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Prozessorientiert statt reine Datenablage

Augenoptiker-Apps der neuen Generation

IT-Lösungen für Augenoptik-Betriebe wurden bislang meist von Programmierern entwickelt, die selbst aus der Branche kommen. Tempi passati. Längst umwerben Start-ups auch fern der Branche Augenoptiker*innen mit Software-Anwendungen und personalisierbaren Apps. Digital Natives bringen frischen Wind in den sich wandelnden Markt, wie Johannes Fischl und Johannes Artmeier von Umami View.

Umami App Augenoptiker - Fischl und Artmeier
Johannes Fischl und Johannes Artmeier von Umami View (Bilder: Umami)

Am Anfang stand der Zufall, aber vielleicht nicht ganz. Johannes Artmeier (29), geschult in der Entwicklung komplexer IT-Anwendungen, hörte von den Problemen eines Augenoptikers, hochwertige Gläser transparent an seine Kunden zu verkaufen. Daraufhin entwickelte er ein App-Konzept zur Glasberatung, das dem Augenoptiker am Ende mehr Umsatz bescherte. Allerdings hörte Artmeier, der die Branche vorher kaum kannte, genau zu und fragte viel nach, was der Nutzer benötigte, sodass die App in enger Zusammenarbeit mit dem Augenoptiker entstand und in der Folge immer weiter verbessert wurde.

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Digitalisierung auf zeitgemäßem Level

Umami Ware, im Januar 2020 von Johannes Artmeier und dem Betriebswirt Johannes Fischl (31) im bayerischen Lalling gegründet, hat sich darauf spezialisiert, mittelständischen Augenoptiker*innen dabei zu helfen, Betriebsabläufe digital auf ein zeitgemäßes Level zu heben. Ob interne Prozesse wie Personal- und Kundenmanagement und Warenwirtschaft, die Integration von Werkstatt und Refraktion oder die Kundenkommunikation mit Marketing, Kasse, Buchhaltung und Lieferanten-Management – alle Bereiche können über Umami digital erfasst und übersichtlich miteinander verbunden werden.

Bislang, so Fischl, wechselten viele Augenoptiker*innen in ihrem Betrieb zwischen verschiedene Anwendungen unterschiedlicher Hersteller hin und her. Miteinander verknüpfen ließen sich die unterschiedlichen Programme oft nur mit großem Aufwand. Einzellösungen hingegen seien oft schwerfällig und für kleinere Betriebe zu teuer.

Tatsächlich stammt die Optiker-Software auf dem Markt zum Großteil noch aus den 90er Jahren, basiert auf der Technologie einer Zeit, in der das Internet noch nicht omnipräsent war. Doch die Herangehensweise habe sich mittlerweile geändert, so Fischl: „Früher ging es in erster Linie um eine reine Datenablage, mittlerweile denkt und entwickelt man prozessorientiert.“

Cloud-basiertes Modularsystem für Augenoptiker

Umami bietet ein modulares System an, bei dem laufend neue Anwendungen hinzukommen, derzeit sind zwölft Apps verfügbar, entwickelt in enger Zusammenarbeit mit Augenoptiker*innen und Optometristen. Der Anspruch dabei ist, dass auch Fachfremde intuitiv mit den Anwendungen umgehen können. Die Cloud-basierten Anwendungen sind rund um die Uhr von jedem Ort und auf jedem Gerät verfügbar. Alle Daten seien datenschutzkonform und sicher in Deutschland gespeichert, so das Start-up.

Aktuell nutzen 25 augenoptische Unternehmen die Software, etwa auch ältere Inhaber, die ihrem Nachfolger „kein Geschäft mit einem Steinzeit-Programm“ übergeben wollen. Einige Augenoptiker*innen, so die Erfahrung von Fischl und Artmeier, meinten allerdings immer noch, die Konzentration auf die Produkte Brillen und Kontaktlinsen seien ausreichend, um sich erfolgreich behaupten zu können.

Die Zukunft des stationären Einzelhandels könne jedoch nur über das Einkaufserlebnis gehen, so Fischl. Er zitiert eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, bei der 85 % der Unternehmen angaben, aufgrund gestiegener Kunden-Erwartungen mehr in ihre Digitalisierungs-Strategie investieren zu wollen.

