Seit nunmehr zwei Jahren leitet Ronald Mayrhofer als Geschäftsführer die Geschicke der „Fachoptiker eGen“ und damit der Genossenschaft der Firstoptiker und Firstakustiker in Österreich. Von Wien aus blickt der Endvierziger auf eine erfreuliche Entwicklung, sowohl die Mitgliederzahl als auch Umsatz und der Geschäftserfolg seien gewachsen. Bald schon sollen 100 unabhängige Augenoptiker der 1980 gegründeten Genossenschaft angehören. In den vergangenen Jahren habe es durch neue Herausforderungen immerzu neue Aufgaben für die Gruppe gegeben, und der Blick über unseren Tellerrand und über die Alpen lohnt sich schon deswegen, weil die dortigen Themen mit unseren nahezu identisch sind.
Das Image einer Genossenschaft passt auf den ersten Blick eher nicht zu zeitgemäßen und modernen Unternehmenskonzepten, dessen ist sich auch der seit 24 Jahren der Augenoptik präsente Geschäftsführer bewusst. Ronald Mayrhofer lernte die Branche im Außendienst kennen, startete im Fassungsbereich und war dann bei einigen unterschiedlichen Stationen und in diversen Verantwortungsgebieten hauptsächlich im Brillenglas-Sektor tätig. Mayrhofer hat das postgraduale Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Alpen Adria Universität in Klagenfurt erfolgreich absolviert und blickt seinerseits gerne über Landesgrenzen hinweg, um seine anvertrauten Betriebe als Servicepartner erfolgreich in die Zukunft zu bringen.
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eyebizz-Chefredakteur Ingo Rütten hat Mayrhofer im Interview einmal über die Schulter geschaut, auch um zu erfahren, ob er trotz oder wegen der Genossenschaft an den Erfolg der Firstoptiker glaubt.
eyebizz: Herr Mayrhofer, haben Sie 2022 die Geschäftsführung der Firstoptiker/ Firstakustiker übernommen, weil es eine Genossenschaft ist oder trotzdem?
Ronald Mayrhofer: Weil! Klar, heute sind Genossenschaften beliebter denn je – denken wir an die vielen neuen Energiegenossenschaften. Aber wir sind die einzige in der österreichischen Augenoptik. Sie wirken möglicherweise zunächst etwas antiquiert, aber sie bieten einen großen Mehrwert, der auch und insbesondere für Existenzgründer sehr wertvoll ist. Wenn man sich unser Programm und unser zeitgemäßes, modernes Unternehmenskonzept ansieht, dann fällt der Staub vom Image schnell ab.
Sie sagen, in Zukunft brauche der unabhängige Augenoptiker mehr „central power und services“. Was konkret meinen Sie damit?
Wir befinden uns in einer Zeit der schmelzenden Gewinne. Die Kosten im unternehmergeführten Augenoptikbetrieb sind um über 20 Prozent in den letzten beiden Jahren angestiegen und die Umsätze auf der anderen Seite zwar angewachsen, aber noch nicht in einem vollkommen gesunden Verhältnis. Wir sorgen mit unseren betriebswirtschaftlichen Guidelines für die Power, sich erfolgreich zu positionieren, auch in diesen Zeiten eine geeignete Strategie zu finden und seiner Mission zur Folge zu agieren.
Können Sie uns hierzu Beispiele nennen?
Wir möchten die Einstärkenbrillen-Flucht beim unabhängigen Augenoptiker stoppen. Wir müssen die Kontaktlinse neu denken, die Dienstleistung gerade in dieser Hinsicht stärken, sie mit der Brille verlinken und Abos möglich machen. Und wir richten die Unternehmenskommunikation individuell passend auf die Betriebe aus. Es gibt viele Trends, die wir intern in der Gruppe diskutieren.
Welche Trends haben Sie ausgemacht?
Da gibt es etliche. Um mal spontan einige zu nennen: Die Abo-Überlegungen bei Brille und Kontaktlinse. Die digitale Kommunikation, die noch nicht wirklich überall gut funktioniert. Häufig genug sind die Betriebe mit der Mailingpostkarte besser bedient, ganz gewiss wird die physische Post wieder an Bedeutung gewinnen. Und dann der Verkauf, hier erwartet der Verbraucher sicher mehr, als die exzellenten Handwerker in der Augenoptik pauschal zu leisten imstande sind. Und nicht zuletzt das Thema Telemedizin, das zukünftig noch stärker werden wird.
Bei allen unseren Marketing- und POS-Konzepten steht aber im Vordergrund, das sie auf den jeweiligen Betrieb abgestimmt sind, um sichtbare Erfolge zu bringen. Auch Lösungen, die universell für die Gruppe angeboten werden, können nach Belieben in Anspruch genommen werden. Wir vergleichen das gerne mit einem „Feinkostladen“, man nehme das, was schmeckt. So wird die Individualität gestärkt und bleibt erhalten.
Sie schauen gerne über Landesgrenzen hinweg, möchten Sie expandieren, vielleicht sogar zu uns nach Deutschland?
