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Bilanzpressekonferenz bei Fielmann

Im Interview mit Marc Fielmann: Digitalstrategie und stete Expansion

1972 gegründet, steht Fielmann unangefochten an der Spitze des Brillenlandes Deutschland. Marc Fielmann (29), seit 2018 zweiter Vorstandsvorsitzender, hielt am 29. April in der Konzernzentrale in Hamburg seine erste Bilanzpressekonferenz ohne den Firmengründer, seinen Vater, und spannte den Bogen in die Zukunft. Jürgen Bräunlein war für eyebizz vor Ort.

„Jeder Superlativ reizt zum Widerspruch“, meinte Bismarck. Beim Branchenprimus hätte er da viel zu tun. Die Zahlen, die Marc Fielmann auf der Bilanzpressekonferenz den Fachjournalisten vorstellte, waren fast zu schön, um wahr zu sein: 2018 hat das börsennotierte Familienunternehmen gut acht Millionen Sehhilfen verkauft, der vergleichbare Umsatz einschließlich Mehrwertsteuer lag bei 1,65 Milliarden Euro. Das heißt: Zum 14. Mal in Folge ist der Jahresumsatz gestiegen, die ausgeschüttete Dividende ebenfalls – auf jetzt 1,90 Euro. Im Heimatmarkt Deutschland verkauft Fielmann derzeit mehr als jede zweite Brille. Und im ersten Quartal dieses Jahres ging der Aufstieg wie selbstverständlich weiter: Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres stieg der Absatz um 3,4 Prozent.

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Vater und Sohn verkörpern selbst Superlative. Mit 29 Jahren ist Marc Fielmann der jüngste Vorstandschef unter Deutschlands großen börsennotierten Unternehmen, Firmenpatriarch Günther, mit 79 Jahren hingegen der Älteste im Ranking. Dem abwesenden Senior, so erfuhr man vom Thronfolger, gehe es seinem Alter entsprechend gut – „Er wird demnächst 80 Jahre jung, und wie Sie vielleicht auch wissen, waren öffentliche Auftritte nie sein allerliebstes Ding.“

Liquide Mittel: über 300 Millionen Euro

Mehr Persönliches war Marc Fielmann auf der Pressekonferenz nicht zu entlocken, souverän arbeitete er den Geschäftsbericht ab und beantwortete anschließende Fragen ohne jedes Stocken. „Mit über 300 Millionen Euro an liquiden Mitteln ist Fielmann in der Lage, Akquisitionen auch ohne Fremdkapital zu realisieren”, erklärte er selbstbewusst. Bislang ist das Unternehmen außerhalb des deutschsprachigen Raums (700 Filialen) vor allem in Italien (21) und Polen (20) vertreten. Bis 2025 sollen es Italien 80, in Polen 50 Geschäfte werden. Bis 2025 will man in fünf weitere Länder expandieren, Genaueres wurde nicht verraten.

In diesem und nächstem Jahr sollen insgesamt 200 Millionen Euro in die Modernisierung der Niederlassungen, die Expansion und vor allem auch in die Digitalisierung investiert werden. Anders als Fielmann Senior, der sich aus dem aktuellen Tagesgeschäft zurückgezogen hat, zunächst aber zweiter Vorstandsvorsitzender neben seinem Sohn bleibt, setzt der 29-jährige Sohn stärker aufs Internet. Bereits seit vergangenem Jahr können Fielmann-Kunden Nachbestellungen von Kontaktlinsen über Smartphone-App tätigen. Was die Digitalisierung betrifft, sieht der Junior das Unternehmen „dem Wettbewerb um Jahre voraus.“

Vision 2025“

Im Zuge der vorgestellten Digitalstrategie will Fielmann innovative Technologien zur Marktreife zu bringen, die eine individuelle Brillen-Anpassung möglich machen. Dabei arbeitet man derzeit in 35 Projekten mit mehr als 200 Entwickler zusammen – die Zahl soll deutlich aufgestockt werden.

Am weitesten ausgereift ist die 3-D-Anprobe auf Basis von Augmented Reality, die Fielmann mit Fitting Box entwickelt hat, laut Unternehmensangabe dem führenden Entwickler digitaler Brillenanpassung. Fielmann ist derzeit mit rund 20 Prozent an dem französischen Unternehmen beteiligt. Schon in diesem Jahr sollen Kunden in Filialen mithilfe digitaler Spiegel Brillen per Computeranimation anprobieren können. Einen ersten Testlauf gab es in Österreich. Geplant ist zudem die Möglichkeit einer solchen virtuellen Anprobe am heimischen PC.

