Bunte Knallkörper beim Silvester-Feuerwerk können wortwörtlich ins Auge gehen. In Kooperation mit der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), München, möchte der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA), Düsseldorf, die Bevölkerung sensibilisieren und plädiert für eine Einschränkung privaten Feuerwerks.
Rund 180 Millionen Euro Umsatz wurden jeweils im Jahr 2022 und 2023 mit dem Feuerwerks-Verkauf zum Jahresende generiert. Die Deutschen wollen zu Silvester nicht auf ihr Feuerwerk verzichten. Das hat Folgen: Die DOG verzeichnete in ihrer jährlichen Klinik-Umfrage zum letzten Jahreswechsel 781 Personen mit feuerwerks-bedingten Augenverletzungen.
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„Wir haben uns damit auf einem deutlich höheren Verletzungsniveau eingependelt als in der Vor-Covid-Zeit“, konstatiert Prof. Dr. med. Ameli Gabel-Pfisterer, Leitende Oberärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. In den Jahren vor der Pandemie wurden durchschnittlich 500 Augenverletzungen im Zusammenhang mit Feuerwerk gemeldet.
Geliebte Tradition – unbekannte Gefahren
In den Pandemiejahren 2020 und 2021 führte ein bundesweites Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern zu einem drastischen Rückgang der Augen-Verletzungen. „Die wieder ansteigende Anzahl der gemeldeten Verletzungen ist besorgniserregend und spiegelt auch die Erfahrungen in den Praxen und Kliniken wider“, so Daniel Pleger, Erster Vorsitzender des BVA .
„Jedes Jahr sehen wir in den Kliniken und Praxen Menschen, die in der Silvesternacht an den Augen verletzt werden und dann ein Leben lang unter den Folgen leiden. Zumeist stellen wir Verbrennungen der Haut um die Augen und Verletzungen der Horn- oder Bindehaut fest. Aber auch Prellungen des Augapfels kommen häufig vor. Wird dabei der vordere oder der hintere Augenabschnitt geschädigt, kann es zu einem irreparablen Sehverlust kommen.“
Das sind zum einen persönliche folgenschwere Schicksalsschläge; zum anderen überlasten durch Feuerwerk bedingte Unfälle zusätzlich Praxen und Kliniken. Denn nicht nur wer selbst Böller, Raketen oder Batterien anzündet ist gefährdet. Beim vergangenen Jahreswechsel waren mehr als die Hälfte, rund 60 Prozent der Verletzten, Unbeteiligte. „Diese Betroffenen waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort und wurden völlig unerwartet zum Teil schwer verletzt“, so Gabel-Pfisterer.
Feuerwerk professionalisieren
Die beiden Organisationen BVA und DOG stellen ihren Mitgliedern Plakate zur Verfügung, mit denen auf die Risiken von Feuerwerk hingewiesen wird und so die Patientinnen und Patienten für den bewussten Umgang mit Pyrotechnik sensibilisiert werden. Doch der BVA nimmt auch die Politik in die Pflicht: „In der Vergangenheit hat die corona-bedingte Regulierung des Feuerwerk-Verkaufs zu weniger Augen-Verletzungen zum Jahreswechsel geführt. Eine erneute Einschränkung von privatem Feuerwerk würden wir daher begrüßen“, so Pleger.
„Beispielsweise durch zentriertes, professionell organisiertes Feuerwerk in den Städten und Kommunen. Das würde nicht nur unserer Umwelt und den Tieren zugutekommen. Es könnte zahlreiche Menschen vor ernsten Schäden wie dem Verlust des Augenlichts bewahren und gleichzeitig die überlasteten Kliniken und Praxen schützen.“ Der Vorverkauf von Feuerwerkskörpern startet am 28. Dezember 2024.
Eltern sollten Kinder warnen, Knallkörper aufzulesen
Nach wie vor besorgniserregend sei mit fast 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten, wobei besonders häufig Kinder unter 12 Jahren betroffen sind. „Wie die Kinder an Feuerwerkskörper kommen, sollte hinterfragt werden“, meint Gabel-Pfisterer. Einige Kinder verletzen sich an Böllern, die sie am Neujahrs-Tag aufsammeln. „Eltern sollten ihren Nachwuchs rechtzeitig über die Gefahren aufklären, die damit verbunden sind“, rät die Augenärztin.
Treffen kann es prinzipiell jeden, der sich beim Feuerwerk außerhalb geschützter Räume aufhält. „Am vergangenen Jahreswechsel mussten wir zum ersten Mal eine Augenverletzung bei einem Rettungssanitäter, der im Einsatz getroffen wurde, dokumentieren“, berichtet Prof. Dr. med. Hansjürgen Agostini, Leitender Oberarzt an der Universitäts-Augenklinik Freiburg. Erneut mussten die Augenärzte und Augenärztinnen verletzte Augen entfernen – mit allen Konsequenzen, die daraus resultieren. „Der Sehverlust, die kosmetische Entstellung und psychische Folgen können zu schweren Beeinträchtigungen und zum Verlust des Arbeitsplatzes führen“, berichtet Agostini.
Im Freien besser geschlossene Schutzbrille tragen
Um solche Katastrophen abzuwenden, ruft die DOG zur Vorsicht im Umgang mit Feuerwerk auf. „Familien mit Kindern bleiben am besten im Haus“, rät der DOG-Experte. „Wer ins Freie oder auf den Balkon geht, sollte eine geschlossene Schutzbrille etwa aus dem Baumarkt oder eine Skibrille tragen, um das Gröbste abzuwehren.“
Die Fachgesellschaft fordert zudem mehr Aufklärung – und stellt Plakate zur Verfügung – und verweist auf die Niederlande und Finnland. „Dort konnte durch Informations-Kampagnen und gesetzliche Regelungen die Anzahl der Verletzungen auf die Hälfte reduziert werden“, betont Agostini. Darüber hinaus wirbt die Fachgesellschaft für öffentlich ausgerichtetes Feuerwerk. „Das sicherste Feuerwerk ist das professionelle“, betont DOG-Generalsekretär Prof. Dr. med. Claus Cursiefen.