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GfK Consumer Index vom Februar

Konsumverhalten ändert sich

Der aktuelle Consumer Index der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) vom Februar verzeichnet eine Abnahme der Rentnerhaushalte trotz Alterung der Gesellschaft: Diese scheinbare Paradoxie hat Auswirkungen auf das Konsumverhalten. Dabei lassen sich besonders drei Trends ausmachen: Solo Going Professionals, Silver Professionals und Late Motherhood.

Irgendwann beschäftigen sich Menschen naturgemäß mit dem Älterwerden, so manch einer schreibt auch ein Buch darüber. „Alt werden ist nichts für Feiglinge“, hat der Schauspieler „Blacky“ Fuchsberger seinen Beitrag dazu genannt, der Kabarettist Dieter Hildebrandt wollte „Nie wieder achtzig“ sein.

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Darüber können andere nur schmunzeln: Rund 17.000 Menschen in Deutschland waren 2014 über hundert Jahre alt. Allein das ist schon eine beeindruckende Zahl. Und sie wird noch eindrucksvoller, wenn man bedenkt, dass es im Jahr 2000 „erst“ sechstausend waren und 1990 weniger als dreitausend. Die Kurve geht steil nach oben. In vierzig Jahren, so schätzen Bevölkerungsforscher, könnten es schon sechzigtausend sein.

Dass die biologische Lebensuhr immer länger tickt, sei indes nur ein Grund für die Alterung der Gesellschaft, so die GfK. Der andere sei, dass zu wenig Kinder nachkommen. Damit die Bevölkerung so groß bleibt, wie sie ist, müsste jede Frau im Durchschnitt 2,1 Kinder bekommen, tatsächlich sind es aber nur 1,5.

GfK Consumer Index Feb 2018 - Konsumverhalten und Bevölkerungsentwicklung

Schon seit 2005 leben in Deutschland mehr Menschen über 65 als unter zwanzig. Bevölkerungswissenschaftler schätzen, dass die höhere Altersgruppe in etwa vierzig Jahren doppelt so groß sein wird wie die jüngste. Und dass die fünfzig Prozent der Berufstätigen dazwischen damit überfordert sein könnten, die „unproduktiven“ Jungen und Alten zu versorgen. Den Berufstätigen kommt also eine immer bedeutendere Rolle in der Gesellschaft zu.

Die deutsche Gesellschaft ist in den vergangenen 15 Jahren – also im Abstand einer Generation – sichtbar älter geworden. So ist die Zahl der unter 20-Jährigen an der Gesamtbevölkerung in diesem Zeitraum um 13 Prozent gesunken. Die Altersgruppe darüber, die 20- bis 40-Jährigen, ist ebenfalls stark geschrumpft. Zusammen stellten sie aktuell 43 Prozent der Bevölkerung in Deutschland.

Ihr Anteil werde sich indes noch weiter verringern, wenn erst die zahlenmäßig nicht so starke Wiederaufbaugeneration biologisch schrumpft und die geburtenstarken Jahrgänge aus den Generationen der Babyboomer und der Generation X weiter ins Rentenalter vorrücken. Dass die Bevölkerung in Deutschland nicht derzeit schon viel stärker zurückgeht, liege an der zurzeit vergleichsweise hohen Zuwanderung. Dieser Effekt wird sich aber in den kommenden Jahren abschleifen.

Alternde Gesellschaft, aber weniger Rentnerhaushalte?

Gegenläufig zu diesem Trend der alternden Gesellschaft entwickelt sich indes die Struktur der Haushalte: So sei die Zahl der Rentnerhaushalte in den letzten Jahren zurückgegangen und die der erwerbstätigen Haushalte gestiegen – und zwar nicht mal so ein bisschen, sondern erkennbar.

GfK Consumer Index Feb 2018 - Konsumverhalten und Haushalte

Das erscheint auf den ersten Blick paradox, und tatsächlich ist dies aus der natürlichen Generationenfolge nicht zu erklären. Die Ursache liege vielmehr darin, dass es innerhalb der berufstätigen Haushalte signifikante sozialstrukturelle Verschiebungen gibt. Vor allem die Anteile der Alleinlebenden und der Empty Nester seien in den letzten zehn Jahren stark gestiegen, während die Bedeutung der jungen und der Rentnerhaushalte abgenommen hat.

Diese Entwicklungen haben ihren Ausgangspunkt im späteren Renteneintritt eines Großteils der älteren Berufstätigen. Hinzu komme die veränderte Lebenssituation und – damit verbunden – ein Einstellungswandel bei der berufstätigen Kernbevölkerung über vierzig.

