Trotz der herausfordernden Rahmen-Bedingungen habe sich die Marktlage für Verkauf oder Erwerb von augenoptischen Fachgeschäften 2024 nicht verschlechtert. Die AOS Unternehmens-Beratung GmbH aus Dortmund gibt auf Basis ihrer jährlichen Analyse einen Ausblick.
Die Nachfrage und das Interesse an augenoptischen Geschäften sei im vergangenen Jahr stabil geblieben, so Stefan Herburg, Diplom-Volkswirt, und Ingo Kemmer, Diplom-Kaufmann, von der AOS Unternehmensberatung GmbH. Dies sei auch der Tatsache geschuldet, dass sich mittelständische augenoptische Fachgeschäfte im letzten Jahr trotz der sich weiter verschlechternden Rahmen-Bedingungen in der deutschen Wirtschaft wirtschaftlich ordentlich entwickelt haben.
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Bei größeren inhaber-geführten Geschäften (ab ca. 800T Euro Netto-Jahresumsatz) sei das Interesse von Kaufwilligen weiterhin sehr gut, so die beiden Berater. Hier seien fast ausnahmslos Käufer unterwegs, die bereits Geschäfte führten und expandieren wollten. Bei diesen Geschäften seien die Preise weiter auf gutem bis sehr gutem Niveau. Die Nachfrage übersteige das Angebot deutlich. Trotzdem wird auch hier nicht „blind“ gekauft, sondern individuell die Qualität des Objekts geprüft.
Bei mittelgroßen Geschäften (400T bis 800T Euro Netto-Jahresumsatz) kommen neben den oben genannten Investoren auch Inhaber mit wenigen Geschäften oder Existenzgründer als potenzielle Käufer hinzu. Auch hier sei die Nachfrage noch gut.
Bei den kleineren Geschäften (275T bis 400T Euro Netto-Jahresumsatz) sei das Angebot deutlich höher als die Nachfrage. Diese Geschäfte stünden häufig im Fokus von Existenzgründern, die es aber immer noch zu wenig am Markt gebe.
Geschäfte mit noch geringeren Umsätzen fänden laut AOS immer häufiger leider keinen Käufer. Der Umsatz, bei dem ein Verkauf so gut wie unmöglich ist, steige weiter an und liege mittlerweile deutlich über 200T Euro netto im Jahr.
Schließungen von Geschäften weiter ein Thema
Somit bleiben auch Schließungen von Geschäften weiter ein Thema. „Aber auch hier lässt sich mit einer guten Planung eines Räumungsverkaufs, verbunden mit einer Übergabe von Kundendaten sowie Verkauf von Maschinen und Geräten ein ordentlicher Überschuss erzielen. Auch dieses Vorhaben sollte immer unter Begleitung eines fachkundigen Beraters durchgeführt werden, denn hier lauern mehrere Fallstricke, die zu beachten sind“, so Stefan Herburg und Ingo Kemmer.
Diese Entwicklung, dass immer mehr Geschäfte keinen Nachfolger finden, findet sich laut AOS auch in der Gesamtwirtschaft in Deutschland wieder. Laut eines Berichts der FAZ sei die Zahl der Geschäfte, die ihren Geschäftsbetrieb schließen wollen oder müssen, im Vergleich zum Vorjahr um über 30 Prozent gestiegen.
AOS: Existenzgründer weiter vorsichtig
Gründer zeigten sich laut der Unternehmensberatung aktuell weiter vorsichtig. Die Unsicherheit, wie sich die Konjunktur, die Konsumneigung der Verbraucher, die Inflationsrate sowie weitere Parameter entwickelten, lassen viele ihre Übernahme-Überlegungen verschieben. Aber es gebe auch positive Aspekte. So sind die Zinsen seit dem letzten Jahr wieder rückläufig und werden wohl auch in diesem Jahr weiter sinken. Das mache eine Finanzierung preiswerter und sollte sich positiv auf die Nachfrage auswirken.
Eine deutlich verbesserte Situation habe sich beim Interesse von Mitarbeitern an einer Übernahme ergeben. Immer mehr Mitarbeiter haben Interesse an einer Übernahme des Geschäfts des aktuellen Arbeitgebers. Vorteile für beiden Seiten: Man kennt sich und der Gründer kennt das Objekt, dass er übernehmen möchte mit allen Vor- und Nachteilen.
