Die Macherinnen der Augenoptik - Dieses Mal ist es:
Marga Faulstich – Die Glasmacherin
von Redaktion,
Es wurde Marga Faulstich in die Wiege gelegt, dass auch Frauen einen Beruf haben dürfen. Ihre Mutter managte die Familie und war über dreißig Jahre lang berufstätig. Als Marga 1915 in Weimar als eines von drei Kindern auf die Welt kam, arbeitete ihre Mutter als Sekretärin in einer Rechtskanzlei. 1922 zog die Familie nach Jena, wo die junge Frau 1934 ihr Abitur machte.
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Gundlagenforschung zu Beschichtungstechnologien
Marga Faulstich entschied sich gegen ein Studium und bewarb sich bei den Jenaer Glaswerken Schott & Gen. und dem kürzlich erst eingestellten Dr. Walter Geffcken als dessen Hilfskraft. Geffcken führte einen Einstellungstest unter den über zehn Bewerbern durch, bei dem auch die Persönlichkeit beurteilt wurde. Marga überzeugte den jungen Wissenschaftler auf ganzer Linie.
Ihr wichtigstes Aufgabengebiet in den ersten Jahren war die Mitarbeit bei der Entwicklung sogenannter „dünner Schichten“ auf dem Sektor optisches Glas. Das Patent dazu erhielten Geffcken und Kollegen 1939. Heutige Beschichtungstechnologien für entspiegelte Brillengläser oder Schaufensterscheiben und für Sonnenschutzgläser oder für die Fassadenarchitektur gehen auf die damaligen Grundlagenforschungen zurück.
Faulstich war nicht nur für die damalige Zeit eine außergewöhnlich mutige Frau. 1938 machte sie den Führerschein, ein Jahr später begann der Krieg. Vom Tod ihres Verlobten 1942 erholte sie sich kaum. Danach konzentrierte sie sich voll und ganz auf die Forschung und den Beruf.
Der Zug der 41 Glasmacher
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ging Marga Faulstich als eine von zwei Frauen aus dem „Zug der 41 Glasmacher“ in die Schott-Geschichte ein. Die Amerikaner sicherten das wissenschaftliche und technische Know-how des Jenaer Glaswerks für den Westen. Die ersten Jahre verbrachte Faulstich in Baracken. Alle Jenaer erwarteten, bald wieder zu Hause zu sein.
1950 verhandelte Erich Schott mit der Stadt Mainz über die Übersiedelung des Glaswerks Schott & Gen. in die Stadt am Rhein. Im Juni 1951 erfolgte der erste Spatenstich auf der Industriehalbinsel Ingelheimer Aue, am 10. Mai 1952 wurde das Werk eröffnet und die Produktion in der Optikhütte lief an. 1953 baute Marga Faulstich in Mainz ein neues Labor auf.
Nachdem sie bereits in den vorhergehenden Jahren an der Umsetzung eines neuen Schmelzverfahrens in Platingefäßen mitgearbeitet hatte, leitet sie bis 1969 die Tiegelschmelze. In diesem Jahr übernahm sie auch die Verantwortung für die Entwicklungsabteilung für optisches Glas.
Spitzname „Kugelblitz“
Viele historische Dokumente unterstreichen die Besonderheit von Faulstichs Persönlichkeit. So lobte Erich Schott 1960, sie leite die Sonderschmelze „mit Erfolg und männlicher Energie“. Ihre rasche Hilfsbereitschaft und außerordentliche Durchsetzungsstärke brachten der 1,58 cm großen Persönlichkeit zudem die Spitznamen „kleine Gewalt“ und „Kugelblitz“ ein.
1973 wurde Marga Faulstich für die Entwicklung des Leichtgewicht-Brillenglases Schwerflint 64 mit der IR-100-Medaille der Industrial Research Incorporation in Chicago als eine der hundert wichtigsten technischen Innovationen des Jahres ausgezeichnet. Das Besonders an diesem mit Titan hergestellten Glas war sein schmaler Rand. Es war nur noch 60 Prozent so schwer wie ein Bleiglas.
Insgesamt hat Marga Faulstich an der Entwicklung von über 300 Typen optischer Gläser mitgewirkt. Annähernd 40 Patente tragen ihren Namen. Faulstich starb 1998. ||| DS