Brillenanpassung bald auch online?

Auch für den nächsten logischen Schritt, einer Anpassung von Brillenmodellen an die Kopfform des Kunden, hat Fielmann bereits Patente oder ist dabei, Patente anzumelden. Technologische Schwierigkeiten ergeben sich derzeit, wie man erfuhr, bei der großen Menge an Daten, die verarbeitet werden müssten, und an der Qualität der Kameras. Brillenanpassung am Smartphone ist auch aus diesen Gründen derzeit kein Thema. Zum Online-Sehtest äußerte sich der Juniorchef eher zurückhaltend. Lediglich die objektive Sehstärkenbestimmung werde demnächst per Computer möglich sein: „Die individuelle Bestimmung und damit der komplette Test werden jedoch erst in ferner Zukunft technisch machbar sein“, so der Junior.

Kein Online-Brillenverkauf geplant

Die Zukunft liegt, das wurde mehrfach betont, in der Verbindung von persönlicher Beratung und digitalem Service. Anders als Wettbewerber wie Mister Spex wird man auf Jahre hinaus keinen reinen Onlineverkauf von Brillen anbieten. Auch nicht von Sonnenbrillen. „Die Lösung ist für uns nicht der Onlineshop, sondern es ist eine Kombination aus Optikergeschäft und Internet“, so Marc Fielmann mit Nachdruck. Demnächst sollen Fielmann-Kunden allerdings online Termine buchen können, in 40 Filialen wird das gerade getestet. Bislang eine Wachstumsbremse, so Marc Fielmann: „Hunderttausende Kunden verlassen unsere Läden wieder, weil sie zu lange warten müssen.“

Die veröffentlichten Zahlen, aber auch die verkündete Digitalstrategie 2025 kamen an der Börse so gut an, dass die Fielmann-Aktie daraufhin zeitweise um mehr als zwei Prozent stieg. Das Vertrauen in das weitere Wachstum des Konzerns hat offensichtlich auch mit dem souveränen Auftritt des hochgewachsenen jungen Vorstandes mit dem akkuraten Scheitel zu tun, der wohl bald allein Chef über knapp 20.000 Mitarbeiter sein wird.

Fielmann AG: Marc Fielmann
Marc Fielmann ist jetzt gleichberechtigter Vorstandsvorsitzender (Bild: Fielmann AG)

Nachgefragt bei Marc Fielmann:

eyebizz: Was war im vergangenen Jahr Ihre größte berufliche Herausforderung?

Im Zeitalter der Digitalisierung und der Globalisierung verändern sich Verhalten und Wünsche der Kunden immer schneller. Die größte Herausforderung ist es, den neuen Wünschen gerecht zu werden. Das gilt in unseren Niederlassungen – in denen ich anderthalb Jahre mitgearbeitet habe – genauso wie jetzt in meiner Funktion als Vorstandsvorsitzender.

Was fasziniert Sie als Digital Native am meisten am digitalen Zeitalter?

In der heutigen Zeit beobachten wir eine exponentielle Entwicklung von Technologie und den damit verbundenen Möglichkeiten. Viele dieser Schlüsseltechnologien werden auch unsere Branche grundlegend verändern, so zum Beispiel die 3D-Anprobe, die millimetergenaue 3D-Anpassung und der Online-Sehtest. Darum haben wir 2012 die Fielmann Ventures gegründet und Millionen in diese Technologien investiert. Integriert in unser Omnichannel-Geschäftsmodel verbinden wir augenoptische Fachkompetenz mit digitalen Services und erschaffen den Online-Brillenkauf in Fielmann-Qualität.

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Mit der Vision 2025 tragen wir unsere kundenorientierte Philosophie in die digitale Zukunft und ins angrenzende europäische Ausland. Bis 2025 wird Fielmann Marktführer in Kontinentaleuropa sein, jede vierte Brille abgeben und 2,3 Milliarden Außenumsatz erwirtschaften. So gestaltet Fielmann die augenoptische Branche in Europa zum Vorteil für die Kunden.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Der heiratet dieses Wochenende.

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