Das Deutsche Optische Museum (D.O.M.) sammelt seit 1922 wegweisende Optik-Entwicklungen. Aktuell wegen des Umbaus bis Anfang 2028 geschlossen, macht sich die Institution in der Lichtstadt Jena mit neuen Technologien zukunftssicher, wie Direktor Prof. Dr. Timo Mappes erläutert.
Die ersten wichtigen Entdeckungen zur Optik erfolgten in Jena bereits 1801, als der deutsche Experimental-Physiker Johann Wilhelm Ritter auf Anregung von Johann Wolfgang von Goethe die UV-Strahlung entdeckte. 1846 gründete Carl Zeiss sein Unternehmen und begann 1866 die Kooperation mit Ernst Abbe, der die bis heute gültige wissenschaftliche Berechnung der mikroskopischen Optik in Jena begründete. 1882 motivierten beide den jungen Chemiker Otto Schott, in Jena ein Glaswerk für optisches Glas zu gründen.
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Um 1900 begannen Mitarbeiter der Firma Zeiss mit der Sammeltätigkeit, auf deren Grundlage 1922 das Optische Museum gegründet wurde. Drei Jahre später zog die Sammlung in das neu errichtete Gebäude der Staatlichen Optikerschule ein.
Bewegte Geschichte des Museums
Anfangs war die Sammlung nur den Lehrenden und Lernenden der Optikerschule zugänglich und wurde im Zweiten Weltkrieg in unterirdische Höhlen in der Umgebung Jenas zum Schutz ausgelagert.
Die erstmalige öffentliche Präsentation der Objekte datiert auf das Jahr 1965. Diverse Trägerschaften des Museums erweiterten die Sammlung, und letztlich nahm die Ernst-Abbe-Stiftung Anfang der 90er Jahre eine Umgestaltung der Sammlungs-Präsentation vor.
2018 übernahm die Stiftung Deutsches Optisches Museum den Betrieb und entwickelte die Einrichtung zum Leitmuseum der Optik – für die neue Ausstellung wird zukünftig das kernsanierte historische Gebäude der ehemaligen Optikerschule und ein Neubau genutzt werden.
Highlights der Sammlung
Erste Sammlungs-Objekte waren Mikroskope der Firma Carl Zeiss in Jena, danach erfolgte eine Ausweitung der Sammeltätigkeit auf andere nationale und internationale Werkstätten und Firmen sowie alle Kategorien optischer Instrumente und assoziierter Objekte.
Besondere Highlights der Sammlung sind laut Direktor Prof. Dr. Timo Mappes:
der Bibliotheks-Bestand an „grauer Literatur“ (zum Beispiel Produktkataloge, Bedienungsanleitungen, Firmenschriften usw.);
die weltweit größte Brillensammlung;
das größte Glas-Archiv der Welt (über 140.000 Proben);
ein Handfernrohr aus dem Besitz Napoleons;
bedeutende Mikroskope, darunter ein großes Prunk-Mikroskop aus dem 18. Jahrhundert;
diverse Brillen berühmter historischer Persönlichkeiten (darunter Robert Koch, Novalis, Jerôme Bonaparte – König von Westfalen, Kaiser Franz Josef I.);
das Teleskop des SOFIA-Experiments;
ein silbernes Augenmodell um 1700 (gerade als Leihobjekt zurückgekehrt vom Paul J. Getty Museum in Los Angeles).
D.O.M. in Zukunft eine Erlebniswelt
Bis zur Schließung des Museums Mitte 2019 wegen des Umbaus besuchten jährlich weniger als 20.000 Menschen das Museum. Zukünftig (ab 2028) soll sich die Besuchermenge des D.O.M. ungefähr verzehnfachen; man geht von mindestens 150.000 Besuchenden jährlich aus.
Die geplante neuartige Erlebniswelt verfolgt die Grundidee, drei Elemente für die Besuchenden allgegenwärtig zu verbinden:
interaktive Stationen zum Begreifen physikalischer Gesetze und Phänomene der Optik und Photonik;
Darstellung der Umsetzung der optischen Grundlagen in historischen und aktuellen technischen Apparaten und Instrumenten sowie deren Anwendung im Alltag und in den Wissenschaften;
hochaktuelle Themen der Forschung in Form des „Schaufensters der Optikforschung“.
An über 150 interaktiven Stationen im D.O.M. werden die physikalischen Phänomene der Optik erlebbar gemacht, mit der Lebenswirklichkeit der Besucher verbunden und spielerisch begriffen, so Prof. Mappes. „Beispielsweise werden die Gäste mit der Kraft der Sonne selbst Metall schmelzen bzw. an anderer Stelle die Wirkung von Sonnencreme auf ihrer eigenen Haut über eine UV-Kamera spielerisch verstehen. Jede interaktive Station komplettieren wir mit der Darstellung der technischen Umsetzung und Anwendung. Unser Ziel ist über Faszination zu begeistern und zum Begreifen zu animieren, wo überall optische Lösung zum Tragen kommen. Unsere Besuchenden erleben über Edutainment, wie die Lösungen der Optik und Photonik unsere Welt kontinuierlich verändert.“
Die Hemmschwelle zur Auseinandersetzung mit modernsten Forschungs-Themen werde über das „Schaufenster der Optikforschung“ gesenkt, denn in diesem Format erklären Nachwuchs-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler in einer Art „intellektuellen Sendung mit der Maus“ ihre neuesten Forschungs-Ergebnisse – an acht verschiedenen Stationen im neuen D.O.M., alle sechs Monate anhand neuer Themen. So sei in Zukunft stets Aktuelles und Neues geboten und werde zum wiederholten Besuch animieren.
