„Es ist ein Zeichen von Mittelmäßigkeit, nur mittelmäßig zu loben“, frotzelte der US-Präsident Benjamin Franklin. Chefs tun sich mit solchen Halbherzigkeiten keinen Gefallen. Anerkennung ist ein menschliches Bedürfnis, gerade im Beruf. Ehrliches Lob, gut formuliert und zum richtigen Zeitpunkt ausgesprochen motiviert Mitarbeiter:innen, steigert ihre Leistung und stärkt den Teamgeist. Rolf Leicher zeigt, wie’s geht.
Positives Feedback als Mittel erfolgreicher Betriebsführung
Wer durch besondere Sorgfalt einen Fehler bei der Arbeit vermeidet, verdient bereits Anerkennung. Eine positive Bewertung ist angebracht, weil der Mitarbeiter aufgepasst hat und einen Schaden für das Unternehmen abwenden konnte. Stellt sich nach der Kritik eines Mitarbeiters spontan Besserung ein, ist ebenfalls eine Würdigung angebracht, auch wenn es sich noch nicht um eine Spitzenleistung handelt.
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Ein gelobter Mitarbeiter „revanchiert“ sich meist, in dem er sich zu seinen Kollegen positiv über seinen Chef und den Betrieb äußert. Merke: Die Rückmeldung für eine gute Leistung ist ein wichtiges Instrument erfolgreicher Betriebsführung.
Anerkennung steigert das Selbstwertgefühl des Mitarbeiters und ist Ansporn, sich auch weiterhin einzusetzen. Wo nie gelobt wird, besteht die Gefahr, dass derjenige seinen Einsatz bis zum „Dienst nach Vorschrift“ reduziert. Besonders Lehrlinge und jüngere Mitarbeiter brauchen bei Tätigkeiten mit hohen Anforderungen ein Feedback. Erst recht, wenn sie dem Vorgesetzten extra über ihren Arbeitserfolg berichten. Ein absolutes No-Go ist die Einstellung des Chefs: „Wenn ich nichts sage, bin ich zufrieden. Bin ich nicht zufrieden, melde ich mich.“
Aufs Maß und Timing kommt’s an
Positives Feedback nach dem Gießkannenprinzip kommt nicht gut an. Zu viel ist ebenso unangebracht wie zu wenig, denn was ständig anerkannt wird, verliert an Wirkung. Für Normalleistung gibt es keine Rückmeldung, das erwartet der Mitarbeiter auch nicht. Anerkennung muss verdient sein. Jeder will genau wissen, warum er gelobt wird. Wer ohne Grund gepriesen wird, fühlt sich schnell manipuliert. Wenn Überstunden nötig sind, ist ein vorangestelltes Lob an alle nicht ernst gemeint, sondern nur Stimmungsmache für die bevorstehende Mehrarbeit. Lob ohne Anlass empfinden Menschen als Manipulation.
Wer einmal Anerkennung erfährt, wird das anerkannte Verhalten reproduzieren oder gar verstärken. Der Mechanismus, erfolgreiches Verhalten zu wiederholen, ist wissenschaftlich untersucht und mehrfach bestätigt.
Anerkennung einer guten Leistung muss sofort folgen, kommt sie zu spät, ist sie weniger wirksam. Ein beliebter Mitarbeiter darf nicht mehr Anerkennung erhalten als sein Kollege. Es ist ungerecht, wenn Beliebtheit das Maß des Lobs bestimmt. Das widerspricht der Gleichbehandlung und schafft Ärger im Team. Positive Bewertung kann Neid unter den Kollegen schaffen, weil sie dem gelobten Mitarbeiter das nicht gönnen. Deshalb wird Anerkennung manchmal unter vier Augen ausgesprochen. Dem betreffenden Mitarbeiter ist das sogar Recht, weil er nicht gerne vor den Kollegen im Scheinwerferlicht stehen will.