Ziemlich gut vernetzt hat sich das Start-up – aktuell zehn Mitarbeiter, davon sieben Entwickler – mittlerweile auch. Fischl und Artmeier stellten ihr modulares App-Konzept bereits bei den großen Glasherstellern vor. In Zusammenarbeit mit dem Verkaufstrainer Martin Groß planen sie, mit einer Kundenreise den Mehrbrillenverkauf voranzubringen.

umami-view.com

 

„Wir sparen viel Zeit bei der Betriebsführung“

Bei Augenoptik Strenz, einem Familien-Unternehmen in zweiter Generation in Vilshofen an der Donau, fiel vor kurzem die Entscheidung, die Betriebsabläufe weitgehend zu digitalisieren. Dabei verwendeten die Inhaber die Software von Umami. Christine Strenz, im Betrieb zuständig für alles Digitale, erzählt von der Umstellung.

Augenoptk Strenz - Christine Strenz
Christine Strenz (links) bei der Beratung einer Kundin (Bild: Augenoptik Strenz)

eyebizz: Frau Strenz, warum erst jetzt der Schritt zur Digitalisierung der Betriebsabläufe?

Christine Strenz: Wir haben uns schon lange damit herumgetragen, die Digitalisierung in Angriff zu nehmen, sind aber nicht so richtig in die Pötte gekommen. Der Schritt ist doch gewaltig. Bislang hatten wir nur die Buchhaltung digitalisiert. Gläser bestellten wir über die Webseiten der Hersteller oder über Programme, die wir uns selber heruntergeladen haben, aber nicht zentral. Wir arbeiten klassisch mit Auftragsblöcken und Aktenordnern. Unser Geschäft läuft, wir sind immer sehr gut damit gefahren, doch es war auch mühselig, etwa die unterschiedlichen Mailings an verschiedene Kunden auszuwerten und zu sortieren.

Die Idee mit den modularen Apps von Umami hat uns gefallen. Wir können die Apps nach unseren Wünschen zusammenstellen, suchen aus, was wir brauchen und wie wir es möchten, können alle Apps personalisieren und sparen viel Zeit bei der Betriebsführung. Uns war allerdings auch wichtig, uns nicht komplett in die digitale Welt hineinzuwerfen.

Warum? Fürchten Sie einen Stromausfall im Geschäft?

Bei befreundetem Augenoptiker*innen haben wir tatsächlich gesehen, was passiert, wenn das Digitale ausfällt. Sie konnten dann keinen Kunden mehr bedienen, nicht mehr abkassieren. Ich erlebe es als Endverbraucher auch immer wieder, wenn der Steuerberater oder ein Lieferant am Telefon sagt: Wir können Sie erst nächste Woche wieder bedienen, bei uns ist alles zusammengebrochen. Da läuft dann gar nichts mehr.

Das wollen wir nicht riskieren, sondern flexibler mit unseren Kunden agieren. Wir nehmen den Kunden digital über die App auf, drucken aber immer einen Werkstattzettel aus, der dann am Brillenauftrag hängt. Dieser Zettel wird in den Aktenordner einsortiert. Wenn irgend etwas zusammenbrechen sollte, haben wir immer noch alle Informationen, wenn der Kunde kommt.

Wie wichtig ist die Verknüpfung von Digital und Analog aus Kundensicht?

Nicht zu unterschätzen! Ich bin viel online unterwegs, habe für unser Unternehmen auch alle Webseiten gebaut. Es ist heute wichtig, dass Kunden auf der Webseite etwas machen können, dann kommen sie auch eher ins Geschäft. Ich kann einen Fragebogen einpflegen, den Leute, die auf unsere Homepage kommen, vorab durcharbeiten können: Was brauche ich für eine Brille? Am Ende der Fragen heißt es dann vielleicht: Du brauchst eine Bildschirmarbeitsplatzbrille und dann zum Abschluss die Frage: Einen Termin vereinbaren? mit Button.

Das lässt sich gut integrieren, gibt dem Kunden Informationen, hat aber auch etwas Spielerisches. Auch die Online-Terminvereinbarung ist ein Tool, das Endverbraucher gerne nutzen. Wir werden all das nach und nach bei uns umsetzen und sind überzeugt: Das ist der richtige Weg für uns.

Wie einfach war es, sich in die Programme einzuarbeiten?

Es war viel Arbeit, weil wir – wie gesagt – alles vorher analog hatten. Mühsam musste ich etwa die Gläserlisten einsortieren. Doch das ist wie überall: Wer eine Erleichterung haben will, muss zunächst etwas dafür tun. Von allein kommt das nicht. Mit jeder anderen neuen Software müsste man das auch machen: sich richtig einarbeiten, Routine gewinnen und schließlich auch die anderen Mitarbeiter schulen.

 

/// JUEB

 

Artikel aus der eyebizz 1.2022 (Dezember/Januar)

 

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