Nein, diese Hoffnung kann ich Ihnen nicht machen. Wir expandieren, aber nur in Österreich. Und dazu schauen wir uns die Entwicklungen und Lösungen in anderen Märkten genau an, schaffen Netzwerke, sammeln Best-Practise-Beispiele – im Ausland, aber natürlich auch bei uns in Österreich.
In Ihrem Claim findet sich die Unterzeile „Wir sind die Guten.“ Wer sind denn die Schlechten?
Das soll ja nicht automatisch bedeuten, dass es Schlechte gibt. Wir möchten damit unsere Stärken herausstellen. Der Drang, sich weiter zu entwickeln, ist bei uns sehr stark ausgeprägt. Der zweite, wesentliche Aspekt ist, dass in einer Genossenschaft neben einer gänzlichen Transparenz erwirtschaftete Gewinne in der Gruppe verbleiben und somit alle Genossenschaftsmitglieder profitieren.
Um besser durchblicken zu können, gewähren Sie uns einen kleinen Einblick in den österreichischen Markt?
Es gibt rund 1.150 Betriebe. Von den Stückzahlen entfällt nur noch ein Drittel auf die unabhängigen Augenoptiker, Tendenz fallend. Hartlauer, Fielmann und Pearl/Apollo teilen sich mit über 300 Filialen etwa 70 Prozent des Kuchens. Das Fachkräfteproblem ist bei uns existent, jedoch meist lösbar – aber die Unabhängigen müssen sich attraktiv für die Verbraucher machen. Deswegen ist der Zusammenhalt, das gegenseitige Partizipieren von nahezu unendlichem Know-How und vor allem der in der Genossenschaft auf Augenhöhe stattfindende Austausch enorm wichtig. Bei uns sind ja alle Mitglieder zugleich demokratisch gleichwertige Anteilhaber an der Genossenschaft.
Dabei stehen wir permanent durch diverse Gremien unter Kontrolle, ein doppeltes Sicherheitssystem sorgt für maximale Sicherheit für die Mitglieder, die sich mit ihrem Kapital und Geschäftsanteilen in die Genossenschaft eingebracht haben. In einer Genossenschaft haben die Mitglieder auch selber die Möglichkeit der Einsichtnahme. Diesen Informationszugang bekommt man bei anderen Gesellschaftsformen in dieser Tiefe nicht. Somit haben die Genossenschaftsmitglieder die Sicherheit, dass ihre Gelder ausschließlich gemäß den Satzungen der Genossenschaft verwendet werden.
Sie haben eben die Telemedizin und die klinischen Optometristen genannt. Wie ist diesbezüglich die Ausrichtung der Firstoptiker?
Zuallererst: Wir setzen keine optometrische Ausrichtung für unsere Mitglieder voraus. Aber die Telemedizin ist gekommen, um zu bleiben. Wir sorgen für den Schulterschluss von Augenärzten und Augenoptikern, die kooperieren wollen. Wir haben auch Epitop mit den bekannten Möglichkeiten bei uns an Bord. Wir unterstützen die Betriebe, die diesen Weg gehen möchten, aber es gibt genauso gut Betriebe, die keine Optometrie anbieten möchten.
Also kann jeder Betrieb unabhängig seiner Ausrichtung Genossenschaftsmitglied werden?
Jeder, der über ein Gewerbe verfügt und einen Augenoptikermeister vorweisen kann. Und der von einem örtlich nahen Genossenschaftsmitglied als neues Mitglied akzeptiert wird, denn unsere bestehenden Mitglieder haben insofern ein Mitspracherecht.
Firstoptiker sucht Mitglieder, die selbstständig denken und mitgestalten wollen. Etwas provokativ gefragt, gibt es davon genug in Österreich, sodass die Gruppe noch wachsen kann?
Um es mit einem Zitat unseres ehemaligen Vizekanzlers, DI Josef Kröll, zu beantworten: „Wir wünschten uns mehr“. Die Gemeinschaft lebt von der Energie eines jeden Einzelnen. Wir haben Komitees aus Spezialisten gegründet, die sich wiederkehrend online treffen, um spannende Themen für alle voran zu treiben. Und ja, es gibt viele Betriebe, die sich uns anschließen möchten und genügend, um in Österreich zu wachsen.
Hört man sich um, dann sind offensichtlich die gemeinsamen Reisen unter den Mitgliedern besonders beliebt.
Ja, Firstoptiker und Firstakustiker ziehen beruflich und privat an einem Strang. Unsere Gruppenreise mit etwa 40 Teilnehmern in unterschiedliche Gegenden findet jährlich statt. Im vergangenen Jahr waren wir in Andalusien, heuer geht es in die Normandie. Der berufliche Zusammenhalt innerhalb der Genossenschaft ist ein wesentlicher Faktor für die unternehmerischen Erfolge der Mitglieder.
Ist das nicht etwas übertrieben?
Nein, tatsächlich sind die familiäre Ausrichtung und das Miteinander neben dem beruflichen Zusammenhalt wesentlich. Der Austausch untereinander stärkt die Gemeinschaft und damit das gemeinsame Vorankommen in der Branche. Das könnten wir alleine mit vier Köpfen in der Geschäftsstelle von Wien aus gar nicht bewerkstelligen.
/// Die Fragen stellte Ingo Rütten.
Artikel aus der eyebizz 5.2024 (August/September/Oktober)