Wortwahl und Körpersprache
Anerkennung muss von innen heraus kommen, um glaubwürdig und nicht aufgesetzt zu sein. Wer überzeugend loben will, muss um die richtigen Worte ringen. Die Bestätigung „Okay“ oder „Einverstanden“ ist dürftig und wird nicht als Anerkennung wahrgenommen. Wirkungsvoller sind Ich-Botschaften.
„Ich finde, das hast du sehr gut gemacht“ ist besser als „Das ist sehr gut gemacht“. „Ich“ wirkt als persönliche Wertung des Chefs und motiviert deshalb nachhaltiger. Die Wirkung kann weiter gesteigert werden, wenn der Chef fragt, wie der Mitarbeiter vorgegangen ist, was er genau getan hat, um die Leistung zu erreichen. Beispiel: „Wie hast du es denn geschafft, diesen komplizierten Kunden zufrieden zu stellen?“ So wird die Anerkennung für den Mitarbeiter nachvollziehbar. Häufig betrifft Anerkennung nicht eine einzelne Person, sondern das gesamte Team. Erhält das Team kein positives Feedback, reduziert es den Einsatz.
Um die richtigen Worte zu finden, genügt die innere Einstellung. Wenn für den Vorgesetzten eine Anerkennung auszusprechen zum Bedürfnis wird, wirken die Worte in der Regel überzeugend auf die gelobte Person. Die Körpersprache des Vorgesetzten zeigt in wenigen Sekunden die ehrliche Absicht. Denn Kommunikation wirkt auch nonverbal. An Mimik und Gestik lässt sich echtes Lob erkennen. Ist die Haltung zugewandt, kommt es vielleicht zu einer „Umarmung“ z.B. mit der Hand an der Schulter. Das wirkt auf die betreffende Person positiv. Der offene Blick und ein nach vorne gerichteter Oberkörper sind weitere Signale.
Die No-Gos beim Loben
Vergleichendes Lob: „Ja, die Dekoration des Schaufensters gefällt mir sehr gut, Daniel. Du bist beim Dekorieren viel kreativer als die Lena“. Was macht Daniel? Er geht zu Lena und berichtet vom Vergleich.
Oberflächliches Lob: Der Mitarbeiter berichtet von der erfolgreichen Erledigung einer schwierigen Reklamation und der Vorgesetzte sagt: „Ja, das ist gut“. Der Mitarbeiter fühlt sich abgefertigt, Das „Lob“ ist für ihn kein Anreiz, sich weiterhin anzustrengen.
Lob als Vorwurf: Eine gute Leistung wird bewertet mit: „Na, endlich klappt es auch bei dir, war ja auch höchste Zeit.“ Der Mitarbeiter ist verunsichert und fragt sich, was der Chef damit sagen will.
Ironisches Lob: „Na ja, du hast dich wenigstens mal bemüht.“ Die Bemühungen des Mitarbeiters werden heruntergespielt, statt Lob also doch Kritik.
Übertriebenes Lob: „Unglaublich Miriam, wenn ich dich nicht hätte, könnten wir hier dicht machen.“ Die Übertreibung wirkt unglaubwürdig, die Gelobte fühlt sich nicht ernst genommen.
Indirektes Lob: „Ich soll dir vom Chef sagen, dass er sehr zufrieden ist mit dir“. Die Anerkennung kommt von einer Drittperson, einem Kollegen, und nicht vom Vorgesetzten selbst.
Eine positive Rückmeldung muss nicht ausschließlich vom Chef kommen. Im Team kann man sich auch untereinander durch Anerkennung motivieren. Wer etwas Nettes vom Kollegen erfährt, freut sich nicht nur, sondern sucht dann meistens auch einen Anlass, dem Kollegen etwas Wohlmeinendes zu sagen. Das bezieht sich auf Persönliches wie Outfit, Frisur und nicht nur auf Arbeitsergebnisse. Komplimente schaffen Teambindung und erhöhen die Hilfsbereitschaft und Kollegialität untereinander.
