Digitale Pioniere der Augenoptik oder: Die E-Bike-Lektion
von Dr. Jürgen Bräunlein,
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
vor einer Woche trudelte mein neues E-Bike ein – im Paket, online bestellt. Nicht irgendein motorisiertes Zweirad, sondern der letzte Schrei namens VanMoof! Die integrierte Diebstahlschutz-Technologie heult sofort auf, wenn ein Unbefugter danach grabscht. Mehr noch: Der Algorithmus verfolgt gestohlene Räder „bis nach Casablanca“. Angeblich. In meinem Fall hat sich der Hersteller vertan. Denn die Kommunikation zwischen Drahtesel-KI und iPhone in der Tasche klappte auch nach drei Tagen nicht. Ich musste den letzten Schrei mit meinem uralten, rostigen Fahrradschloss anketten. So wurden wir in die analoge Welt zurückgepfiffen.
Doch Stopp! Ist es nicht schön, wenn sich digitale und analoge Welt so gut vertragen und ergänzen? Besonders, wenn eine von beiden ausfällt, wie wir es aktuell zu Corona-Zeiten erleben. Auf einmal konferieren wir dauernd per Video, bieten endlich online Termine an und nutzen virtuelle Brillenanproben länger, als wir dachten.
Die eyebizz-Edition „50 digitale Pioniere“ gewinnt damit noch mehr an Aktualität. Denn hinter aller Künstlichen Intelligenz, allen Algorithmen stehen Menschen mit Visionen, denen eyebizz eine Bühne bietet: Gründer, wie die von sipgate, Antreiber wie Micha S. Siebenhandl und gleich mehrere IT-Pioniere melden sich zu Wort.
Digitalisierungsprozesse sollten auch „Spaß machen“, so plädiert Ipro-Chef Martin Himmelsbach für weniger Verkrampftheit. Vertreter der „Generation App“ zeigen, wie sie die Branche ohne Schere im Kopf zu revolutionieren versuchen. Beim 3D-Druck in der Brillenherstellung schauen wir zurück und nach vorn, und vom Branchenführer unter den Filialisten wollten wir es ganz genau wissen: Was sind die kommenden Digitalisierungsstrategien? Wir bekamen interessante Antworten.
Es ringt Respekt ab, mit welchem Idealismus an digitalen Sehlösungen getüftelt wird, ganz egal, ob es sich um eine Datenbrille beim Sport oder um ein hilfreiches Tool für Pflegekräfte im Krankenhaus handelt. Oder der Augenoptiker aus der Schweiz, der mit seinem Zweipreis-System gegen preisaggressive Online-Konkurrenz auftrumpft, stationär und im Netz.
Aber auch Widersprüche gehören zum Sprung ins Digitale und damit in dieses Heft. Dr. Michaela Friedrich von der Ernst-Abbe-Hochschule Jena nimmt die Folgen für unser visuelles System in den Fokus, Marktforscherin Elke Dobisch aus München betrachtet die Vorzüge kontaktlosen Brillenkaufs aus der Perspektive empfindsamer Kunden.
Was das E-Bike betrifft, bleibt zu vermelden, Drahtesel und iPhone kommunizieren mittlerweile miteinander, der Algorithmus funktioniert. Dass ich mit dem Rad vorgestern einen Platten hatte, ist hingegen eine andere Geschichte.