Stärker könnte der Kontrast des farbenfrohen Designs von Ronit Fürst und der düsteren Vergangenheit ihres jüdischen Familienschicksals nicht sein. Die Brillendesignerin betreibt mit ihrem Mann in Israel international erfolgreich eine Manufaktur.
Ronit Fürst kennen eyebizz-Leser spätestens seit sie 2017 in der (fast legendären) Frauen-Edition vorgestellt wurde. Die international bekannte Künstlerin und Designerin war eine von 70 Porträtierten. Frauenpower, die sich bis heute kaum im oberen oder mittleren Management manifestiert. Heute kommen wir auf Ronit zurück, weil ihre Brillen-Manufaktur einzigartig ist.
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Ronit Fürst lebt im israelischen Kiryat Ono. Mit Deutschland verbindet sie eine erschütternde Familiengeschichte, spürt aber keinen Groll. Ihr Vater Naftali Fürst schwieg über sein Schicksal in Verbindung mit dem KZ Buchenwald 50 Jahre lang. Dann endlich konnte er über die Geschehnisse dort sprechen, erzählte von Ronits Großeltern, ihrem Onkel und seinem Bruder. So bewegend, dass er die Geschichte mit Hilfe seiner heute 65-jährigen Tochter in einem Buch veröffentlichte („Wie Kohlestücke in den Flammen des Schreckens: Eine Familie überlebt den Holocaust“, Hrsg. Annette Hirzel).
Ronit Fürst selbst sagt in einem Interview in der israelischen Illustrierten „La Isha“ (deutsch: „Für die Frau“), dass sie selbst „unbeschwert“ von diesem Schicksal aufgewachsen sei: „Wichtig finde ich, dass es bei uns keine Form von Selbstmitleid gab. Jeder nahm sein Leben selbst in die Hand.“ Ronit Fürst studierte nach dem Militärdienst Freie Kunst und Keramik an der Kunstakademie in Ramat Hasharon. 1986 eröffnete sie ihr erstes Keramikstudio in Ramat Gan in der Nähe von Tel Aviv.
Brillen-Fehlkauf setzt Kreativität frei
Vor über 20 Jahren kaufte sie dann eine transparente Brillenfassung und stellte zu Hause fest, dass sie unmöglich damit aussah. Kurzerhand bemalte sie die Fassung. Als sie damit eine Ausstellung besuchte, fragte jeder, wo sie dieses fantastische Exemplar gekauft hätte. Ehud Bibring, ihr zweiter Mann, meinte: „Das wird unser nächstes Geschäft!“
Ein Jahr später hatten sie die Manufaktur. 2002 gründeten sie gemeinsam die Firma Art Optic, Hersteller von Brillenfassungen unter dem Markenzeichen „Ronit Fürst Hand Painted Eyewear“. Schließlich verlagerten sie ihren Schwerpunkt, um mit der Nachfrage Schritt zu halten, und machten „Ronit Fürst Eyewear“ zu ihrem einzigen Unternehmen.
Heute gibt es zwei Niederlassungen, ein Studio in Tel Aviv und eine Manufaktur im Kibbuz Kfar Giladi. „Ich kann meiner Kreativität freien Lauf lassen“, begeistert sich Ronit, die schon als Kind wusste, dass Kunst ein Bestandteil ihres Lebens sein sollte. Jede ihrer Fassungen ist ein Unikat: farbenfroh, auffällig und ein bisschen pompös. Halbedelsteine, Blattgold, Perlen und Korallen gehören zu ihren bevorzugten Materialien. Ronit Fürst hat vier Kinder. Zwei ihrer Söhne arbeiten in dem Familienunternehmen.
Wie ihre Brillendesigns ist auch Ronits Studio sehr individuell: Industrie-Chic im Herzen von Tel-Aviv, hohe Decken, große Fenster und freiliegende Backsteinwände, verziert mit bunten Tür- und Fensterrahmen, einzigartigen Kunstwerken und der gesamten Palette des Ronit-Fürst-Brillendesigns. Ein Ort, den man beim nächsten Besuch in Tel Aviv nicht verpassen sollte.
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Ronit Fürst Eyewear: „Ihrer Zeit voraus“
Interview mit Ehud Bibring, CEO Ronit Fürst Eyewear
Was macht Ihre Manufaktur besonders?
Jede Fassung ist nach einem originalen Ronit-Fürst-Design handbemalt. Anschließend werden die Rahmen mit Lack überzogen, einerseits zum Schutz, andererseits um dem Ganzen eine glänzende oder matte Oberfläche zu verleihen. Ronits Liebe zu Farben zieht sich durch ihre gesamte Karriere. 2002, als noch niemand an bunte Brillen dachte, verblüffte sie mit mehrfarbigen Brillendesigns. Sie war ihrer Zeit weit voraus. Daher würde ich sagen, dass es zu ihrer DNA gehört, originell und innovativ zu sein, eine Trendsetterin.
Wie viele Fassungen produzieren Sie im Monat? Wie viele Angestellte haben Sie?
Wir produzieren mit rund 13 Angestellten rund 1.500 Fassungen im Monat. Auch zwei unserer Söhne arbeiten im Unternehmen, Yoel Bibring als Sales- und Marketing Manager und Tom in der Manufaktur.
Verkaufen Sie nach Deutschland?
Leider haben wir keinen Vertriebspartner in Deutschland, suchen aber nach einem Vertrieb für das gesamte deutschsprachige Ausland. Wir verkaufen bisher an ein Geschäft in Hamburg. In der Regel arbeiten wir mit unabhängigen Boutique-Optikern zusammen.
Wie viele Fassungen trägt Ronit selbst?
Erstaunlicherweise konzentriert sie sich jeweils auf ein Modell, erst nach ein paar Jahren wechselt sie.
Ronit Fürst Eyewear 8 Chafetz Chaim Street, Hafes Haim St 8 Tel Aviv-Yafo, Israel
E-Mail: info@ronitfurst.com