Auch Rodenstock präsentiert jetzt eine Lösung fürs Myopie-Management: MyCon heißen die Brillengläser, die laut Unternehmen darauf ausgelegt sind, die Myopie zu korrigieren, scharfes Sehen zu gewährleisten und dem Fortschreiten der Myopie bei jedem kurzsichtigen Kind entgegenzuwirken, auch präventiv. Dass dabei außer der Refraktionsbestimmung keine weiteren Messungen nötig sind, um mit den Gläsern in die Myopie-Kontrolle einzusteigen, gehört zu den Besonderheiten der Lösung aus München.
Myopie-Management ist Trendthema. Nicht nur auf der opti wurde das deutlich, sondern auch bei den anschließenden digitalen Events von Rodenstock und Zeiss. Beide Brillenglas-Hersteller sind gefühlt spät dran beim Thema Myopie-Kontrolle. Das mag unterschiedliche Gründe haben. Rodenstock erklärte sich beim digitalen Event anlässlich der Präsentation von MyCon so, dass sie sicher sein wollten, eine ganz besondere Lösung anbieten zu können, ehe sie damit auf den Markt kommen. Und das ist MyCon.
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Das Brillenglas sei dazu gedacht, die Myopie-Kontrolle aus der Nische zu holen und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. So erklärte das Thomas Pfanner, Director Sales Lenses DACH, den rund 1.000 Interessierten beim Online-Event anlässlich der Produktvorstellung des Glases, das ab März bestellt werden kann. Pfanner fügte später hinzu, dass für die Anpassung kein zusätzliches Gerät nötig sei, was beinahe untergegangen wäre, wenn es zum Schluss nicht eine entsprechende Nachfrage gegeben hätte.
Achslänge des Auges nicht mehr wichtig
Der Fragesteller hatte sich mit dem Thema offensichtlich schon auseinandergesetzt und wollte wissen, ob Rodenstocks DNEye-Scanner für die Messung der Achslänge der Augen zu verwenden sei. Nein! Weder der Scanner noch ein anderes Gerät seien nötig, denn das Wissen um die Achslänge des Auges sei zwar eine wertvolle Ergänzung, aber nicht notwendig beim Verkauf und Myopie-Management mit MyCon. „Wir warten nicht, ob die Myopie stärker wird“, heißt es bei Rodenstock und das bedeutet, jedes kurzsichtige Kind kann – nein sollte – mit dem neuen Brillenglas korrigiert werden.
Das ist bemerkenswert. Bislang war doch die Achslänge des Auges mindestens eins der Kriterien dafür, ein Myopie-Management überhaupt machen zu können. Der Hersteller kommt also nicht nur mit einem weiteren Brillenglas-Design daher, um eine progressive Kurzsichtigkeit abzubremsen, sondern mit einem neuen Diskussionsansatz: Wie soll eine Hemmung der Myopie erkannt werden, wenn nicht über die Baulänge des Auges oder andere entscheidende Parameter?
Wo das periphere Licht auftrifft
MyCon sei in den Indizes von 1,5 bis 1,74 sowohl dünner als auch leichter als viele der marktüblichen Myopie-Gläser. Grundsätzlich erreiche der Augenoptiker damit eine breite Zielgruppe, denn „er kann die Gläser allen kurzsichtigen Kindern empfehlen, ganz gleich, ob sie stark oder nur leicht myop sind“, heißt es in der begleitenden Pressemitteilung. Bei MyCon werde das Licht in der Peripherie des Brillenglases so gestreut, dass es bereits vor der Netzhaut auftreffe: „Die Bereiche zur Progressionskontrolle befinden sich seitlich an den Brillengläsern und stellen sicher, dass peripheres Licht nicht erst hinter der Netzhaut auftrifft. So platziert, verlangsamen sie das Fortschreiten der Myopie beziehungsweise das Längenwachstum der Augen.“
Die temporal und nasal angebrachten peripheren Zonen für die Myopie-Kontrolle ließen so die Hauptsichtfelder unbeeinflusst und sollen das scharfe Sehen gewährleisten – zumindest dort, worauf das Brille tragende Kind gerade seinen Fokus richtet. Auch die Fachleute in den Augenoptikbetrieben müssen sich also gegebenenfalls neu ausrichten. Von jeher war es keine Option, bei fortschreitenden Kurzsichtigkeiten nichts zu tun. Aber lange war der Nachweis des Fortschreitens – so schien es zumindest – ausschlaggebend. Und hier konnte die Messung der Achslänge des Auges als Basis fürs Myopie-Management Halt bieten.
Fürsprecher Prof. Hakan Kaymak
Nun mag die Überraschung, ein Myopie-Management anbieten zu können, ohne zu wissen, wie sich die Achslänge der Augen im Laufe der Zeit entwickelt, eher den Unbedarften treffen. So ist es beruhigend, dass Prof. Dr. Hakan Kaymak beim Rodenstock-Event vor der Kamera in bekannter Rolle zu sehen war. Der leitende Operateur der Breyer, Kaymak & Klabe Augenchirurgie hat herausragende Expertise beim Thema Myopie, unter anderem lehrt er an der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena und kooperiert mit Prof. Frank Schaeffel (Universität Tübingen) auf dem Gebiet der Vorsorge und Therapie von Kurzsichtigkeit bei Schülern.
Prof. Kaymak spricht zudem aus eigener Erfahrung und vertraut bereits im Fall seiner Tochter Leyla auf Brillengläser zur Myopie-Kontrolle. Das offenbarte er im letzten Jahr bei einem Online-Event von Hoya, wo Leyla über die guten Erfahrungen berichtete, die sie mit den Miyosmart-Gläsern aus Mönchengladbach macht. Für Rodenstock erklärte ihr Vater anhand seiner eigenen Historie die Handlungsnotwendigkeit, eine fortschreitende Kurzsichtigkeit mit den adäquaten Mitteln abzubremsen.
Ob Leyla ab März statt Hoya- nun Rodenstock-Gläser tragen wird, blieb unbeantwortet. Auffällig indes ist, dass ein anerkannter Myopie-Forscher die beiden unterschiedlichen Ansätze der Brillenglas-Hersteller gleichermaßen für gut befindet, sonst hätten wir ihn kaum auch bei Rodenstock gesehen. Ob er auch bei Zeiss aufgetreten ist? Der „AfterWorkTalk“ mit der Vorstellung der Idee aus Aalen lag nach Druckschluss dieser Ausgabe. Sicher ist: Myopie-Management wird noch wichtiger werden. Allen Facetten des komplexen Themas widmet eyebizz im Juni einen eigenen Kongress: die OPTICS CONFERENCE.