bräunlein,
Auch die opti 2021, die vom 8. bis 10. Januar in Stuttgart geplant war, wurde wie viele andere Fachmessen Corona-bedingt abgesagt. eyebizz hat der ausgefallenen Optikmesse ein Special gewidmet, um das Messe-Feeling wenigstens etwas zu bewahren. Der Beginn der kleinen Serie zur opti befasst sich mit den Anfängen der Fachmesse. [14007]
Als die opti am 16. Januar 1998 zum ersten Mal ihre Pforten öffnete, präsentierte sie sich als „Die Optik-Trendmesse“ und hieß noch „OPTI-MUM“, ein Kunstwort aus Opti, Munich und Messe. Auch das Motto war ein Wortspiel: „Disein oder Nichtsein“ Veranstalter war die OK Messen GmbH aus Salzburg mit dem Österreicher Dr. Arno Jäger an der Spitze (siehe Interview).
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Dass sich die Messe, die zunächst im kleinen Rahmen stattfand, behaupten würde, war nicht absehbar. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Optica die führende, auch internationale Messe für Augenoptik in Deutschland, und das Auftauchen eines zweiten Veranstalters sollte zu Konflikten führen.
Die Optica reichte bis in die 70er Jahre zurück. Ein Augenoptiker tat sich mit Berufskollegen und regionalen Herstellern zusammen und eröffnete eine Augenoptikmesse in Karlsruhe als Alternative zu den Branchen-Auslandsmessen Mido und Silmo. Fassungs- und Glashersteller sahen hingegen weniger Bedarf für eine Fachmesse im eigenen Land, besonders jene, die über gute Vertriebsstrukturen verfügten.
Die Optica entwickelte sich gut, wechselte nach Stuttgart (!) und dann den Veranstalter. Der Verband der deutschen feinmechanischen und optischen Industrie (F + O, die Vorgängerorganisation des jetzigen Branchenverbands Spectaris /Consumer Optics) und die Kölner Messe veranstalteten die Optica nun gemeinsam – und zwar in Köln.
Schon bevor die „OPTI-MUM“ 1998 erfolgreich startete, stand die Optica, die zu ihrer besten Zeit mehr als 600 Aussteller anlockte, in der Kritik. Sie fand nur alle zwei Jahre statt, zudem wechselte der Termin innerhalb des Jahres mehrfach, beides sorgte für Unmut. Zwei Augenoptik-Messen, die sich gegenseitig das Wasser abgruben, das wollte auch keiner haben.
Es kam zu einer Zerreißprobe, auch innerhalb des F+O-Fachverbandes. Prof. Randolf Rodenstock, damals dessen Vorsitzender und im Ausstellerbeirat, erinnert sich: „Wenn die Augenoptiker und eine große Zahl von Anbietern aus der Industrie etwas anderes brauchen und wollen, dann muss man ihnen folgen. Vielleicht war es damals ein Fehler von Verbandsseite, dem spürbaren Wunsch nach einer Messe in München anstatt Köln nicht früher nachgekommen zu sein.“
2002 gab die Kölner Messe schließlich die Optica auf, damit war der Weg frei für die weitere Erfolgsgeschichte der opti, wie wir sie kennen. Als die Fachmesse 2004 ins damals neue Münchener Messegelände umzog mit deutlich mehr Ausstellungsfläche, wurde das von manchen als endgültiger Durchbruch gewertet. Seit 2008 wird die opti von der GHM, der Gesellschaft für Handwerksmessen, ausgerichtet.
/// JUEB
Stimmen zur opti
Dieter Dohr, Vorsitzender der Geschäftsführung der GHM, Veranstalter der opti seit 2008:
„Die reine Besucherzahl ist nicht alles. Es geht um Zufriedenheit. Haben Aussteller neue Kunden getroffen? Haben die Besucher ihre Ziele erreicht? Haben sie Vielfalt erlebt und Inspiration erfahren? Solche qualitativen Aspekte sind Wertmaßstäbe und Erfolgsparameter der opti, über die wir zukünftig sprechen. Und da ergibt sich eine Veränderung. Die hohen Zahlen von früher werden wir auch aufgrund schrumpfender Märkte und wegbrechender Augenoptikergeschäfte neu bewerten müssen.“
Bettina Reiter, opti-Projektleiterin seit 2015:
„Die opti ist für mich eine Herzensangelegenheit. Das umfangreiche Angebot der Aussteller, das die gesamte augenoptische Branche abbildet. Der Bereich Wissenstransfer, wie das opti Forum und der opti Campus, der einlädt, Wissen nicht nur auf der opti zu tanken, sondern auch im Geschäft umzusetzen. Der opti Showcase, der wichtige Branchenthemen behandelt, die Start-ups, die kleinen Manufakturen, die bekannten Marken, die Stilikonen, die neuesten Technologien, die YES-Area mit ihren Independent Lables. Das Publikum selbst: Vom schicken Businesslook über coole Hipster bis hin zu Styles, die fernab des Mainstreams sind. All das ist die opti für mich.“
Prof. Randolf Rodenstock, Geschäftsführender Gesellschafter der Familienholding Optische Werke G. Rodenstock GmbH & Co. KG:
„Für mich ist die Geschichte der opti im Rückblick bewegend und auch unter Aspekten der Marktwirtschaft und der zunehmenden Globalisierung durchaus relevant. Sie hat ein internationales Standing und ist ebenso repräsentativ wie die Optica in Köln in ihren besten Jahren.“
„Ein Managementberater hätte abgeraten!“
Interview mit Dr. Arno Jäger, Initiator der opti, heute Unternehmensberater in Salzburg
Wie kamen Sie und Ihre Frau Marion dazu, 1998 die erste opti – damals noch OPTI-MUM – in München zu veranstalten?