Die Ausstellung wird sich über die denkmal-geschützte Optikerschule und einen Neubau erstrecken. Jede der vier Etagen des D.O.M. wird mit dem Auftakt eines Einführungs-Raumes beginnen, in dem Highlights der Sammlung effektvoll inszeniert werden.
Prof. Mappes: „Zwei Beispiele der neuen Räume: Die Bedeutung der Spektroskopie werden wir in einem eigenen Raum erfahrbar machen. Hier lenken wir Sonnenlicht über einen Heliostaten ins Haus, um auf zwei Metern Breite das Spektrum der Sonne vor der Leihgabe des historischen Monumental-Gemäldes mit J. v. Fraunhofer (1787 – 1826) zu inszenieren. Neben dem beeindruckenden optischen Phänomen erzählen wir die Geschichte des 1801 verschütteten, mittellosen Glaserlehrlings Joseph Fraunhofer, der sich allein durch Fleiß und Begeisterung zum Begründer der wissenschaftlichen Optik heraufarbeitete.“
Bedeutende Räume brauchen anziehende, attraktive Hüllen, die symbolisch für deren Inneres stehen und als Selfie-Hintergrund bzw. moderne architektonische Ikone gelten können, so der Direktor. Über ein europaweites Vergabeverfahren gewann das D.O.M. ein herausragendes Team für die Planung und Umsetzung:
Studio Qwertz als Architekten, die mehrfach auf UNESCO-Welterbe-Stätten Museumsbauten errichtet haben;
Bartenbach GmbH für das Lichtdesign, die herausragende Bauwerke wie hochwertigste Sammlungs-Gegenstände, zum Beispiel gerade den Grabschatz des Tutanchamun im noch zu eröffnenden Grand Egyptian Museum in Kairo effektvoll in Szene setzen;
Studio Other Spaces von Olafúr Elíasson und Sebastian Behmann: Olafúr Elíasson hängte zum Beispiel in der Turbine-Hall der Tate Modern die Sonne auf oder hat das Gesicht des modernen Wahrzeichen Reykjaviks erschaffen – die Fassade der Harpa Reykjavik Concert Hall and Conference Center. Der Neubau des D.O.M. wird das erste Architektur-Projekt von Studio Other Spaces in Deutschland sein.
Kosten und Förderer
Für das neue D.O.M. entstehen Gesamtkosten von 57 Mio. Euro, für Errichtung Neubau, Ertüchtigung des Bestandsgebäudes, Einrichtung der neuen Dauer-Ausstellung, Erschließung sonstiger Verkehrsflächen eines modernen Museums. Daran beteiligen sich die Gründungsstifter der Stiftung Deutsches Optisches Museum: Carl Zeiss AG, Ernst-Abbe-Stiftung, Stadt Jena, Carl-Zeiss-Stiftung, Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Darüber hinaus gibt es weitere, jährliche Zuwendungen aus der Industrie (Jenoptik AG), Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Mittel aus der Städtebau-Förderung des Bundes und der Länder, Fördermittel seitens des Bundes über Investitionen in national bedeutende Kultur-Einrichtungen (INK) und Mittel aus der Tourismus-Förderung des Freistaates Thüringen.
Die Zusammenarbeit mit Förderern und Optik-Unternehmen in Jena ist ein wichtiger Bestandteil, so Prof. Mappes. Die Exponate stammen zwar zum größten Teil aus der eigenen, herausragenden Sammlung. Einzelne Objekte werden von anderen Institutionen geliehen, von privaten Sammlern oder auch von Firmen und Forschungs-Einrichtungen aus der Optik-Industrie. Außerdem werden dem D.O.M. immer wieder bedeutende Sammlungen geschenkt, um diese dauerhaft zu bewahren, so zum Beispiel eine private Mikroskop-Sammlung aus der Schweiz oder gerade erst die private Sammlung des langjährigen Firmen-Historikers der Leica Microsystems GmbH in Wetzlar.
„Unsere Zusammenarbeit mit Förderern und Optik-Unternehmen gestaltet sich ausgesprochen gut und ist hochgradig divers, stets aber auf Augenhöhe und zu beiderseitigem Vorteil“, so der Direktor weiter. Beispiele dafür seien einerseits das wiederholte Auftreten des D.O.M. als internationaler Leihgeber, andererseits die lokale Unterstützung von Wissenschafts-Festivals und außerschulischen Angeboten (wie das MINT-Festivals via Ausrichter Friedrich-Schiller-Universität Jena), die Beteiligung an Rahmen-Programmen von Tagungen und Konferenzen von Forschungs-Einrichtungen und Firmen im Thüringen oder die Betreuung von Studien-Arbeiten (Bachelor, Master, Promotion) der hiesigen Hochschulen (Friedrich-Schiller-Universität und Ernst-Abbe-Hochschule).
Ein Sinnbild für das moderne Thüringen
Auf die Frage, welche Bedeutung das D.O.M. in Deutschland und darüber hinaus habe, meint Prof. Mappes abschließend: „Die Optik und Photonik ist eines der wenigen Felder, in denen Deutschland anhaltend der globale Vorreiter ist. Das D.O.M. wird das Schaufenster der deutschen Optikforschung und zum zentralen Ort der Wissenschafts-Kommunikation der Optik und Photonik. Es macht einerseits Optik und Photonik erlebbar und vermittelt, wie Forschungs-Ergebnisse durch industrielle Produkte für die Menschen nutzbar werden. Andererseits begeistert das D.O.M. am authentischen Ort über die Ästhetik optischer Effekte und bedeutender historischer Gegenstände der Optik. Innerhalb Deutschlands wird das D.O.M. sinnbildlich für das moderne Thüringen stehen.“