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Vier Augenoptiker im Portrait

Augenoptiker in Zeiten von Corona: Auf der Suche nach besonderen Maßnahmen

Den Beruf des Augenoptikers kann man bekanntlich auf unterschiedliche Weise ausüben. Viele machen vieles gleich oder ähnlich, aber manche gehen erstaunlich andere Wege, mit Mut zum Risiko. Solche Unternehmerpersönlichkeiten porträtiert eyebizz in jeder Ausgabe. Diesmal stellen wir vier Augenoptiker vor und fragen sie, mit welchen Strategien oder auch besonderen Aktionen sie zu Corona-Zeiten ihr Geschäft führen. Die Gespräche fanden Anfang April statt. [12500]

Jonen Augenoptik: Neu mit Zustell-Service

Ines Jonen ist Inhaberin von Jonen Augenoptik & Hörakustik („Das Beste für Augen und Ohren“) mit insgesamt 40 Fachgeschäften, eines davon im Kreis Heinsberg, wo bereits zur Karnevalszeit im Februar die ersten Corona-Infektionen in Nordrhein-Westfalen aufgetreten sind.

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eyebizz: Was war Ihre Reaktion in den ersten Corona-Tagen?

Ines Jonen: Wir sind aufgrund unseres Fachgeschäftes in Heinsberg schon sehr früh für das Thema Corona sensibilisiert worden. Nach der ersten Schrecksekunde waren wir uns sicher: Zusammen können wir die Situation meistern. Natürlich ist das für ein Familienunternehmen wie uns eine große Herausforderung, aber es bietet auch Chancen, da wir flexibler agieren können und in unserer Region stark verankert sind.

Was war bzw. ist das Gebot der Stunde für Sie?

Jonen Augenoptik: Ines Jonen
Ines Jonen

Allererste Priorität hat die Gesundheit unserer Mitarbeiter und unserer Kunden. Dafür haben wir in unseren Fachgeschäften auf eine Eins-zu-eins-Betreuung umgestellt, bieten einen Lieferservice per Post an und zum Beispiel Remote Fitting in der Hörakustik. An zweiter Stelle geht es darum, die Sicherheit für das Unternehmen zu gewährleisten. Dafür haben wir jeweils substituierbare Teams gebildet, die uns unabhängiger machen, damit wir bei eventueller Ansteckung den Geschäftsbetrieb sicherstellen können. Drittens verstärken wir die Kommunikation sowohl mit unseren Kunden als auch mit unseren Mitarbeitern.

Welche besonderen Ideen haben Sie entwickelt?

Um die Kontakte so gering wie möglich und alle Hygiene-Standards einzuhalten, haben wir unsere Öffnungszeiten für jedes Fachgeschäft individuell angepasst. Die eine Regelung für alle Standorte gibt es bei uns nicht, da unsere Kunden unterschiedliche Ansprüche haben. Des Weiteren bieten wir einen Online-Service an, über den man Batterien für Hörgeräte und weitere Pflegeprodukte aus Augenoptik und Hörakustik bestellen und zu sich per Post nach Hause liefern lassen kann.

Was erwarten Sie von den nächsten Monaten?

In so einer noch nie dagewesenen Situation ist es unmöglich, eine konkrete Erwartung zu formulieren, das gelingt ja nicht einmal für die nächsten drei Wochen. Fest steht jedoch, dass wir alle Hebel in Bewegung setzen, sowohl für unsere Kunden als auch für unsere Mitarbeiter da zu sein und sie sicher durch diese Zeit zu bringen. Wichtig ist, sich auszutauschen, zu unterstützen und voneinander zu lernen. Deshalb sind wir besonders glücklich, in einer guten Marketinggruppe organisiert zu sein.

/// CH

Brillen Rottler: #1000malDanke

Paul Rottler ist Juniorchef des familiengeführten Unternehmens „Brillen Rottler“, Zentrale ist in Arnsberg. Nach der Übernahme von Pleines Fashion Optik & Akustik im vergangenen Jahr betreibt die Gruppe zurzeit 90 Filialen.

eyebizz: Was war Ihre erste Reaktion auf die Corona-Krise?

Paul Rottler: Geschockt, weil ich realisiert habe, dass wir die Krise nun direkt vor der eigenen Haustür haben. Der erste Reflex ist der Gedanke an die Sicherheit der eigenen Mitarbeiter. Danach versucht man für sich eine Einschätzung zu gewinnen, wie weit die Einschränkungen gehen werden und was das für den Geschäftsbetrieb bedeutet. Zum Glück haben wir im Unternehmen in der Führungsmannschaft eine ausgeprägte Kultur der offenen Kommunikation. So konnte ich mich jeden Tag mit dem Team austauschen. Das war für mich wertvoll in einer Zeit, in der man viele wichtige Entscheidungen treffen muss.

