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Unterschiedliche Kommunikations-Wege

Ausbildungsplätze: Wo Bewerber suchen

Rund 44 Prozent der Unternehmen konnten ihre Ausbildungsplätze im Ausbildungsjahr 2023/24 nur anteilig oder überhaupt nicht besetzen. Trotzdem meint jeder vierte junge Mensch in Deutschland, es gebe zu wenig Ausbildungsplätze. Diese Diskrepanz liege nicht nur an unterschiedlichen Vorstellungen, sondern auch an den Kommunikations-Wegen, sagen Bertelsmann Stiftung und IW Köln.

Social Media
Von den Social-Media-Kanälen sind besonders Instagram und YouTube zur Berufsorientierung bei den Jugendlichen beliebt (Bild: Pixabay / Gerd Altmann)

Zum Start des Ausbildungsjahres rückt die Kluft zwischen unbesetzten Lehrstellen und Schulabgängern ohne Ausbildungsplatz wieder in den Blickpunkt. Zuletzt blieben über 73.000 Ausbildungsplätze unbesetzt, während gleichzeitig mehr als 63.000 junge Menschen keine Lehrstelle fanden. Dass junge Menschen und Betriebe häufig nicht zueinander finden, hat laut einer gemeinsamen Jugend- und Unternehmens-Befragung der Bertelsmann Stiftung (Gütersloh) und des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln mehrere Ursachen.

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Zum Beispiel, dass die Ausbildungs-Angebote von Betrieben und die Berufswünsche von jungen Menschen hinsichtlich Region, Beruf oder Qualifikation häufig nicht zusammenpassen. Einen bislang wenig beleuchteten Grund stelle die Kommunikation dar: So nutzten Unternehmen häufig andere Angebote zur beruflichen Orientierung und andere Social-Media-Plattformen für Stellenausschreibungen als die junge Zielgruppe.

Ausbildungsplätze ausschreiben: Online ja, aber richtig

Bei der Bedeutung der Informationswege sind sich Unternehmen und junge Menschen zwar weitgehend einig: Für beide Seiten spielen Online-Stellenausschreibungen die wichtigste Rolle, gefolgt von der Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit und Social Media.

Bei der Nutzung von sozialen Netzwerken gebe es aber auffällige Abweichungen: Instagram ist jeweils am beliebtesten, doch während 71 Prozent der Unternehmen auf Facebook über ihre Ausbildungsplätze informieren, sucht hier nur ein Viertel der jungen Menschen nach Ausbildungsangeboten. Umgekehrt nutzen junge Menschen häufig YouTube (47 Prozent), WhatsApp (38 Prozent) und TikTok (30 Prozent) – diese Kanäle werden von Unternehmen aber deutlich seltener bespielt, bei YouTube beispielsweise nur von 18 Prozent.

Ausbildungsplätze Nutzung Social Media c Bertelsmann Stiftung IW Koeln
Unternehmen nutzen häufig andere Angebote zur beruflichen Orientierung und andere Social-Media-Plattformen für die Ausschreibung der Ausbildungsplätze als die junge Zielgruppe (© Bertelsmann Stiftung / IW Köln)

„Das Ausbildungsplatz-Marketing über Social Media bietet Verbesserungs-Potenzial. Unternehmen sollten ihre Kommunikation stärker an das Medienverhalten der jungen Menschen anpassen, um mehr potenzielle Bewerber zu erreichen“, empfehlen die Studien-Autoren.

Auch bei der analogen Kommunikation lohne ein genauerer Blick: So nutzten vor allem Jugendliche mit niedriger Schulbildung Stellenanzeigen in Zeitungen oder den Aushang an „schwarzen Brettern“ in Schulen häufiger, als Unternehmen es tun.

Schulabschlüsse unterschiedlich bewertet

Aus den Befragungsdaten gehe eine weitere interessante Abweichung hervor: Während knapp drei Viertel der Unternehmen angeben, dass für die Besetzung einer Ausbildungsstelle persönliche Kompetenzen gegenüber formalen Abschlüssen immer bedeutender werden, glaubt das nur etwas mehr als die Hälfte der jungen Menschen.

Hierin liege eine große Chance: „Junge Menschen sollten selbst bei schwächeren Noten nicht auf eine Bewerbung verzichten, sondern auf ihre Stärken vertrauen. Unternehmen können Kandidaten gezielt zur Bewerbung motivieren, indem sie den Stellenwert persönlicher Kompetenzen in Ausschreibungen herausstellen“, sagt Clemens Wieland, Experte für berufliche Bildung bei der Bertelsmann Stiftung.

Wunsch und Wirklichkeit teils deutlich auseinander

Auch bei den Formaten zur Berufsorientierung könnten Unternehmen und junge Menschen besser zueinanderfinden. Die Bedeutung von Praktika stufen beide Seiten zwar am höchsten ein. Doch während 88 Prozent der jungen Menschen Betriebsbesichtigungen wichtig sind, bietet sie nur knapp jedes zweite befragte Unternehmen an.

Auch bei Ausbildungs-Botschaftern im Unterricht, Schulkooperationen oder Ausbildungsmessen liegen die Wünsche der jungen Generation und das tatsächliche Angebot der Unternehmen weit auseinander. „Bei der Berufsorientierung gibt es noch Luft nach oben: Zwar können Unternehmen, vor allem kleine und mittlere, nicht alle Formate anbieten, doch der Einsatz von nur ein oder zwei zusätzlichen Maßnahmen kann bereits zu mehr Bewerbungen führen. Gemessen am Aufwand lohnt sich zudem eine kontinuierliche Partnerschaft mit Schulen“, betont Dirk Werner, Leiter des Clusters Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte beim IW.

Als positives Signal sei zu werten, dass jeweils mehr als 80 Prozent der jungen Menschen und der Unternehmen in einer Berufsausbildung eine gute Karrieregrundlage sehen. Weitgehend einig sind sie sich auch über die Faktoren, die einen Ausbildungsplatz attraktiv machen: ein gutes Betriebsklima, spannende Aufgaben, sichere Zukunftsaussichten und die Möglichkeit, sich im Berufsleben weiterentwickeln zu können.

Die Verdienst-Aussichten mit einer Ausbildung schätzen sechs von zehn befragten jungen Menschen als ausreichend für ein „gutes Leben“ ein. Dennoch fehle vielen die Anerkennung: Ungefähr die Hälfte der Unternehmen und jungen Menschen ist der Meinung, dass die duale Ausbildung zu wenig gesellschaftliche Wertschätzung erfährt. Hier sollten Politik, Wirtschaft und Schulen gemeinsam ansetzen.

 

In die Studie sind Daten aus zwei Quellen eingeflossen. Zum einen hat das Institut iconkids & youth im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zwischen dem 23. Februar und 24. März 2024 eine repräsentative Stichprobe von 1.729 jungen Menschen in Deutschland im Alter zwischen 14 und 25 Jahren befragt. Zum anderen hat das Institut der deutschen Wirtschaft in der 35. Welle des IW-Personalpanel Personalverantwortliche in 895 Unternehmen aller Branchen mit Ausnahme des öffentlichen Dienstes befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ.

 

Download der kompletten Studie

Quelle: Bertelsmann Stiftung

 

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