Sustainability: Drängende Themen gemeinsam vorantreiben
von Ingo Rütten,
Die Verleihung des ersten opti Sustainability Award war ein Höhepunkt des Programms auf dem Sustainability Hub im Januar in München. Beides dient der Aufmerksamkeit eines immens wichtigen Themas, auch in der Augenoptik.
Der opti Sustainability Hub feierte bei der Messe 2023 Premiere – doch wer in der Augenoptik nachhaltig über eines der wichtigsten gesellschaftlichen Themen dieser Zeit diskutieren und informieren möchte, der braucht natürlich jedes Jahr Aufmerksamkeit bei der opti. Und es braucht neue, frische Ideen, Themen und Ansätze, die Augenoptik nachhaltig aufzustellen oder zumindest für das Thema zu sensibilisieren.
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Eine dieser Ideen ist wie der Sustainability Hub selbst in enger Zusammenarbeit mit der IG Nachhaltigkeit entstanden; jener Gruppe aus Augenoptikern, augenoptischer Industrie und Vertretern der Branche, die sich einst im Anschluss an ein Webinar im Rahmen des opti Forum XT zusammengeschlossen hat. Diese IG bestückte den Hub mit Inhalten und Themen, trat als Jury des ersten opti Sustainability Award auf und sponserte den zweckgebundenen Preis für die Auszeichnung.
Der Award soll wie der Hub die Nachhaltigkeit in der Augenoptik erlebbar machen. Und er soll mindestens anhand des Siegers zeigen, dass es spannende Projekte, gute Ideen und Initiative gibt – auch von Einzelnen unbemerkt von der Öffentlichkeit –, die es vorzustellen lohnt und die Aufmerksamkeit verdient haben.
So wie die Story von Andreas Schmidt, der als Geschäftsführer der Augenblick Brillen Kontaktlinsen GmbH in Wirges für sein Team den opti Sustainability Award mit nach Hause beziehungsweise in den Betrieb nehmen durfte, wo er der Trophäe bereits einen Ehrenplatz direkt am Empfang gegönnt hat. Eine Trophäe, die unter anderem aus Schleifschlamm in Eigenregie von den IG-Mitgliedern Niklas Warda, Markus Temming und Frank Tente (sowie deren Teams) entworfen und erstellt wurde.
Augenblick Brillen hat es sich rund 30 Kilometer nordöstlich von Koblenz zum Ziel gesetzt, den ökologischen Fußabdruck des Betriebs so klein wie möglich zu halten und dabei den sozialen Aspekt in seinem Umfeld und im Augenblick-Team zu berücksichtigen. Dazu zählt unter anderem die Umstellung auf LED-Beleuchtung und Bewegungsmelder, die Umstellung von Direktwasser-Anschluss auf ein geschlossenes System, der Fokus auf online und E-Mail-Marketing sowie regionale Dienstleister.
Daran ist abzulesen, dass ein nachhaltiges Wirtschaften keine besonders neuen Ideen erfordert, oft entsteht aus Selbstverständlichkeiten neue Dynamik, und plötzlich stellt man fest, dass das Thema Nachhaltigkeit mit all seinen Facetten jeden Schritt des Unternehmens begleitet.
Parkbänke für ältere Herrschaften
Dazu passt, dass Schmidt mit seinem Team das Preisgeld von 5.000 Euro wie folgt verplant hat. „Nach einer Diskussion im Auto auf der Rückfahrt von der opti haben wir beschlossen, das Geld zur Hälfte unserem hiesigen Altenheim zu stiften. Sie werden dafür Parkbänke anschaffen, die im Frühjahr aufgestellt werden, damit sich die älteren Herrschaften mit ihren Familien und Freunden bei uns im Ort an einem schattigen Plätzchen treffen können“, erklärt Schmidt, der einen Teil des Geldes zudem in ein thematisch passendes Team-Event investieren möchte.
Das Preisgeld setzt sich zusammen aus dem Sponsoring der in der IG Nachhaltigkeit vertretenden Industrie-Unternehmen DAO, Koberg & Tente, Markus T, Rodenstock, Visall, Pricon, Wardakant, DEOMA sowie der IGA und dem Focus als Supporter des opti Sustainability Hub und nicht zuletzt der opti selbst.
Die IG trat darüber hinaus als Jury auf und bestimmte aus den 27 Bewerbungen für den Award die drei Finalisten, die sich auf dem Hub noch einmal live dem Publikum und der Jury präsentieren durften – und mussten. Erst nach diesem „Pitch“ standen das Urteil der Jury und der Gewinner des opti Sustainability Award fest.
