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Die Entwickler im Interview

Rodenstock: Schicht für Schicht zu schärfster Sicht

Es ist noch nicht lange her, dass Rodenstock seine neue Philosophie vorgestellt hat: „B.I.G. Vision for all“. Zur opti erhielten die biometrischen Premium-Brillengläser auch noch eine ganz besondere Veredelung. Die Hintergründe erläutern Dr. Dietmar Uttenweiler und Dr. Philipp Merkelbach im eyebizz-Interview.

Eyebizz berichtete online Mitte Dezember 2023 über die unterschiedlichen Schichten, die ein verblüffend einfaches wie offensichtliches Ziel verfolgen: die schärfste Sicht durch ein Brillenglas.

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opti 2024 Rodenstock Thomas Pfanner c GHM
Thomas Pfanner demonstrierte auf der opti 2024 die neue Rodenstock-Veredelung (Bild: GHM)

Öffentlich zu bestaunen war die mit der neuen „LayR Technology“ produzierte Veredelung „Solitaire LayR“ erstmals bei der opti 2024. Thomas Pfanner, General Manager für Deutschland und Österreich bei Rodenstock, zeigte am Messestand, bewaffnet mit einer Demo-Tafel und einer Demo-Box, was die neue Beschichtung alles zu bieten hat.

Eyebizz-Chefredakteur Ingo Rütten wollte sich damit aber nicht begnügen und interessierte sich zudem für ein paar Hintergründe zur vorgestellten Veredelung. Hierzu traf er sich zum Interview mit Dr. Dietmar Uttenweiler (Head of Strategic Business Unit Lenses, Leiter F&E, Vice President) und Dr. Philipp Merkelbach (Research & Development and Strategic Marketing Lenses), die seit einigen Jahren an der Veredelung geforscht und gearbeitet haben. /// IR


 

Weg der biometrischen Brillengläser weiter verfolgen

eyebizz: Ist die „LayR“-Technologie ein Zeichen dafür, dass sich Rodenstock auf das Wesentliche konzentriert, oder gibt es derzeit einfach keine Weiter-Entwicklungen beim Brillenglas-Design?

Dr. Dietmar Uttenweiler: Zunächst mal: Mit unserem biometrischen Konzept – „B.I.G. Vision for all“ – können wir Brillengläser so berechnen, wie man optische Systeme berechnen muss. Daraus resultieren Brillengläser, die das schärfste Sehen ermöglichen. Ein bisschen weiter gedacht: Bestes Sehen bedeutet sowohl schärfstes Sehen als auch klarstes Sehen. Für das klarste Sehen haben wir einige Aspekte ausgemacht, die wir optimieren konnten.

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eyebizz-Chefredakteur Ingo Rütten auf der opti eingerahmt von zwei Größen aus der Forschung und Entwicklung des Münchener Brillenglas-Herstellers: Dr. Dietmar Uttenweiler (links) und Dr. Philipp Merkelbach (Bild: Rodenstock)

Hierzu gehört auch die Glasoberfläche, unabhängig von der Berechnung oder vom Design: Zwei Beispiele: Lichtreflexe sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite eines Brillenglases beeinträchtigen eine klare Sicht. Oder wenn ein Brillenglas verkratzt ist, führt das zu Streulicht, was wiederum das klare Sehen verhindert. Daher haben wir uns darauf konzentriert, alle Einflüsse, die das klare Sehen beeinträchtigen können, mit der „LayR Technology“ zu verbessern. Wir haben daran gearbeitet, sowohl störende Reflexe zu minimieren als auch die Kratzfestigkeit und Langlebigkeit der Beschichtung zu maximieren.

Aber die klarste Sicht dürfte doch für alle Brillengläser interessant sein, warum ist sie nur für die biometrischen Brillengläser verfügbar?

Uttenweiler: Unsere biometrischen Brillengläser, also „B.I.G. Vision“, ist unsere Top-Technologie, unser Aushängeschild. Wie bereits erwähnt, heben wir mit Solitaire LayR die Technologie der biometrischen Gläser auf das nächste Level des bestmöglichen Sehens. Natürlich werden wir auch weiterhin Innovationen für nicht biometrische Brillengläsern bringen.

Wie läuft es generell mit den biometrischen Gläsern?

Uttenweiler: „B.I.G. Vision“ ist unser am stärksten wachsendes Segment. Neben der Technologie ist für mich das Entscheidende, welches Feedback wir über unsere Kunden von den Brillenträgern erhalten. Und das ist einzigartig gut. Viele Augenoptiker bekommen von ihren Kunden das Feedback, nie besser gesehen zu haben. Das ist die Grundlage des Erfolgs.

Für die Berechnung unserer biometrischen Brillengläser bieten wir unseren Partneroptikern zwei mögliche Wege an: „B.I.G. Exact“- Brillengläser, die mit Hilfe des DNEye-Scanners berechnet werden und deren Ergebnis unübertroffen ist. Und „B.I.G. Norm“-Brillengläser, die durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz gefertigt werden und eine weitaus bessere Sicht als herkömmliche Gleitsichtgläser bieten. Die Koexistenz der beiden Möglichkeiten für unsere biometrischen Brillengläser funktioniert sehr gut. Auch für die Zukunft wird diese technologische Plattform die Grundlage für weitere Entwicklungen sein.

Zurück zu „Solitaire LayR“. Kann man heute als Brillenglas-Hersteller noch mit einer Beschichtung beim Augenoptiker punkten?