Im Wesentlichen handelt es sich bei diesen strukturellen Verschiebungen um drei Trends, die sich auf das Konsumverhalten auswirken können:

Trend 1: Solo Going Professionals

Die Zahl der erwerbstätigen Alleinlebenden im Alter von vierzig plus ist in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen. Heute seien mehr als vierzig Prozent der Haushalte in Deutschland Ein-Personen-Haushalte, Tendenz: steigend. Vor allem in den Metropolen und den Ballungsgebieten leben immer mehr Berufstätige allein. In Städten wie Berlin, Hamburg und München liegt der Anteil dieser „Solo Going Professionals“ um ein Viertel über dem Durchschnitt. Ursächlich für diesen urbanen Wandel sind die deutlich gestiegenen professionellen Anforderungen und der wachsende berufliche Zeitstress. Unter den 50- bis 59-Jährigen ist der Anteil der Alleinlebenden (26%) inzwischen fast so hoch wie bei jungen Haushalten bis 29 Jahre (30%). Die „Yuppies“ der Jahrtausendwende sind eben inzwischen gealtert und gehören heute zur Altersgruppe 40 plus.

GfK Consumer Index Feb 2018 - Konsumverhalten und Gesellschaftstrends

Trend 2: Silver Professionals

Immer mehr Menschen schieben den Rentenbeginn noch eine Weile auf und arbeitetn weiter voll in ihren Beruf. So ist beispielsweise in der typischen Übergangs-Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen der Anteil der Rentnerhaushalte in den letzten zehn Jahren von vormals 87 Prozent auf aktuell 61 Prozent zurückgegangen (Basis: Haushaltsführung). Auch die Zahl der Frührentner zwischen 50 und 59 Jahren hat sich in diesem Zeitraum halbiert. Selbst in ihrer siebten Lebensdekade sind heute noch fünf Prozent der Haushalte erwerbstätig. Für diese „Silver Professionals“ könne der „Herbst des Lebens“ gerne noch ein bisschen warten.

Trend 3: Late Motherhood

Das Alter der Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes steigt seit Jahren an. Frauen bekommen ihr erstes Kind heute im Schnitt mit 30 Jahren, viele berufstätige Frauen noch weit später. Die Folge davon sei laut GfK, dass der Anteil der Kinderhaushalte in jüngeren Altersgruppen sinke und in den älteren steige. So lebten im Jahr 2017 nur noch in 18 Prozent der Haushalte bis 29 Jahre (Alter des Haushaltsführers) Kinder bis sechs Jahre, fünf Prozentpunkte weniger als im Jahr 2007. In der Haushaltsgruppe zwischen 30 und 39 Jahren waren es hingegen fünf Prozentpunkte mehr (34%). In der Altersgruppe 40 bis 49 Jahre ist der Anteil der Kinderhaushalte im betreffenden Zeitraum um drei Prozentpunkte gestiegen. Auch hier sind persönliche Lebensplanungen und wachsende berufliche Anforderungen eine entscheidende Ursache.

Convenience-Trend und höherwertiger Konsum

Im Panel werden die Folgen dieser strukturellen Verschiebungen ebenfalls deutlich sichtbar. Bestimmte Konsumtrends profitierten davon überdurchschnittlich. Bei allen drei Trendzielgruppen handelt es sich um zeitgestresste Haushalte; das unterstützt den Convenience-Trend. Alle gehören auch durchweg zu den finanziell bessergestellten Haushalten; folglich ist die Nachfrage nach starken Marken und vor allem nach Premiumprodukten überproportional hoch. Außerdem ist eine stärkere Neugier auf neue Produkte zu beobachten und das Bestreben, auf nachhaltige Angebote zu achten. Lediglich alleinlebende berufstätige Männer weichen etwas vom sonst durchweg positiven Trendverhalten ab.

GfK Consumer Index Feb 2018 - Konsumtrends

Den Trend zum höherwertigen Konsum kann man schon länger in zahlreichen FMCG-Kategorien (Fast Moving Consumer Goods) beobachten. Er sei eine Folge der seit Jahren guten Konjunktur und des robusten Arbeitsmarktes. Die Verbraucherstimmung beim Konsumverhalten ist daher seit ebenso langer Zeit schon entsprechend hoch. Die Ausgabenbereitschaft beginnt sich zudem immer mehr in Richtung der „kleinen Freuden“ zu verlagern, nachdem die größeren Anschaffungen offenbar weitgehend gemacht sind.