Was meinen Sie mit „wichtige Entscheidungen“?

Wir haben uns intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, ob wir die Geschäfte weiter offenhalten oder nicht. Wir haben uns letztlich mit reduzierten Öffnungszeiten dafür entschieden. Wir denken, dass unsere Kunden auch in diesen Zeiten weiter mit gutem Sehen und gutem Hören versorgt sein müssen. Der Bereich ist jetzt verständlicherweise noch sensibler.

Welche konkreten Maßnahmen gibt es im Geschäft? Welche online?

Brillen Rottler - Paul Rottler
Brillen Rottler – Paul Rottler

Wir praktizieren in unseren Geschäften ein Höchstmaß an Hygienevorschriften, die weit über die Empfehlungen des RKI hinausgehen. So haben wir die Kundenfrequenz deutlich reduziert und den Beratungsprozess komplett neu aufgesetzt. Wir bleiben mit den Kunden auf zwei Meter Abstand, bitten sie etwa, sich ihre Brille selbst aufzusetzen. Nach jedem Beratungsschritt desinfizieren wir Hände und Brille. Zudem haben wir die Vorbereitungen zu unserem Online-Shop beschleunigt, konnten schon Ende März damit starten. Wir bieten Kunden, die das Haus nicht verlassen möchten, die Möglichkeit, sich weiter mit einer Brille, Kontaktlinsen und Hörgerätezubehör zu versorgen. Dann setzen wir auf Kundennähe. Da gehen wir pragmatische Wege und fertigen für einen Kunden, der nicht online-affin ist und auch nicht ins Geschäft kommen möchte, nach telefonischer Absprache eine Ersatzbrille, die wir ihm an die Tür hängen. Und nicht zuletzt gab es noch unsere Aktion „#1000malDanke“: Ein Dankeschön an die Helden des Alltags, die wir gerne in diesen schwierigen Zeiten mit unseren Brillen unterstützen (www.rottler.de/danke #1000malDanke). Wir verschenkten Brillen mit superentspiegelten Einstärkengläsern an Menschen in systemrelevanten Berufen und ehrenamtliche Helfer in der Krise. Vorschläge für die Alltagshelden konnten online eingereicht werden. Ein Zeichen unserer Dankbarkeit für das, was diese Menschen derzeit täglich für unsere Gesellschaft leisten.

Was erwarten Sie mittelfristig?

Ich denke, kaum jemand geht von einem raschen Ende der Krise aus. Wir leben in einem Sozialstaat, der mit einer Reihe von Maßnahmen und Programmen sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmer unterstützt. Das wird sicher helfen, in den nächsten Wochen den Schaden zu begrenzen. Letztlich ist die Frage, wie lange es wirklich dauert, die Wirtschaft wieder auf ein normales Niveau hochzufahren und was dann ‚wirklich normal‘ bedeutet. Hier wage ich keine Prognose.

/// CH

draeger + heerhorst: Ein Solidaritätsgutschein, der zündet

David Gerlach ist gemeinsam mit Ines Kramer Inhaber und Geschäftsführer von draeger + heerhorst im Eichsfeld mit drei Geschäften und 18 Mitarbeitern, Hauptsitz ist Duderstadt.

draeger + heerhorst - Ines Kramer - David Gerlach
draeger + heerhorst : Ines Kramer -und David Gerlach (Bild: Patricia Perlitschke)

eyebizz: Was ist Ihre Strategie, um durch diese schwierige Zeit zu kommen?

David Gerlach: Wir haben Kurzarbeit angemeldet und stocken den Mitarbeitern das Nettogehalt auf. Außerdem haben wir die niedersächsischen Förderungen beantragt. Da wir einen sehr guten Kontakt zu unserer regionalen Hausbank haben, können wir hier auf kurzen und unkomplizierten Wegen viel erreichen. Außerdem haben wir für unsere Kunden den Solidaritätsgutschein aus der Taufe gehoben. Die Kunden können über unseren Onlineshop Gutscheine kaufen, die dann von uns um 40 Prozent erhöht werden. Heißt: 100 Euro kaufen, 140 Euro bekommen. Diese Aktion ist eingeschlagen wie eine Bombe. Optiker, die uns auf Facebook und Instagram folgen, haben die Idee abgeguckt. Wenn’s uns allen hilft, freuen wir uns darüber! Wir haben außerdem Schutzbrillen, die wir noch am Lager hatten, über Facebook an Pflegedienste, Praxen und andere wichtige Macher verschenkt.

Glauben Sie, die Branche wird sich im Zuge der Krise nachhaltig verändern?