Dr. Philipp Merkelbach: Natürlich. Das beste Design nützt nichts, wenn die Oberfläche des Glases verkratzt. Das ist so logisch wie simpel. Sie haben eben schon gefragt, ob wir uns auf das Wesentliche konzentrieren. Sicherlich. Die „LayR Technology“ sorgt dafür, dass die störenden Reflexe möglichst minimiert werden. Ohne störende Einflüsse gelangt maximal viel Licht durchs Glas zum Auge. Zum anderen haben wir die Langlebigkeit des Brillenglases durch die Eigenschaften der Veredelung erhöht, die Antistatik und weitere Eigenschaften verbessert.

Das positive Feedback der Optiker auf der Messe zeigt uns, dass unsere erzielten Verbesserungen begeistern können. Wir verringern damit die Reflexe um 50 Prozent zu unserem Vorgänger-Produkt. Das heißt, wir reden nicht darüber, dass wir ein bisschen an der Stellschraube gedreht haben. Wir haben vielmehr den Restreflex halbiert – das ist erlebbar. Diese Verbesserung wurde in allen Gesprächen sehr positiv angenommen.

Uttenweiler: Wir konzentrieren uns immer auf das Wesentliche und haben die Bedürfnisse unserer Kunden im Blick. Alles, was wir machen, zahlt in irgendeiner Form auf unsere Kernkompetenz Brillengläser ein. Wie Philipp das ausgeführt hat, ist uns das mit „Solitaire LayR“ gelungen.

Konkret: Was ist der Vorteil dieses Schicht-Systems der Vergütung? Liegt der Vorteil in der Nutzung oder in der Produktion?

Merkelbach: Die Vorteile liegen ganz klar im Nutzen für den Kunden. Natürlich mussten wir auch in unsere Fertigungs-Technologien investieren, um diese Vorteile für den Kunden zu ermöglichen. So sind diese Kratzfestigkeit, die lange Lebensdauer und die niedrigen Reflexe erst möglich.

Uttenweiler: Nicht zuletzt haben wir viel Zeit und Geld aufgewendet, um unsere Testverfahren zu optimieren. Wir testen intensiv und versuchen, unsere Tests so objektiv und auch so reproduzierbar wie möglich zu gestalten. Dass wir diesen technologischen Schritt mit den beschriebenen Vorteilen gehen konnten, hat mit dem Aufwand zu tun, den wir bei den Tests getrieben haben.

Merkelbach: Zumal es uns dabei um einen maximalen Realitätsbezug geht. Dazu ist es notwendig, die Labortests so weiterzuentwickeln, dass sie eine möglichst präzise Vorhersage über die reale Eignung eines Brillenglases liefern. Manche in der Branche verwendeten Tests liefern zwar Zahlenwerte, die aber in einem Realitätscheck nur bedingt aussagekräftig sind. Mit unseren objektiven Tests können wir die Realität nachstellen und unsere Ideen und Fortschritte regelmäßig prüfen. Je besser wir entwickeln, desto mehr Mehrwert können wir für den Kunden schaffen.

Das hört sich recht zeitintensiv an. Wie lange hat Rodenstock an der Entwicklung der neuen Beschichtung gearbeitet?

Merkelbach: Typischerweise kann man bei einer Schicht-Entwicklung von drei bis fünf Jahren ausgehen, solange war es auch dieses Mal. Alleine unsere finale Testphase ging insgesamt über zwei Jahre.

Uttenweiler: Wir haben zunächst die Labortests, mit denen wir früh im Entwicklungs-Prozess verschiedene Entwicklungs-Optionen bewerten. Diejenigen Systeme, die diese Tests bestehen, haben eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, auch im Real Life zu performen. Bevor wir eine Schicht auf den Markt bringen, testen wir sie intern mindestens zwei Jahre unter Real-Life-Bedingungen. Das heißt, wir statten unsere Mitarbeitenden aus, die dann entweder Teilaspekte der neuen Schicht oder die fertige Schicht über diesen Zeitraum tragen.

Während dieser Zeit kontrollieren wir die Brillen regelmäßig und erfassen den Zustand nach standardisierten Kriterien in einer Datenbank. Dann erst wissen wir, ob die Qualität dem entspricht, was wir und unsere Kunden erwarten. Und zwar im realen Leben, nicht nur in Labortests.

Nach all der Testerei, wie weit sind Sie denn von Ihrer selbst auferlegten Mission noch entfernt, das beste Sehen für jeden zu ermöglichen?

Merkelbach: Ich würde sagen, nach dem aktuellen technologischen Stand sind wir da, wo wir sein können. Und wir arbeiten weiter daran, neue Technologien zu schaffen, um weitere Schritte gehen zu können.

Um das möglicherweise etwas konkretisieren zu können, sei mir die Nachfrage gestattet: Was fehlt denn noch?

Uttenweiler: Ich kann es nicht besser sagen als Philipp, aber etwas hinzufügen. In dem Moment, in dem man denkt, dass man technologisch keine Weiterentwicklung realisieren kann, hat man als Entwickler verloren. Unsere Aufgabe in der Forschung und Entwicklung ist es, im Wissen, dass es immer etwas Besseres geben wird, daran zu arbeiten. Können wir also in zukünftigen Generationen noch einmal eine höhere Kratzfestigkeit erlangen, können wir die Reflexe weiter minimieren? Wird es Lösungen geben, die uns dahin bringen? Ja, da glaube ich dran. Was das konkret sein wird? Ganz ehrlich, das kann ich heute nicht sagen. Sicher bin ich mir nur, dass wir den Weg der biometrischen Brillengläser weiterverfolgen und auf dieser Plattform in ein paar Jahren den nächsten Schritt zum besten Sehen für alle machen können.


/// Die Fragen stellte Ingo Rütten.

 

Artikel aus der eyebizz 2.2024 (Februar/März)

 

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