Die jungen Leute sind begeistert, wenn sie endlich in die Fahrschule dürfen, den Führerschein vor Augen. Lange Gesichter gibt es indes, wenn der obligatorischen Sehtest nicht bestanden wird: In den Führerschein müsste eine Brille eingetragen werden. Müsste, Konjunktiv. Denn der Gang zum Augenarzt birgt die Chance, um die Brille im Führerschein herumzukommen.
Davon kann Augenoptikermeister Jürgen Schönweitz aus München ein Lied singen. Ihm wurden schon vermehrt Brillen zurückgebracht. „Ich brauche gar keine Brille“, hieß es von dem Kunden, dem beim Augenarzt seine fahrtaugliche Sehfähigkeit per Gutachten bescheinigt wurde. Der Hintergrund wird beispielsweise in der aktuell erschienenen Broschüre vom ZVA auf Seite 5 und 6 hinlänglich beschrieben: Beim Augenoptiker wird für die Erstuntersuchung ein genormtes Einblickgerät nach DIN 58220 Teil 6 gefordert – mit unendlicher Prüfentfernung in mäßig beleuchtetem Raum, nur mit Landoltringen usw. Die geprüfte Sehschärfe muss bekanntlich monokular jeweils 0,7 betragen.
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Das Gleiche gilt übrigens auch für die Erstuntersuchung beim Augenarzt. Die gesetzlich vorgeschriebene Sehtestgebühr beträgt 6.43 Euro. Wenn der Sehtest ergibt, dass der Visus-Wert nicht ausreichend für die Beantragung eines Führerscheines ist, wird ein augenärztliches Gutachten fällig (Kosten ca. 80 Euro), inklusive Gesichtsfeldmessung, Augenbeweglichkeit, Kontrast- und Dämmerungssehen.
Schönweitz sah seine Kunden nach solchen Gutachten wieder und meldete sich daraufhin bei der eyebizz-Redaktion. Der Arzt hatte bestätigt, dass keine Brille nötig war, die fertige Brille landete als Reklamation auf der Münchner Ladentheke: „Ärgerlich für den Augenoptiker, aber eher ein Einzelfall“, kommentiert Sarah Köster, beim ZVA zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing den Fall. Es sei Überzeugungsarbeit zu leisten, um dem Kunden klarzumachen, dass ein Visus von 0,5 binokular, so die offizielle Grenze für das Gutachten, nicht für ein sicheres Fahren ausreiche. Das Messen mit zweierlei Maß sei indes nach den gängigen Vorschriften normal, nichtsdestotrotz setze sich der ZVA immer wieder für die Wiederholung des amtlichen Sehtestes ein.
Übrigens: Nach Schätzungen des Bundesverbandes der Augenärzte sind etwa 300.000 Unfälle im Jahr darauf zurückzuführen, dass ein Verkehrsteilnehmer nicht ausreichend gut sieht.