Der Gesetzgeber sieht bis zum 1. Januar 2026 eine Anschlusspflicht der Leistungs-Erbringer für Hilfsmittel – inklusive Augenoptiker – an die Telematik-Infrastruktur vor, um die kompletten Versorgungs- und Abrechnungs-Prozesse im Gesundheitswesen zu digitalisieren. Vertreter der Gesundheits-Handwerke, darunter der ZVA, haben ihre Positionen Anfang Juni vorgebracht.
Vertreter der vier Gesundheits-Handwerke – Augenoptik, Hörakustik, Orthopädie- und Zahntechnik – haben sich bei einem Parlamentarischen Frühstück im Deutschen Bundestag am 5. Juni mit Abgeordneten verschiedener Fraktionen zum Thema Telematik ausgetauscht. Für den ZVA nahmen Präsident Christian Müller und Geschäftsführer Dr. Jan Wetzel teil.
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Im Anschluss haben die Gesundheits-Handwerke neben einer gemeinsamen Presse-Information eine Stellungnahme mit aus ihrer Sicht kritischen Punkten zur Telematik herausgegeben. Dies betreffe vor allem den Zugriff auf die Daten der elektronischen Patienten-Akte (ePA) durch die Gesundheits-Handwerke. Das Gesundheits-Ministerium habe ein solches Lese- und Schreibrecht von Grund auf abgelehnt.
„Aus unserer Sicht müssen Augenoptiker auf die ePA zugreifen können, um nicht nur Folgeversorgungen darin zu dokumentieren, sondern auch gegebenenfalls eine notwendige Änderung der Brillenwerte einer ärztlichen Verordnung. Für die Versorgungsqualität ist es außerdem sinnvoll, wenn bestimmte Informationen aus der Patientenakte einsehbar sind – dabei wird selbstverständlich der Datenschutz gewahrt, denn es geht immer um ein Zugriffsrecht mit Einwilligung des Versicherten“, fasst ZVA-Präsident Christian Müller zusammen.
So funktioniert die Telematik-Infrastruktur
Die Telematik-Infrastruktur (TI) in Deutschland gilt als sichere und standardisierte Plattform für den Austausch von Gesundheits-Informationen. Telematik verbindet Telekommunikation und Informatik, um eine nahtlose Kommunikation und den Austausch von Gesundheitsdaten zu ermöglichen. Die Qualität der Versorgung soll so erhöht, die Kommunikation zwischen den Akteuren im Gesundheitswesen verbessert werden.
Die TI umfasst verschiedene Anwendungen, darunter die elektronische Gesundheitskarte, die elektronische Patienten-Akte und das elektronische Rezept. Ziel ist eine integrierte, patienten-zentrierte Versorgung, die über institutionelle und sektorale Grenzen hinweg funktioniert. Für die Telematik-Infrastruktur ist die Gematik (Nationale Agentur für Digitale Medizin) verantwortlich.
Das Sozialgesetzbuch (SGB) V sehe bis zum 1. Januar 2026 eine Anschlusspflicht der Leistungserbringer für Hilfsmittel – inklusive Augenoptiker – an die TI vor. Ab dem 1. Juli 2027 gibt es darüber hinaus eine gesetzlich fixierte Annahmepflicht von eRezepten für Hilfsmittel. Um Zugang zur TI zu erhalten, müssen sich alle Akteure ausweisen. Dies geschieht bei den Hilfsmittel-Erbringern über einen elektronischen, personen-bezogenen Berufsausweis im Scheckkartenformat und die Institutionskarte (SMC-B) für den Betrieb sowie die Einrichtung eines E-Health-Kartenterminals.
Mittels eines Konnektors oder des voraussichtlich im Laufe dieses Jahres verfügbaren Telematik-Infrastruktur-Gateways erfolgt im zweiten Schritt die sichere Übermittlung der Daten beispielsweise von der Praxis zum Betrieb.
Testphasen und Pilotprojekt
Für die Ausgabe des Berufsausweises und der SMC-B für die Gesundheits-Handwerke entwickelt der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) derzeit ein Ausgabesystem über die Handwerkskammern. Die Tests dazu mit einzelnen Testbetrieben werden im zweiten Halbjahr 2024 anlaufen.
Zur Annahme des eRezeptes im Hilfsmittelbereich haben die Gesundheits-Handwerke ein Pilotprojekt mit der Firma Opta Data ins Leben gerufen, um den Prozess zu verschlanken und die Umsetzung so einfach und praktikabel wie möglich zu gestalten. Für die Sehhilfen-Verordnung (Muster 8/8a) soll in den kommenden Wochen ein Feldtest Aufschluss über praktische Erfahrungen und ggf. nötige Korrekturen geben. Letztlich ist zwar die Gematik für die Ausgestaltung der Umsetzung verantwortlich, durch die Vorarbeiten soll dieser jedoch eine praktikable Vorgehensweise für die Umsetzung der eVerordnung vorgeschlagen werden.
Finanzierung der Anbindung
Das SGB V sieht vor, dass die Ausstattungs- und Betriebskosten für die Anbindung an die Telematik-Infrastruktur durch die gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Hierzu sollten schon Anfang 2024 Verträge geschlossen sein. Dies hat der GKV-Spitzenverband nun nochmals verschoben mit dem Argument, dass „aktuell weder die technischen Rahmenbedingungen durch die Gematik geklärt noch … technisch sowie organisatorisch geklärt (ist), wie sich die Hilfsmittel-Erbringer in der TI ausweisen können.“
Dies ändere jedoch nichts an der grundsätzlichen Verpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen, die Kosten der Leistungs-Erbringer für die TI zu finanzieren, sobald diese Punkte geklärt sind. Ob die Finanzierung durch die Krankenkassen die kompletten Kosten abdecken wird, sei derzeit jedoch noch nicht abzusehen – insbesondere vor dem Hintergrund des geringen Krankenkassen-Umsatzes für präqualifizierte Betriebe sei der Aufwand für die Umstellung zunächst hoch. Allerdings werde die Entwicklung insgesamt nicht aufzuhalten sein: Es ist das ausdrückliche Ziel des Gesetzgebers, die Versorgungs-Prozesse im Gesundheitswesen bis zur Abrechnung künftig elektronisch abzuwickeln.