Insbesondere die Augenoptik verfügt über viele ExpertInnen wie SpezialistInnen, denn eine Unterscheidung im Gebrauch der beiden Benennungen gibt es wohl nicht. Jemand, der eine Spezialisierung vorweisen kann, darf sich Experte nennen. Problem: Allein aus der Bezeichnung kann niemand eine objektive Qualität der Arbeit von Spezialist oder Experten ableiten.
Eine vergleichbare Anerkennung, eine Einordnung des Experten-Status ist von Nöten – und natürlich: sie gibt es. Vielfach. Beispielsweise sorgt die WVAO (Wissenschaftliche Vereinigung für Augenoptik und Optometrie) mit ihren mittlerweile sechs Gütesiegeln dafür, dass sich ein zertifizierter Experte von einer sich Spezialistin nennenden Kollegin abgrenzen kann.
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Ein Spezialist ist eine Person, die über überdurchschnittlich umfangreiches Wissen auf einem Fachgebiet oder über spezielle Fähigkeiten verfügt. Solche Experten sind auf der Grundlage fachlichen Wissens und Könnens imstande, „Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig zu lösen und das Ergebnis zu beurteilen“.
So sagt es Wikipedia, und gewiss meint die freie Online-Enzyklopädie nicht nur die männlichen Spezialisten mit dieser Erklärung.
Und die Spezialisierungen des ZVA (Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen) sind vielleicht weniger im Fokus der Branche, sie aber kommen dafür mit einem akkuraten Regelwerk daher: die „Richtlinien für die Verwendung von Spezialisierungs-Hinweisen im Augenoptiker-Handwerk“.
Low Vision, Sportoptik und Kontaktlinsen
Der ZVA kommt mit den drei Spezialisierungen eher schmucklos rüber. Dass es aber durchaus die Möglichkeit zur Spezialisierung in den drei Disziplinen – Low Vision, Sportoptik und Kontaktlinsen – gibt, machen die Anforderungen dafür deutlich. Die Zertifizierungen der WVAO sorgen laut der Vereinigung für Sicherheit und Vertrauen beim Verbraucher.
„Durch das klar definierte Qualitäts-Management und die Prüfung durch die WVAO als unabhängige Vereinigung werden die Gütesiegel als Auszeichnung für Kompetenz wahrgenommen“, heißt es auf der WVAO-Website. Zugleich werden die zertifizierten Expertinnen und Experten „über verschiedene Kanäle sichtbarer, beispielsweise durch die Präsentation auf unseren Webseiten. Dadurch werden Sie als Augenoptiker und Optometrist präsenter und potenzielle Neukunden werden auf Sie aufmerksam.“
Nun mag man darüber streiten können, wie viele Verbraucher sich auf die Website wvao.org verirren, aber klar ist, dass die WVAO ein Konzept verfolgt, um den besonders ambitionierten Fachleuten unserer Branche ein klares Profil zu schaffen und für sie eine Differenzierung gegenüber Mitbewerbern zu erreichen.
Die GOL (Gütegemeinschaft Optometrische Leistungen) verfolgt einen sehr ähnlichen Ansatz, ohne unterschiedliche Gütesiegel, sondern allein mit dem bei Verbrauchern möglicherweise besser bekannten RAL-Gütezeichen. Die GOL stellen wir noch gesondert vor (eyebizz-Artikel dazu).
Von der Gütegemeinschaft ist der Weg zum ZVA äußerst kurz. Dagegen sind die Arbeits- und Qualitäts-Richtlinien für Augenoptik und Optometrie des Bundesinnungs-Verbands eher lang, weil in vielerlei Hinsicht ein besonderes Regelwerk. Für die Spezialistinnen und Experten ist Anhang 4 interessant, wenngleich er erst auf Seite 126 der aktuellen Ausgabe zu finden ist. Die „Richtlinien für die Verwendung von Spezialisierungs-Hinweisen im Augenoptiker-Handwerk“ regeln die Voraussetzungen für den Erhalt der zwei Jahre gültigen Urkunde als ZVA-Spezialist.
Fachliche und betriebliche Voraussetzungen
Die fachlichen und betrieblichen Voraussetzungen sollten aber auch interessant sein, wenn man gar nicht vorhat, sich einer Prüfung zum ZVA-Spezialisten und der damit verbundenen Verpflichtung zur fortlaufenden Weiterbildungs-Pflicht zu unterziehen. Grundsätzlich gilt beim ZVA: „Besondere praktische Erfahrungen im Spezialgebiet liegen vor, wenn diese das Maß der Qualifikationen im Spezialgebiet erheblich übersteigen, die üblicherweise durch berufliche Fortbildungen und praktische Erfahrungen im Beruf vermittelt oder erlangt werden.“ Die Spielregeln für einen „Spezialist für Kontaktlinsen“ des ZVA finden Sie weiter unten.
Egal, ob WVAO-Gütesiegel oder ZVA-Spezialisierungs-Urkunde. Die Beispiele dienen letztlich nur zur Dokumentation nach außen, dass das „Zeug zum Spezialisten“ tatsächlich in dem Betrieb vorhanden ist, in dem Siegel oder Urkunde an Tür oder Wand hängen. Nicht mehr, gewiss nicht weniger.
/// IR
Spezialist für Kontaktlinsen
Für die Verwendung „Spezialist für Kontaktlinsen“ gelten ergänzend folgende Bedingungen:
1) Besondere praktische Erfahrungen im Bereich Kontaktlinsen liegen vor, wenn der Antragsteller innerhalb der letzten zwei Jahre eigenverantwortlich mindestens 100 Anpassungen nach den „Indikationen für die Versorgung mit individuell gefertigten Kontaktlinsen“ durchgeführt hat, davon mindestens 50 Anpassungen mit formstabilen Kontaktlinsen.
2) Die Betriebsstätte verfügt über die in den gültigen Arbeits- und Qualitäts-Richtlinien für Augenoptik und Optometrie genannten Ausstattungen hinaus über die folgende zusätzliche Ausstattung:
Hornhaut-Topograph
Nachbearbeitungs-Einheit
Messlinsensatz für individuell gefertigte weiche Linsen
Zwei Messlinsensätze für formstabile Linsen (asphärisch/mehrkurvig)
Messlinsensatz für torische Weichlinsen-Anpassung
Messlinsensatz für Mehrstärken-Linsen
Messlinsensatz für vorderprismatische formstabile Linsen
Messlinsensatz für rücktorische Linsen (formstabil)
Messlinsensatz für Keratokonus-Linsen
Messlinsensatz (formstabil) für Korrektion Ametropie > +/– 10 dpt
Messlinsensatz (weich) für Korrektion Ametropie > +/– 10 dpt
Messlinsensatz für Irislinsen
Spaltlampen-Mikroskop mit mindestens 36-facher Vergrößerung und der Möglichkeit zur Dokumentation von Bildern und Videos
Geräte zur Überprüfung der Kontaktlinsen-Parameter (Durchmesser, Radius, Stärke und optische Qualität)
Zusätzlich ist der Nachweis von 20 Weiterbildungs-Punkten im Bereich Kontaktlinsen erforderlich, die innerhalb von 24 Monaten vor Antragstellung erlangt worden sein müssen.