Unternehmensnachfolge - Vater und Sohn - Dieses Mal:
Günther und Marc Fielmann – Die Marktführer
von CH,
Eine Karriere wie aus dem Bilderbuch und immer steil nach oben. So liest sich die berufliche Vita des 78-jährigen Firmenpatriarchen Günther Fielmann. Nach seinem Abschluss als staatlich geprüfter Augenoptiker und Augenoptikermeister 1965 arbeitete der Norddeutsche bei Essilor und Bausch und Lomb. Vom Einzelkämpfer in Cuxhaven (1972 Geschäftseröffnung) arbeitete sich der Sohn eines Lehrers mit der Fielmann AG zur Nummer eins der Augenoptik herauf. Auf diesem Weg darf man seine Inspirationen nicht verlieren.
eyebizz: Wo finden Sie Inspiration und Ausgleich?
Anzeige
Günther Fielmann: Ich finde Ausgleich und Inspiration in der Natur. Der ökologische Landbau, die Tierzucht gefährdeter Haustierrassen, die Landschaftspflege und der Naturschutz sind ein wichtiger Teil in meinem Leben.
Seit 2012 hat Ihr Sohn Marc begonnen, sich im familieneigenen Unternehmen zu engagieren. Welches sind aus Ihrer Sicht die grundsätzlichen Herausforderungen, sich im elterlichen Betrieb zu bewähren?
Meinen Sohn und mich verbindet nicht nur unsere kundenorientierte Philosophie, sondern auch eine sehr ähnliche Arbeitsethik. Probleme sprechen wir an und lösen sie gemeinsam. Wir haben uns eigentlich nie gestritten.
Sie haben bei anderen Gelegenheiten gesagt, dass Sie mit 80 nicht mehr an der Spitze stehen wollen. Ihr Sohn ist seit drei Jahren im Vorstand der Fielmann AG, seit Mitte April Co-Vorstandsvorsitzender. Was hilft Ihnen, aus dem vollen beruflichen Leben zurückzutreten?
Fielmann ist am besten in Familienhand aufgehoben. Der jetzige Schritt zur Doppelspitze ist die konsequente Fortführung meiner bereits seit Langem verfolgten Nachfolgeplanung. Wir sind dem Aufsichtsrat dankbar, dass er uns fortwährend unterstützt und den Beschluss einstimmig gefasst hat.
Fielmann wurde in Zeiten groß, als der augenoptische Markt überschaubarer war als heute. Hat es die Nachfolger-Generation heute schwerer?
Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen. Wenn wir unserer strikt kundenorientierten Philosophie treu bleiben, wird Fielmann auch in Zukunft erfolgreich sein.
Was können Sie noch oder haben Sie schon von Ihrem Sohn gelernt? Was die Branche betrifft – aber auch ganz grundsätzlich?
Marcs Ausbildung war sehr international. Durch seine Erfahrungen in anderen Unternehmen im Ausland brachte er neue Ideen bei Fielmann ein. Die Fielmann Ventures, die Expansion nach Italien und die Kontaktlinsen-App sind gute Beispiele. Wenn er unsere kundenorientierte Philosophie weiterhin im Blick behält, mache ich mir wenig Sorgen um die Zukunft.
Marc Fielmann (28) ist als Sohn von Heike und Günther Fielmann mit Brillen groß geworden. Nach der 10. Klasse Gymnasium in Ahrensburg bei Hamburg machte er auf dem Elite-Internat Schloss Salem mit 17 sein Abitur. Es folgte ein Wirtschaftsstudium an der London School of Economics. Dann sammelte er berufliche Erfahrungen mit Praktika im In- und Ausland, sowohl in der Optikbranche – Safilo und Luxottica – als auch in anderen Wirtschaftsbereichen.