Die größere Nähe der Akteure zueinander sei aber nicht immer nur ein Vorteil, sodass auch dieser Übergabeprozess optimal geplant und moderiert werden müsse, damit zwischen dem Mitarbeiter und dem Inhaber keine atmosphärischen Störungen auftreten. Diese könnten nicht nur den Verkauf behindern, sondern eventuell auch zu Problemen im täglichen Betrieb führen oder im schlimmsten Fall sogar zu Kündigungen von guten Mitarbeitern, die im Übernahmeprozess die Lust verlieren. Scheitert der Prozess, hat man im Normalfall nicht nur einen potenziellen Käufer, sondern auch einen guten Mitarbeiter verloren.
Was Gründer sonst noch zurückhält
War vor einigen Jahrzehnten die Übergabe in der Familie der Normalfall, sei dies laut AOS zur absoluten Ausnahme geworden. Die Gründe seien vielschichtig. Auffallend sei die geringe Mobilität von Gründungswilligen. Die meisten Käufer suchten Geschäfte, die sie von ihrem bisherigen Lebensmittelpunkt gut erreichen können. Das Risiko eines Umzugs gingen Gründer immer seltener ein. Da passe es auch, dass sich Mitarbeiter für den Betrieb des aktuellen Chefs interessierten.
Auch ein immer höherer Frauen-Anteil im Beruf führe laut der AOS-Berater zu rückläufiger Nachfrage nach Geschäften. Das liege nicht an fehlender Kompetenz oder fehlendem Mut der Frauen, sich selbstständig zu machen. Trotz des gesellschaftlichen Wandels tragen Frauen auch heute noch einen Großteil der Familienlast. Dies falle in eine Phase des Lebens, in der eine Übernahme üblicherweise interessant sei.
Unternehmen mit einer ausgeprägten Spezialisierung, zum Beispiel auf optometrische Dienstleistungen oder Kontaktlinsen, seien weiterhin schwerer zu veräußern, da diese Fachgeschäfte häufig eine überdurchschnittlich hohe Bindung an den Inhaber aufweisen. Diese Prägung und das spezielle Know-how stellten ein Risiko für einen Erwerber dar. „Bei diesen Geschäften ist es noch wichtiger, dass Verkäufer und Käufer gut zueinander passen, da eine intensive Begleitung des Verkäufers nach der Übergabe von großer Bedeutung ist.“
Zur größten Hürde bei einer Betriebs-Übergabe in der Augenoptik werde immer häufiger die Personal-Situation in den Betrieben. „Denn gerade für Investoren wird die Wiederbesetzung der Stelle des alten Inhabers immer mehr zu einer Herausforderung. Wenn dann noch andere Mitarbeiter bereits älter sind oder im Betrieb kein weiterer Meister vorhanden ist, kann selbst der Verkauf eines wirtschaftlich interessanten Geschäfts kompliziert werden“, so Stefan Herburg und Ingo Kemmer.
Hoher Umsatz allein reicht nicht
Die Bandbreite am Markt erzielter Verkaufspreise lag laut AOS über alle Größenklassen und Regionen 2024 zwischen 15 und bis über 96 Prozent eines Jahres-Umsatzes inklusive eines üblichen Warenbestands. Bei den großen Geschäften seien das immer noch Höchstpreise. Bei den kleinen Geschäften war dieser Wert noch nie so gering.
„Wer jetzt denkt, ein hoher Umsatz allein würde automatisch für hohe Kaufpreise sorgen, wird enttäuscht. Hier gibt es unter anderem regionale Unterschiede. Aber auch eine Reihe weiterer Aspekte spielt eine wichtige Rolle. So hängen wichtige Einfluss-Faktoren wie Positionierung, Übergabeart, Rechtsform, Lage, Inhaber-Abhängigkeit und Personal-Situation, uvm. gar nicht oder nur bedingt vom Umsatz oder Gewinn ab, sind aber auf jeden Fall preisrelevant. Und nicht zuletzt bestimmen am Ende Angebot und Nachfrage den Preis der Geschäfte.“