Während der Optex, der Augenoptikmesse, die ich 1995 in Salzburg für Reed Messen entwickelt hatte, kamen bayerische Augenoptiker auf mich als Projektverantwortlichen zu, haben die Messe gelobt, aber auch darüber geklagt, dass die ausstellenden österreichischen Großhändler sie nur ungern bedienen, weil sie ausschließlich für die österreichischen Optiker zuständig sind. Daher unsere Idee, eine eigene Messegesellschaft, die O.K. Messen GmbH, zu gründen und eine neu konzipierte Optik-Messe in München zu entwickeln.
Es gab aber schon die Optica in Köln. Sind Sie den Veranstaltern nicht in die Parade gefahren?
Die Optica war damals eine augenoptische Weltmesse, die von der Messe Köln und dem Verband der deutschen feinmechanischen und optischen Industrie organisiert wurde. Wir aber planten eine Messe im süddeutschen Raum und sahen uns nicht als Konkurrent. Was auch vermessen gewesen wäre, schließlich waren wir nur zu zweit mit Freelancern. Aber sobald man Wind von uns bekam, wetterte man bei der Optica massiv gegen uns. Der ZVA war gegen uns, der damalige Vorstand von F + O schrieb an alle Branchenmitglieder, sie sollten nicht in München ausstellen, nur in Köln. Das war wie ein Schlag in die Magengrube, hatte aber den Effekt, uns umso interessanter zu machen.
Unter welchen Bedingungen fand die OPTI-MUM 1998 in München statt?
Wir nutzten das kleine Messezentrum in München-Freimann direkt an der Autobahn: drei Hallen mit 8.000 Quadratmetern. Die großen Hersteller wie Rodenstock, Zeiss oder Eschenbach boykottierten uns, doch wir hatten italienische Marktführer wie Luxottica und Safilo mit im Boot. Da ich Italienisch spreche, hatten wir einen guten Zugang. Die Italiener wollten nicht in Streit mit der Kölner Messe geraten, waren aber bereit, mit kleinen Ständen teilzunehmen. Es gelang uns auch, junge Wilde wie Freudenhaus, Munic Eyewear, Theo und Robert La Roche aus Wien zu gewinnen. Wir kamen auf rund 150 Aussteller, mehr als erwartet.
Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Wir implementierten ein professionelles Marketing mit mehrstufigen Besucher-Mailings. Wir haben mit Hotels günstige Preise für Messebesucher ausgehandelt, Flyer verschickt und kurz vor Messebeginn rund 3.000 Augenoptiker angerufen und sie persönlich eingeladen. Das hat damals niemand gemacht. Viele dachten, das muss eine Riesenmesse sein.
2007 haben Sie die opti an die GHM, der Gesellschaft für Handwerksmessen, verkauft. Warum?
In den ersten zehn Jahren hatten wir jährlich enorme Zuwächse bei Ausstellern und Besuchern, doch wir sind keine Verwalter, sondern Leute, die Visionen haben und etwas bewegen wollen. Um weiterzumachen, hätten wir unser Team extrem erweitern müssen, auch fehlte uns ein Netz an Auslandsvertretungen. Wir gaben die opti zum richtigen Zeitpunkt in international bewährte Hände.
Worauf sind Sie rückblickend stolz?
Mit der Messe in München etwas Wegweisendes auf die Beine gestellt zu haben. Am Anfang sagte die Industrie, der Januar-Termin sei zu früh, sie hätten noch keine Kollektionen, aber sie haben sich flexibel und clever umgestellt und die Kollektionen dann schon im Januar erfolgreich präsentiert. Wir sind auch stolz, dass wir die Messe etablieren konnten, obwohl wir am Anfang alle gegen uns hatten. Wenn wir damals einen Managementberater gefragt hätten, der hätte gesagt, so was funktioniert nicht.