Darum fällt Anerkennung geben schwer
Obwohl jeder von der Wirkung aufrichtiger Anerkennung überzeugt ist, fällt es Vorgesetzten und Chefs oft schwer, das praktisch umzusetzen. Vermutlich liegt es daran, dass auch sie selten anerkennende Worte hören. Schließlich ist der Arbeitsplatz kein Streichelzoo. Leistung gilt als selbstverständlich.
Und von wem wird der Vorgesetzte für seine Arbeit gelobt? Wer spendet ihm Anerkennung? Warum soll er loben, wenn er selbst nicht gelobt wird? Fängt man einmal mit Anerkennung an, will der Betreffende immer mehr und kommt auch noch auf die Idee, mehr Gehalt zu verlangen. So rechtfertigen Vorgesetzte ihr sparsames Loben: „Ich darf meine Mitarbeiter nicht zu viel loben, sonst verlangen sie gleich eine Gehaltsaufbesserung“.
Doch ist das nur eine Seite der Medaille. Motivation hängt zwar vom Geld ab, doch Gehaltserhöhungen motivieren nicht dauerhaft, auch deshalb, weil sich Mitarbeiter schnell daran gewöhnen und neue Bedürfnisse entstehen. Personalberater wissen zur Genüge: Zu Kündigungen kommt es oft nicht wegen schlechter Bezahlung, sondern weil die Anerkennung für das Geleistete fehlt.
Können Sie gut loben?
Die Checkliste für den Selbsttest
Beurteilungskriterien für Anerkennung
Leistungen, die messbar und nachvollziehbar sind, lassen sich gut bewerten und loben. Der Mitarbeiter will auch wissen, womit er Lob verdient hat, das sollte der Chef betonen. Im Blickpunkt stehen die Persönlichkeitsmerkmale, mit denen besondere Leistungen möglich sind. Zuverlässigkeit und Belastbarkeit wirken sich auf Leistungserbringung aus. Aber auch Sorgfalt und Arbeitstempo verdienen Anerkennung. Pünktlichkeit ist selbstverständlich und kein Anlass für ein Lob.
Spitzenleistung eines Mitarbeiters erweitert auch die Erwartungshaltung des Vorgesetzten, der dem „Star“ im Team immer mehr „aufs Auge drückt“. Es ist wie beim Fußball, wo Spitzenspieler durch dauernde Höchstleistungen die Erwartungen des Trainers und der Zuschauer erhöhen.
Kompliment: Es hängt nicht nur mit der Arbeit zusammen, betrifft persönliche Eigenschaften, die positiv auffallen, z.B. einem Kollegen ganz uneigennützig zu helfen.
Bestätigung: Sie ist nötig, wenn es vorher zur Kritik kam, und der Mitarbeiter wissen will, ob der Chef jetzt zufrieden ist. Meist genügt die kurze Reaktion: „Ich bin zufrieden mit deiner Arbeit, alles o.k., mach weiter so.“
Anerkennung: Sie bezieht sich auf ein über der Norm liegendes Arbeitsergebnis oder einem besonderen Engagement oder einer hervorragenden Einmal-Leistung.
Lob: Dabei geht es um besondere Leistungen, die der Mitarbeiter dauerhaft erbringt und damit für die Kollegen zum Vorbild wird. Lob schafft aber auch Erwartungen des Mitarbeiters, z.B. Gehaltserhöhung, wenn er zusätzliche Verantwortung übernimmt.
Mitarbeiter, die Anerkennung erfahren …
zeigen mehr Interesse an ihrer täglichen Arbeit und sind zufriedener damit
sind bereit, sich auch weiterhin zu engagieren
sind motivierter, weil sie sich akzeptiert fühlen
versuchen ihr Leistungsniveau zu halten
stecken auch mal Kritik ein, weil Anerkennung Kritik ausgleichen kann
vermitteln auch ihrem Chef Anerkennung
Literaturtipps:
Jochen Mai, „Regeln für perfektes Lob“, Karrierebibel 2020
Katharina Wolf, „Mitarbeiter loben – so geht es“, Handwerk.com 2019
Rolf Leicher ist Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und Referent aus Heidelberg.
Artikel aus der eyebizz 6.2021 (Oktober/November)
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