2012 hat Marc Fielmann begonnen, das Geschäft in der Familienfirma von der Pike auf zu lernen. Er absolvierte eine augenoptische Ausbildung, ohne aber eine handwerkliche Prüfung abzulegen, und arbeitete in mehr als 50 Filialen, bediente Tausende von Kunden. Zurück in der Hamburger Verwaltung verantwortete er diverse Projekte. Zu Beginn des Jahres 2016 wurde Marc Fielmann in den Vorstand berufen, seit 12. April 2018 ist er als Co-Vorstandsvorsitzender für die Bereiche Marketing und Öffentlichkeitsarbeit sowie die operative Geschäftsführung verantwortlich.
eyebizz: Seit wann haben Sie die Gewissheit gehabt, in das Unternehmen Ihres Vaters einsteigen zu wollen?
Marc Fielmann: Ich bin in unserem Familienunternehmen aufgewachsen. Die Möglichkeit bestand somit seit Kindheitstagen. Ich habe mich im Ausland und in anderen Unternehmen ausprobiert. Letztlich habe ich aber festgestellt: Für mich ist die Aufgabe bei Fielmann ein Glücksfall.
Und was hat Sie daran fasziniert?
Erstens helfen wir als Augenoptiker Menschen. Zweitens haben wir eine kundenfreundliche Philosophie, wie ich sie selten bei einem anderen Unternehmen angetroffen habe. Das finde ich sehr erfüllend. Drittens sehe ich für das Unternehmen große Chancen, sowohl in der Internationalisierung als auch in der Digitalisierung.
Sie haben Augenoptik von der Pike auf gelernt und selbst an die 1.000 Brillen verkauft. In absehbarer Zeit werden Sie die Führung des gesamten Konzerns übernehmen. Welche Erfahrungen im eigenen Unternehmen, aber auch während oder nach Ihrem Abschluss an der London School of Economics oder bei Praktika im In-und Ausland haben Sie am meisten geprägt?
Meine augenoptische Ausbildung im Unternehmen und die Arbeit in den Niederlassungen waren sicher sehr hilfreich. Von unseren Augenoptikern habe ich viel gelernt – über das Tagesgeschäft und als Mensch. Meine akademische Ausbildung, die Tätigkeit in anderen Unternehmen und die langjährige Zusammenarbeit mit den Vorstandskollegen und meinem Vater qualifizieren mich für meine Tätigkeit. Noch bis heute leiten mich die Ratschläge meiner Eltern, aber auch die unserer Niederlassungsleiter.
Fielmann pflanzt für jeden Mitarbeiter jedes Jahr einen Baum, bis heute mehr als eine eineinhalb Millionen Bäume. Was bedeutet Ihnen dieser Wald?
Nachhaltigkeit ist für Fielmann schon seit Jahrzehnten ein Thema, lange bevor es in den Fokus der Medien und Kapitalmärkte rückte. Wir sind ein Familienunternehmen, denken in Generationen, übernehmen Verantwortung für unsere Kunden, unsere Mitarbeiter und für die Gesellschaft. Der Baum ist Symbol des Lebens. Als Unternehmen möchten wir etwas von dem zurückgeben, was wir durch die Gemeinschaft empfangen.
Was können Sie noch oder haben Sie bereits von Ihrem Vater gelernt? Was die Branche betrifft – oder ganz grundsätzlich?
Mein Vater hat die Diskriminierung per Sozialprothese abgeschafft, Brillenmode demokratisiert. Das ist seine historische Leistung.
Unsere Kunden stammen aus allen Altersgruppen. Insofern sind unsere 50 Jahre Altersunterschied ein entscheidender Wettbewerbsvorteil: Wir kennen die Bedürfnisse von Generationen, verbinden Erfahrung mit Innovation – den Vorteil haben unsere Kunden.
// CH
Aktuelle Eckdaten der Fielmann AG
Leitsatz: „Der Kunde bist Du.“
rund 1,163 Milliarden Euro Umsatz (netto), Umsatzrendite vor Steuern 19,0 Prozent in 597 Filialen und 18.522 Mitarbeiter
rund 24 Millionen Menschen tragen laut Unternehmen eine Brille von Fielmann. In Deutschland verkauft man demnach mit rund fünf Prozent der augenoptischen Fachgeschäfte jede zweite Brille. Europaweit betreibt Fielmann 723 Niederlassungen – in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Luxemburg, den Niederlanden – aber auch in Polen, Lettland, Litauen, Weißrussland und in der Ukraine.