Die Zunahme des Online-Handels wird so oder so kommen. Aber auch hier sieht man ja jetzt, dass einer der größten Textiler im Onlinegeschäft mit Umsatzrückgängen in der Krise zu kämpfen hat. Im Endeffekt trifft die Krise alle, die Kaufkraft wird leiden. Das werden alle zu spüren bekommen. Wir aber werden unseren Weg so weiter gehen wie vorher auch, die positiven Effekte des Internets für uns nutzen und die Kunden noch mehr an uns binden.

Gibt es in dieser schwierigen Krisensituation auch Lichtblicke?

Das Schöne ist der Zusammenhalt unter den Gewerbetreibenden in den einzelnen Städten. Hier entsteht wieder ein Wir-Gefühl. Das hatten wir, selbst in unserer Kleinstadt, schon lange nicht mehr so. Jeder hat sein eigenes Süppchen gekocht, jetzt stehen wir wieder alle gemeinsam am Kochtopf. Das macht Spaß und Hoffnung. Ich bin jetzt schon an der Planung einer Party bei mir im Geschäft und werde in der nächsten Zeit auch andere Einzelhändler mit ins Boot holen. Vielleicht kriegen wir ein Straßenfest auf die Beine gestellt. Natürlich erst, wenn die Pandemie auf eine geringe Ausbreitung geschrumpft ist.

Ist es schon möglich, die Umsatzeinbußen zu schätzen?

Durch den Wegfall eines fast kompletten Monats und den darauffolgenden Kaufkraftverlusten gehe ich von bis zu 10 Prozent Umsatzeinbußen im kompletten Jahr aus. Dies ist natürlich bitter, da wir im letzten Jahr einen guten Zuwachs zu verbuchen hatten.

/// PE

Optik Albinger: Mehr Online-Konferenzen

Dr. Norbert Medelnik ist Geschäftsführer seiner eigenen Beratungsgesellschaft, welche auf Unternehmensbewertungen und Nachfolge-Beratungen spezialisiert ist. Zur Firmengruppe gehört das Anfang 2019 übernommene Fachgeschäft Optik Albinger.

eyebizz: Welche Strategie verfolgen Sie mit Ihren Betrieben, durch diese schwierige Zeit zu kommen?

Optik Albinger - Dr. Norbert Medelnik
Optik Albinger: Dr. Norbert Medelnik

Dr. Norbert Medelnik: In der aktuellen Ausnahmesituation gilt es, alle Möglichkeiten zu nutzen, welche die Kostenbelastung reduzieren. Dies schließt auch das Maßnahmenpaket ein, welches unser Staat zur Stabilisierung der Wirtschaft geschnürt hat, wie erleichterter Zugang zum Kurzarbeitergeld usw. Ansonsten bieten wir unseren Kunden eine Notversorgung an, selbstverständlich unter konsequenter Beachtung der empfohlenen Schutzmaßnahmen. Die aktuelle Situation macht aber auch deutlich, wie wichtig es für Unternehmer ist, die eigenen Zahlen zu kennen und gerade die Liquidität sorgfältig und vorausschauend zu steuern, zum Wohl der gesamten Betriebsgemeinschaft. Somit bestätigt sich aktuell: Nichts geht über professionelles Controlling!

Fühlen Sie sich von Politik hinreichend unterstützt?

Die Politik hat in erstaunlich hoher Geschwindigkeit ein Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Wirtschaft auf den Weg gebracht, Verbände und Innungen unterstützen ebenfalls, beispielsweise mit Informationsdiensten.

Glauben Sie, die Branche wird sich im Zuge der Corona-Krise nachhaltig verändern?

Zweifellos handelt es sich bei der aktuellen Krise um einen Einschnitt. Ich denke, dass sich das Lebensgefühl und Selbstverständnis der Menschen ändern wird, auch über die Krise hinaus. Gutes Sehen wird aber immer eine zentrale Anforderung menschlicher Existenz bleiben. Und unsere Kunden schätzen in allen Fragen der Versorgung mit augenoptischen Produkten und Dienstleistungen und die direkte persönliche Kommunikation mit uns. Auch die Fachmessen werden nach der Krise weiterhin den Vorzug haben, dass man sehr viele Gesprächspartner persönlich zu gebündelten Zeitpunkten an einem Veranstaltungsort treffen kann.

Lassen sich bei allen aktuellen Erschwernissen auch positive Auswirkungen erkennen?

Ja! Ich nutze derzeit verstärkt die Möglichkeiten moderner Kommunikation wie Online-Konferenzen und Webinare. Dadurch lassen sich Reiseaufwand und Fahrtkosten einsparen, und auch unser Ökosystem wird dadurch entlastet. Das sehe ich als einen positiven Effekt an, der sich auch über die Krise hinaus etablieren könnte.

// CH

ID [12500]

 

Beitrag aus der eyebizz 3.2020

 

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