Für die Betriebe und Teams von Förster Optik aus Weilheim und Dornseifer aus Dortmund reichte es nicht ganz. Die drei Finalisten hatten sich im Vorentscheid deutlich gegenüber den anderen Bewerbern durchgesetzt – denn insgesamt waren die Projekte der eingereichten Bewerbungen häufig nicht überzeugend genug: zumindest nicht für die IG als Jury. Letztlich auch ein Zeichen, warum es den Award und den Hub zur Nachhaltigkeit braucht.
Schwierig, die Leute am Sustainability Hub zu halten
Die Themen und Speaker des Sustainability Hub brauchten sich im Vergleich zum weiteren Angebot der Messe nicht zu verstecken. Dennoch war es schon auffällig, wie viele Zuschauer das Myopie-Management am Hub direkt daneben anlockte und wie schwierig es ist, mit der Nachhaltigkeit die Leute auf den Gängen am Hub zu halten. Dabei beeinflusst die Nachhaltigkeit schon heute zum Beispiel die Auswahl des Arbeitgebers, was Lars Steinebach mit den Ergebnissen seiner Umfrage in der Augenoptik im Programm des Hub aufzeigte.
In seiner Master-Arbeit hatte Steinebach die Jobpräferenzen von 324 Augenoptikern und Studierenden erhoben. Heraus kam, dass es einen positiven Einfluss von nachhaltigen Maßnahmen auf die Arbeitgeber-Attraktivität gibt. Etwas, das Andreas Schmidt bestätigen kann: Sein Betrieb ist vom Deutschen Innovations-Institut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung (DIND) in einem umfassenden Prüfungs-Prozess analysiert und anschließend mit dem Siegel „Arbeitgeber der Zukunft“ ausgezeichnet worden. Eine Nachricht, die er auf der Betriebswebsite mit einem Aufruf zu einer Initiativbewerbung „in drei Klicks“ begleitet.
Nachhaltigkeit muss also dringend im Gesamt-Zusammenhang betrachtet werden. Das stellte sich auch bei zwei Diskussions-Runden heraus, die am Hub zu klären versuchten, wie nachhaltig ein Messe-Auftritt eigentlich sein kann und wer in unserer Branche mehr in der „Nachhaltigkeits-Verantwortung“ steht: der Augenoptiker oder doch eher die Industrie?
Zum ersten Thema stellte unter anderem Doris Wagner, Director of Public Policy & ESG bei der Messe München, vor, was die Messe bereits alles anstellt. Das ist einiges, aber es stellte sich auch heraus, dass die opti als eine von nur noch zwei Messen in München nicht auf den scheinbar nötigen Teppichboden verzichten kann, der im Anschluss an die drei Messetage keine Verwendung mehr findet.
Auch der Standbau kam unter die Lupe. Hier hatte sich Frank Tente damit einen Platz in der Diskussionsrunde gesichert, dass er seinen Messestand von Koberg & Tente für die opti mit einer Schreinerin aus seinem Team selbst baute und übrigens auch selbst an- und abtransportierte, um ihn nächstes Mal wieder aufzustellen. Das Gerücht, dass der verwendete Holzboden nach drei Messetagen ruiniert sei, stellte sich am Messe-Sonntag als genau solches heraus: nur als Gerücht.
Für alle Aussteller, die keinen Schreiner zur Hand und kein Talent zum Selberbauen haben: Es gibt Messebauer, die sich auf nachhaltigen Messebau spezialisiert haben oder zumindest dahingehend beraten können. Die IG Nachhaltigkeit kann hier sicher vermitteln.
Natürlich stehen auch die Messebesucher in der Pflicht, aber mehr oder weniger als die Industrie? Dass sich diese Frage nicht stellt und nur gemeinsam der Weg in eine nachhaltigere Zukunft beschritten werden kann, könnte als knappes Fazit der zweiten erwähnten Diskussion gelten. Hier sprachen sich Matthias Neumann (Rodenstock) und Armin Ameloh, Vize-Präsident des Zentralverbands der Augenoptiker und Optometristen (ZVA), spontan dazu ab, eine Art Roundtable zu installieren, um die Beteiligten aus beiden „Lagern“ an einen Tisch zu holen und die drängenden Themen gemeinsam voranzutreiben.
Eyebizz bleibt diesbezüglich dran und informiert über den Fortgang dieser Idee. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass außer den vielen ZVA-Mitarbeitenden und Ehrenamtlern im Schlepptau ihres Vize-Präsidenten nicht ganz so viele Messebesucher davon erfahren haben können. Es sei denn, jemand beim Myopia Hub nebenan hat gelauscht und es nachher dort weitererzählt.
/// IR
Artikel aus der eyebizz 2.2024 (Februar/März)
Wenn Sie Interesse an einer Mitarbeit bei der IG Nachhaltigkeit haben, wenden Sie sich bitte direkt an Ingo Rütten (chefredakteur@eyebizz.de) oder ein anderes Mitglied der IG.