Wahlbeeinflussung, Diskussionen um die Auswertungen von Nutzerdaten, prominente Firmen, die ihre Seiten stilllegen – Facebook hatte in den vergangenen Monaten in der Öffentlichkeit keinen leichten Stand. Die Kritik an dem sozialen Netzwerk und seiner Unternehmenspolitik führte auch dazu, dass auch Marketingbudgets größerer Firmen aus Protest abgezogen wurden. Davon sollten sich lokale Firmen wie Augenoptiker nicht abschrecken lassen – Facebook ist derzeit nach wie vor eine gute Möglichkeit, Kunden zu erreichen und zu gewinnen, nicht zuletzt regional.
Entscheidend ist die Akzeptanz der Nutzer. Es bleibt noch abzuwarten, wie sich die Facebook-User an den seit Januar aktiven neuen Algorithmus gewöhnen. Am 11. Januar hatte Facebook-Chef Mark Zuckerberg verkündet, dass sich Facebook auf seine Wurzeln besinnt und den Newsfeed, also das Sammelsurium der individuell zusammengestellten Inhalte, radikal umstellt. Weniger Inhalte von Medien und Marken sollten enthalten sein – mehr von Freunden und Familie.
Aus den neu gemischten Karten ergeben sich auch Chancen für das Marketing. Individuell wird wie bislang für jeden Anwender im Voraus berechnet, wie wahrscheinlich er die zur Verfügung stehenden Inhalte sehen möchte. Dieser Algorithmus wird inzwischen aus mehreren tausend Faktoren beeinflusst und ist enorm komplex geworden. Vereinfacht gesagt gilt heute: Kann ein Beitrag nicht von Beginn an überzeugen, verschwindet er recht schnell in der Bedeutungslosigkeit und wird nicht mehr angezeigt.
Wer also überhaupt noch auf organische Reichweite setzen möchte, sollte sich dem von Facebook ausgerufenen Credo der „meaningful interactions“ unterwerfen. Es geht den Kaliforniern nun um „bedeutsame Inhalte“ – und die werden daran gemessen, dass sie die Nutzer ganz offensichtlich zur Interaktion anregen.
Darunter versteht Facebook zum Beispiel das Teilen von Inhalten über den hauseigenen Messenger, aber auch die Shares (das Teilen), viele Antworten auf Kommentare in einem Video, Kommentare und Likes bei Personen-Fotos und Status-Updates oder auch die Interaktion mit einem von einem Freund geteilten Post eines Publishers. Aber auch weiterhin werden Faktoren gemessen wie der Aufenthaltsdauer im Content, die Art des Beitrages, der Zeitpunkt der Veröffentlichung – und auch die Vollständigkeit des Facebook-Profils.
Vorbei sind allerdings die Zeiten, dass die Instrumente zur Interaktion (vom „Gefällt mir“ bis zum „Haha“-Emoji) gezielt zweckentfremdet werden sollten. Wer noch Abstimmungen mit Hilfe der Emoji-Symbole durchführt oder etwa für ein Gewinnspiel zum Teilen oder Markieren anderer Personen auffordert, wird per Software als „Engagement-Baiter“ entlarvt. Die Folge: Reichweiten-Reduktion, im Wiederholungsfall droht auch die Sperre der Seite.
Live-Videos erregen Aufmerksamkeit
Übrigens: Auch Videos stehen nicht mehr so hoch im Kurs wie noch vor einigen Monaten – aus einem einfachen Grund. Diese werden vielfach nur angesehen, verleiten aber nicht zur Interaktion. Im Gegensatz zu Live-Videos, die bei guter inhaltlicher Gestaltung das Gegenteil auslösen. Denkbar wäre für einen Optiker als Live-Video z. B. eine Brillenmodenschau. Oder auch eine Brillentyp-Beratung – bei der Nutzer ihre Meinung kundtun und Fragen stellen können.
„Nichts ist lokaler als das Internet“ lautet ein bekannter Spruch – und das können auch lokale Geschäfte nutzen. Nicht ohne Grund kündigte Facebook-Chef Mark Zuckerberg ebenfalls im Januar an, unter den Nachrichten die lokalen Inhalte bevorzugt darstellen zu wollen. Menschen interessieren sich für das, was in ihrer unmittelbaren Umgebung passiert. Und das betrifft auch die lokale Wirtschaft. Anzeigen (Facebook Ads) funktionieren auch und oftmals gerade im lokalen Bereich – wenn es richtig gemacht wird.
Wer sichergehen will, dass nicht nur das Geld ausgegeben, sondern auch das bestmögliche Ergebnis erzielt wird, und nicht die Zeit hat, sich intensiv selbst einzuarbeiten, sollte sich allerdings an erfahrene Agenturen wenden, die auch das Geschäft von Mittelständlern gut kennen.
Freunde gezielt informieren
Übrigens: Bei Facebook ist nicht nur entscheidend, was Fanpages teilen – auch und gerade durch die Personenprofile lässt sich im kleinen (und lokalen) Rahmen etwas bewegen. Wer sich mit Kunden und Firmen-Partnern bei Facebook befreundet, kann auch Inhalte gezielt an bestimmte Kontakte oder vorab festgelegte Zielgruppen aussenden. Dafür einfach in der PC-Darstellung von Facebook die Freundesliste aufzurufen – hinter jedem Kontakt steht ein Button „Freunde“. Beim Klick auf diesen Button bietet sich die Möglichkeit, den Kontakt zu einer vordefinierten oder einer selbst erstellten Liste hinzuzufügen. Beim nächsten Post wird diese Liste als Zielgruppe ausgewählt (auch hier Klick auf „Freunde“, neben dem „Posten“-Button). Grundsätzlich ist es auch möglich, ein Personenprofil „öffentlich“ zu betreiben – dann kann jeder auch die Inhalte dieses Profils – wie bei einer Fanpage – abonnieren.
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Was ist eigentlich . . . ?
Organische Reichweite: Die Sichtbarkeit eines Facebook-Beitrages (Post), die nicht bezahlt wird. Bei gesponserten Beiträgen handelt es sich hingegen um „bezahlte Reichweite“.
Post: Ein Beitrag bei Facebook – egal ob Text, Bild, Video, etc.
Algorithmus: Rechnerische Beeinflussung der Inhalte, die bestimmt, wer welche Inhalte bei Facebook sieht.
Newsfeed: Das Herzstück: der Nachrichtenstrom, der die Posts zusammenfasst.
Engagement: Zusammenfassung der Handlungen, die Nutzer bei einem Post durchführen.
Fanpage: Eine Seite, die in der Regel durch eine Firma, eine Marke, eine Berühmtheit, etc. betrieben und befüllt wird.
Personenprofil: Eine Seite, die sich auf eine bestimmte (Privat-) Person bezieht.
Autor Michael Klöpper ist Head of Social Media der Ebner Verlag GmbH und für die strategische Lenkung der Social-Media-Aktivitäten von derzeit rund 190 Social-Media-Kanälen verantwortlich. Der zertifizierte Innovations-Manager berät über die Agentur „Communicate & Sell“ auch externe Kunden und vermittelt Social-Media-Wissen als Referent in Seminaren und auf Konferenzen.