Das schlug im Juli ein wie eine Bombe: Kering Eyewear, Teil des Luxuskonzerns Kering, übernimmt das familiengeführte dänische Eyewear-Unternehmen Lindberg. eyebizz befragte CEO Henrik Lindberg zu den Hintergründen der Übernahme, die voraussichtlich bis Ende des Jahres abgeschlossen sein wird.
1969 wurde das Unternehmen von Poul-Jørn Lindberg und seiner Frau als Augenoptikgeschäft gegründet. Die mit 108 Design-Awards ausgezeichneten Brillen von Lindberg gelten als die Verkörperung von dänischem Design im High-end-Segment mit Spezialisierung auf Titan (siehe eyebizz 5.2009). Lindberg hat derzeit 750 Mitarbeiter.
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Henrik Lindberg: „Es wird uns dabei helfen, eine junge Generation zu erreichen“
Die Branche war sehr überrascht, dass Sie Ihr familiengeführtes Unternehmen an Kering Eyewear verkauft haben.
Es war eine tiefgreifende Entscheidung, die ich schon länger getroffen habe. Ich werde im März nächsten Jahres 67. Höchste Zeit für mich zu entscheiden, was das Beste für das Unternehmen ist.
Für mich war es rückblickend eine fantastische, auch anstrengende über 35 Jahre währende Reise, und ich möchte nicht mit 75 Jahren noch in der Firma herumlaufen und nur über die Vergangenheit sprechen. Denn Lindberg ist kein Museum, sondern ein fortlaufendes Unternehmen, das sich nach vorne weiterbewegen muss.
Hatte die Pandemie einen Einfluss auf die Verkaufsentscheidung?
Die Gespräche über die Zukunft von Lindberg haben schon vor zwei Jahren begonnen. Durch Covid-19 wurde der Verkauf lediglich verschoben. Für uns war es sehr wichtig, dass Kering und die Pinault-Familie die DNA von Lindberg genau kennen und wissen, was sie kaufen. Deshalb auch die vielen Gespräche.
Kering Eyewear hat derzeit 15 Marken im Portfolio, darunter Gucci, Alexander McQueen, Cartier. Was erhoffen Sie sich durch den Verkauf?
Ich bin davon überzeugt, dass die Marke Lindberg in der Verbindung mit einem solchen erfolgreichen Unternehmen von Brands neue Höhen erreicht. Es wird uns dabei helfen, eine jüngere Generation zu erreichen, die vielleicht noch nicht weiß, dass es Lindberg gibt.
In Asien ist die Situation einfacher als in Europa. Dort wächst eine junge Generation heran, die ein größeres Markenbewusstsein und eine höhere Kaufkraft hat. Aber auch in der westlichen Welt ist die Kaufkraft bei den Jüngeren viel höher, als es in meiner Jugend war. Bei all dem bin ich davon überzeugt, dass die zentralen Werte und die DNA unserer Marke auch unter Kering bewahrt werden.
Warum führt niemand aus der Familie Lindberg das Unternehmen fort?
Meine Schwester und ich haben spät Kinder bekommen. Sie sind jetzt noch nicht so alt oder in anderen Berufen tätig, sodass niemand für eine Nachfolge in Frage kam. Meine Kinder haben allerdings erlebt, dass ihr Vater von früh bis spät, ja rund um die Uhr gearbeitet hat, auch an den Wochenenden. Die älteste Tochter meiner Schwester, eine Optometristin, hat das Augenoptikgeschäft übernommen, sodass es in der Familie bleibt.
Bleiben Sie dem Unternehmen verbunden? Und was sind Ihre weiteren Pläne?
Ich werde bis zum Sommer nächsten Jahres Geschäftsführer bleiben. Vertraglich habe ich mich dazu verpflichtet, dass ich zukünftig nicht in der Augenoptik arbeiten werde, allerdings darf ich in die Firma kommen. Ich möchte den Kontakt zu den Leuten nicht verlieren, mit denen ich so lange zusammengearbeitet habe, mit manchen mehr als 25 Jahre. Weitere Pläne habe ich noch nicht.
Sie blicken optimistisch in die Zukunft?
Ja. Denn ich versuche immer, optimistisch zu sein. In der Firma und der Familie bin ich derjenige, der andere antreibt. Wenn man seinen Verstand benutzt und vorausdenkt, findet man Lösungen, die möglicherweise anders sind als die bis dahin üblichen Vorgehensweisen. Gerade heute unterscheidet sich eine gute Lösung oft von dem, wie man es früher immer gemacht hat. Und das hat auch mit dem Erfolg von Lindberg zu tun.