Zur Mitgliederversammlung in Potsdam am 10. und 11. März präsentierte der Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) unter dem Vorsitz seines Präsidenten Thomas Truckenbrod die aktuellen Branchenzahlen. Eyebizz war dabei und stellte fest: Auch wenn ein Umsatzplus für 2017 in der Augenoptik als erfreuliches Ergebnis festgehalten werden kann, wurden im Laufe der zwei Tage auch Probleme und Risiken für die Zukunft der Branche benannt.
Der Gesamtbranchenumsatz in der Augenoptik wuchs im vergangenen Jahr um 2,8% auf 6,12 Mrd. Euro (inkl. MwSt.). Insgesamt gaben die stationären Betriebe 2017 knapp 12 Millionen Brillen ab, was einer Steigerung um 0,5% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dieser Punkt aus den Branchenzahlen wurde vom ZVA als „etwas besorgniserregend“ eingestuft. Zum Vergleich: In den Jahren davor lagen die Zuwächse immer bei gut 1 bis 2%. Offenbar können viele Verbraucher immer noch nicht genug vom Wert mehrerer Brillen für Alltag und Beruf überzeugt werden.
Noch kritischer sieht die Entwicklung der verkauften Brillen-Stückzahlen aus, wenn man die Erfa-light-Statistiken hinzuzieht, die das ZVA monatlich von 250 bis 300 Betrieben erhebt und anonym auswertet. Demnach sinken die verkauften Brillen-Stückzahlen pro Teilnehmerbetrieb seit acht Jahren kontinuierlich.
Investitionsfreudige Augenoptik
Die Anzahl der augenoptischen Fachgeschäfte nahm ebenfalls weiterhin ab. Derzeit sind es geschätzte 11.700 Betriebe (2012: über 12.000). Dabei ist die Investitionsbereitschaft der Betriebe in zusätzliche Serviceangebote und optometrische Dienstleistungen inklusive technischer Gerät hoch: Laut einer aktuellen ZVA-Umfrage vom Februar 2018 (1.071 Teilnehmer) planen fast 32% der befragten Betriebsinhaber größere Investitionen im Jahr 2018, knapp 18% sind noch unentschieden. Darüber hinaus erwartet mehr als die Hälfte der Augenoptiker im laufenden Geschäftsjahr eine Umsatzsteigerung.
Problemfall kleine Betriebe
So weit so gut. Allerdings zeigen sich auch hier in Detail problematische Entwicklungen. So ist die Bereitschaft, in 2018 größere Investitionen vorzunehmen, gerade bei den kleinen Betrieben mit einem Jahresumsatz von bis zu 125.000 Euro (= 7,6% aller augenoptischen Betriebe) mit nur 7,8% am geringsten; bei den Augenoptikern mit bis zu 250.000 Euro Umsatz sind es fast 34%, bei den starken Betrieben (über 750.00 Euro Umsatz) sind es fast 55%.
„Je größer der Betrieb, desto stabiler steht er da und desto eher investiert er“, fasste ZVA-Vorstandsmitglied Thomas Heimbach zusammen. Umgekehrt heißt das eben auch: Betriebe mit wenig Umsatz, die eigentlich investieren müssten, laufen u.U. Gefahr, in eine Abwärtsspirale zu geraten.
Nach wie vor ist das Hauptgeschäft der stationären augenoptischen Betriebe die Brillenoptik, ihr Anteil am Gesamtbranchenumsatz stieg 2017 auf 82,8%. Bei der Kontaktlinsenoptik (7,1%) und der Handelsware (10,1%) sind die Umsatzanteile hingegen leicht geschrumpft. Das heißt jedoch nicht, dass beim Verbraucher kein Interesse an Kontaktlinsen bestünde. Gerade Pressemitteilungen des ZVA zur Kontaktlinse, so war in Potsdam zu erfahren, fanden im vergangenen Jahr bei der PR-Arbeit die größte öffentliche Resonanz.
Online-Handel an Wachstumsdynamik verloren
Beim Online-Handel mit Brillen setzte sich 2017 der Trend fort, dass viele der Anbieter dazu übergehen, auch stationär Brillen zu verkaufen. Das macht es schwieriger, die derart generierten Umsätze und Stückzahlen eindeutig einer Kategorie zuzuweisen. Insgesamt wurden über Online- und Multichannel-Vertriebswege 2017 etwa 830.000 Brillen verkauft, knapp 8% mehr als 2016. Der Gesamtumsatz in diesem Segment hat mit einem Plus von etwa 6% gegenüber den Vorjahren beim Wachstum nochmals an Dynamik verloren und betrug letztlich 0,261 Mrd. Euro (inkl. MwSt.), was einem Anteil von 4,3% am Gesamtbranchenumsatz entspricht.
Mario Zimmermann, Geschäftsführer bei b2planet und ehemals von Brille 24, zeigte in Potsdam, dass hier nicht die große Gefahr für den stationären Augenoptiker lauert, wohl aber eine Analyse der Branchenzahlen lohnt. Sein Vortrag über „Stärken, Schwächen und Potenziale des Online-Handels von Korrektionsbrillen“ beschäftigte die anwesenden Augenoptiker sehr.
Ausbildungsquote mit Spitzenwert
Rainer Hankiewicz, Vorsitzender des ZVA-Berufsbildungsausschusses, stellte den Berufsbildungsbericht 2017/18 vor, ein Zahlenwerk mit interessanten Details: Nach einer aktuellen Online-Befragung plant etwa jeder dritte Innungsbetrieb, für 2018 Personal einzustellen. Nur 20% gehen allerdings davon aus, dass die Suche nach geeigneten Mitarbeitern ohne Schwierigkeiten erfolgt. Selbst auszubilden, so ist zu lesen, ist also eine Strategie auch der Augenoptik, den Fachkräftebedarf langfristig und auf hohem Qualitätsniveau zu sichern.
Die weiterhin steigenden Ausbildungszahlen belegen diese Tendenz. Die Ausbildungsquote, das Verhältnis von tätigen Personen im Beruf zur Anzahl der Auszubildenden, stieg in der Augenoptik ebenfalls an und belegte im Jahr 2016 mit knapp 13,5% einen Spitzenwert im Vergleich zu anderen Berufen innerhalb und außerhalb des Handwerks.
Widerstand beim HHVG
Wichtiges Thema in Potsdam neben den Branchenzahlen war nicht zuletzt das Heil- und Hilfsmittelversorgungsstärkungsgesetz und die Regelungslücken, die es immer noch gibt. ZVA-Präsident Thomas Truckenbrod zeigt hier politisch Flagge: „Das HHVG selbst ist zwar die Wurzel des Übels, doch längst nicht mehr das Hauptproblem, es sind vielmehr seine Auswüchse wie die Verschärfung des Präqualifizierungsverfahrens und die unverhältnismäßige Bürokratie, die wir bekämpfen müssen, nun auch juristisch. Denn die Beanstandung der Hilfsmittelrichtlinie durch das Bundesgesundheitsministerium hat gezeigt: Widerstand lohnt sich!“
||| JUEB
Alle Charts finden Sie hier:
ZVA: Heimbach – aus dem Betriebswirtschaftlichen Ausschuss
ZVA: Truckenbrod – Branchenzahlen 2017