Die Umsätze in den FMCG-Sortimenten insgesamt sind in den ersten beiden Monaten des Jahres 2018 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um durchschnittlich 2,7 Prozent gestiegen. Der Monatstrend im Februar 2018 lag auf etwa dem gleichen Niveau. Dazu hat es in beiden Monaten keinerlei Unterstützung des Kalenders gegeben.

Wachstum durch Teuerung und Trading up

Ungeachtet der Besonderheiten in einzelnen Märkten geht das Umsatzplus der Fast Moving Consumer Goods insgesamt auch im Februar ausschließlich auf höhere Preise zurück. Die Verbraucher bezahlten für ihren Einkauf von Packaged Goods im LEH im Durchschnitt gut drei Prozent mehr als im Februar 2017. Allerdings gehe davon nur ein Teil auf „echte“ Teuerung zurück; in vielen Bereichen haben die Verbraucher auch höherwertige Artikel in der Warengruppe gekauft und dafür entsprechend mehr Geld ausgegeben.

Seit April des vergangenen Jahres haben die bezahlten Preise für Packaged Goods sichtbar angezogen. Zwar sei der Anstieg aktuell nicht mehr ganz so stark wie noch vor ein paar Monaten; er liege im bisherigen Jahresverlauf aber immer noch bei knapp dreieinhalb Prozent. Im März dürften die Preise sogar wieder stärker gestiegen sein. Denn diesmal fiel das komplette Ostergeschäft in den März. Gerade zu den Feiertagen dürften höherwertige Einkäufe eine größere Rolle spielen. Im weiteren Jahresverlauf könnte es dann aber zu deutlich geringeren Preisanstiegen kommen, weil dann die höheren Preise aus den jeweiligen Vorjahresmonaten dämpfend auf das Preisgeschehen wirken.

Waffenstillstand im Preiskampf

Die Entwicklung in den Vertriebsschienen ist generell durch die gute Umsatzentwicklung in nahezu allen Sortimentsbereichen der Fast Moving Consumer Goods geprägt. Dabei bestätige sich laut GfK im Februar zugleich die Tendenz aus dem Januar, mit stärkeren Zuwächsen bei den Drogeriemärkten und einem Wachstum auf Gesamtmarktniveau bei den anderen Vertriebsschienen.

Im Detail gibt es aber auch Unterschiede. So wachsen die Drogeriemärkte aktuell auch deshalb stärker als die anderen Händler, weil sie im letzten Jahr hinter den Konkurrenten zurückgeblieben sind. Bekanntlich haben sich die beiden großen Händler dm und Rossman einen über Monate anhaltenden extremen Preiskampf geliefert, der ihre Umsätze deutlich gedeckelt hat. Nach den beiden ersten Monaten 2017 hatten sie gerade mal die Hälfte der Zuwächse bei den LEH-Food-Vollsortimentern auf dem Konto und gar nur ein Fünftel des Wachstums der Discounter. Im laufenden Jahr kommt ihnen dieser Basiseffekt zugute, vor allem aber, dass sie es im Preiswettbewerb untereinander inzwischen deutlich entspannter angehen lassen.

Mit dem gegenteiligen Effekt sind auch die SB-Warenhäuser ein Sonderfall. Sie standen im vergangenen Jahr nach zwei Monaten mit gut zwei Prozent Umsatzrückgang deutlich schlechter da als die anderen Vertriebsschienen; das macht es ihnen in diesem Jahr leichter zu wachsen. Die Discounter wiederum befinden sich mehr oder weniger auf Vorjahresniveau.

 


Positives Konsumverhalten

Die Verbraucher hatten im Februar einen kleinen Durchhänger. Wieso auch nicht: Hängepartien gab es schließlich auch in Berlin, im Handelsstreit mit den USA und beim Brexit. Und dann auch noch tiefhängende Wolken am Himmel. Sowas schlägt schon mal aufs Gemüt.

Doch jetzt liegt Frühling in der Luft, beim Wetter und bei den Aussichten: Die Metaller haben sich als erste auf einen anständigen Tarifvertrag verständigt; das verspricht höhere Einkommen.

Zum Sommer steigen zudem die Renten, und das nicht zu knapp. Die Wirtschaft wächst in diesem Jahr wieder kräftig (laut Ifo um 2,6%). Und die Beschäftigung legt noch einmal um eine halbe Mio. zu. Nichts trübt also das positive Konsumverhalten der Verbraucher.

Der Handel merkt das: Selten ist er so gut in ein neues Jahr gestartet (LEH im Jan/Feb: +3,2%). Und mit dem Osterfest stand auch noch das erste Konsum-Highlight des Jahres an.


 

Quelle: GfK

 

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