Brillen-Industrie in Italien: Unbehagen trotz guter Exportzahlen
von Redaktion,
Mitte Dezember fand im Brillenmuseum von Pieve di Cadore die Generalversammlung der ANFAO (Italienischer Verband der Hersteller optischer Erzeugnisse) statt. Die Vereinigung zog Bilanz zu den Leistungen der Brillen-Industrie in 2022 und überprüfte die Prognosen für die kommenden Monate in Italien und auf internationaler Ebene – mit wachsendem Unbehagen.
Der Kontext: „Neue Ära des Chaos“
Mit dem allmählichen Abflauen der Covid-19-Pandemie und der Lockerung der Restriktionen waren die Erwartungen weltweit eher positiv, aber die Realität, die sich Anfang 2022 abzeichnete, erweist sich als viel problematischer, so dass einige Analysten die aktuelle Situation als „neue Ära des Chaos“ bezeichnen, so ANFAO. Dieser Kontext sei stark geprägt von immer schnellerem Wandel, politischer und medialer Polarisierung, Lieferkettenproblemen, Inflation, Schulden und geopolitischen Konflikten.
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Die drei vorherrschenden Aspekte, die sich auf das aktuelle Szenario auswirken, seien laut italienischem Verband: der Krieg in der Ukraine, der sich aufgrund der anhaltenden Unterbrechungen in der Lieferkette auf den Wirtschaftssektor auswirkt, dann ein verändertes Verbraucher-Vertrauen, das die Ausgaben-Gewohnheiten verändert und die Unternehmen dazu zwingt, neue Prognose-Modelle einzuführen, um mit der Unsicherheit des Marktes fertig zu werden, sowie schließlich der starke Anstieg der Lebenshaltungskosten und die steigende Inflation, die sich in allen Ländern der Welt abzeichnet.
Allein in den Vereinigten Staaten von Amerika habe sich die Inflation in den letzten zwei Jahren fast vervierfacht, und in Großbritannien habe sie ein 40-Jahres-Hoch erreicht, fasste ANFAO bei der Versammlung zusammen. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds wird die weltweite Inflation in diesem Jahr voraussichtlich einen Höchststand von 9,5 % erreichen, bevor sie sich bis 2024 auf 4,1 % abschwächt.
Und schließlich sei da noch die neue Ära der Angst: Von Klimasorgen bis hin zu politischen Stressfaktoren beeinflusse die Angst die Mentalität und das Verhalten der Verbraucher in einem Markt, der von Rezession geprägt ist.
„All dies erfordert, dass wir extrem vorsichtig sind und langfristig denken“, sagte ANFAO-Präsident Giovanni Vitaloni. „Unser Sektor entwickelt sich gut. Er befindet sich im Aufschwung und wir erwarten, dass wir das Jahr mit einem Plus abschließen werden. Die gestiegenen Rohstoffkosten, die Energiekrise, die galoppierende Inflation und die instabile geopolitische Lage mahnen zu äußerster Vorsicht und dazu, die künftigen Prognosen genau im Auge zu behalten.“
Und weiter: „Der Anstieg der Versorgungs- und Betriebskosten könnte in den kommenden Monaten ohne Stützungs-Maßnahmen den laufenden Betrieb vieler Industrie-Unternehmen gefährden, insbesondere der KMU, die weniger gut darauf vorbereitet sind, neue Preissteigerungen bei Rohstoffen, Versand, Logistik, Verpackung usw. aufzufangen. Wir werden die Ärmel hochkrempeln müssen, um niemanden auf dem Weg zum Fortschritt zurückzulassen. Um diesen Geist zu schüren, sind Zusammenarbeit und Kooperation erforderlich, an denen es in der Brillen-Industrie gewiss nicht mangelt, sowie ein umfassender Interventionsplan unserer Regierung.“
ANFAO-Daten zum Brillen-Markt
Exporte von Januar bis August 2022:
In den ersten 8 Monaten des Jahres 2022 habe sich die italienische Brillen-Industrie sehr gut entwickelt, vor allem im Hinblick auf die Exporte, die etwa 90 % der Gesamtproduktion des Sektors ausmachen. Die ANFAO-Daten für den Zeitraum Januar bis August zeigten einen Anstieg von 22,4 % gegenüber dem gleichen Zeitraum 2021 und einen Gesamtwert von 3,231 Mrd. Euro.
Betrachtet man die monatliche Entwicklung der Exporte in den ersten 8 Monaten des Jahres 2022, so folgte der Trend dem der Vorjahre mit konstantem Wachstum und einer wichtigen Spitze im März, die deutlich über der bisherigen Branchenleistung von 2019 liegt.
Die Exporte nach geografischen Gebieten erholten sich laut Verband alle im Vergleich zu 2021. Am signifikantesten seien die wertmäßigen Ergebnisse, die im gleichen Zeitraum 2021 von Europa (50,8 %), Amerika (35 %) und Asien (12,6 %) erzielt wurden.
Die Analyse der einzelnen Länder zeige, dass die Daten zu den Exporten nach Amerika fast vollständig auf die USA zurückzuführen sind, während die europäischen Spitzenreiter Frankreich, Deutschland und Spanien waren.
Prognose zum Gesamtjahr
Für das Jahresende 2022 prognostiziert der ANFAO ein Gesamtwachstum der Ausfuhren von 12 bis 14 % und einen Anstieg der Produktion um 8 bis 10 % gegenüber dem Vorjahr. Der Inlandsmarkt hingegen bleibe im Vergleich zu 2021 (prognostiziertes Wachstum zwischen +0,5 % und +1 %) und zu den Arbeitsplätzen (zwischen –1 % und + 1%) stabil.
Quelle: ANFAO (Associazione Nazionale Fabbricanti Articoli Ottici)