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Gelungene Geschäftsübergabe

Augenoptik Kloppenburg: Die Guten noch besser

Mehr als die Hälfte der Augenoptiker*innen, die demnächst ihre Betriebe abgeben, suchen einen Nachfolger. Auch Augenoptikermeister Klaus Kloppenburg hatte diese Herausforderung. Sein Geschäft ist seit vier Jahrzehnten die Nummer eins im hessischen Idstein (23.000 Einwohner), da stand einiges auf dem Spiel, doch die Übergabe an Augenoptikermeister Collin Bergander und Augenoptikerin Annkatrin Mager gelang meisterlich.

So transparent das vollverglaste Geschäft über zwei Etagen von außen ist, so offen verlief auch die Übernahme: ehrlich, mutig, individuell. Christine Höckmann sprach mit allen dreien über die gemeinsamen Erfahrungen beim finalen Hürdenlauf und den frischen Wind, der jetzt durchs Geschäft weht.

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eyebizz: „Wir sind die Guten!“ lautet der neue Slogan auf der Internetseite Ihres Unternehmens.

Augenoptik Kloppenburg - Front
Augenoptik Kloppenburg im hessischen Idstein: Das Geschäft liegt direkt am Rand der Fußgängerzone, ist gut erreichbar, lichtdurchflutet und hat kostenlose Parkplätze

Klaus Kloppenburg: Nein, das Motto „Wir sind die Guten“ haben wir mithilfe einer Agentur schon vor sechs Jahren eingeführt.

Collin Bergander: Das gute Feeling im Team, der erstklassige Service und beste Qualität sind für uns weiter ausschlaggebend. Annkatrin ist seit 14 Jahren hier, ich als Augenoptikermeister ein Jahr länger. Die Kundschaft kennt uns, klar, dass wir nach außen hin unser Profil beibehalten. Intern setzen wir auf den Claim: Alles bleibt besser, also: noch besser.

Was tun Sie, wenn es zwischen Ihnen beiden knirscht?

Annkatrin Mager: Wir suchen möglichst schnell das Gespräch. Jeder spricht aus, was er denkt. Bisher lagen wir uns anschließend immer wieder in den Armen. Oft finden sich Kompromisse…

Bergander: … die sich dann als die bessere oder beste Lösung bewähren.

Seit wann suchten Sie eine Lösung für Ihre Nachfolge, Herr Kloppenburg?

Kloppenburg: Als ich das 35. Firmenjubiläum feierte, fasste ich den Entschluss, einen Nachfolger zu suchen. Damals fragten mich beide, ob ich ihnen die Übernahme zutraue, und wir haben lange Gespräche geführt. Es ging dabei um die Gesellschaftsform, Finanzierung, den Steuerberater oder die Vorbereitung für Gespräche mit der Industrie.

Ich hätte auch an die Industrie verkaufen können, wollte aber den traditionellen Ansatz hier im Geschäft erhalten. Schon jetzt nach vier Monaten kann ich sagen: Es läuft super. Annkatrin und Collin sind mit dem Herzen dabei. Glück auch für mich. So darf ich noch zwei, drei Tage die Woche arbeiten, betreue Stammkunden und erlebe einen gleitenden Übergang. Für uns drei ist die Übergabe eine Win-win-Situation.


„Die Sicherung der Nachfolge ist die größte unternehmerische Leistung.“

Reinhard Mohn (1921 – 2009), deutscher Unternehmer, Gründer der Bertelsmann Stiftung


Auch für die Industrie. Gesetzt den Fall, ich hätte an eine Kette verkauft, hätte die Industrie Umsatzeinbußen erlitten, weil die Ketten auf eigene Lieferanten zurückgreifen. Mache ich den Laden zu, verlieren die Hersteller erst recht. Wir haben offen gesprochen und nach dem zweiten Anlauf einen Glaspartner gefunden, der uns beratend zur Seite stand und auch weiterhin unterstützt.

Welche Ziele hat sich die neue Geschäftsführung gesetzt?

Bergander: Vieles werden wir übernehmen, unsere Kunden sollen sich auch in Zukunft bei uns wohl fühlen, während sie von uns umsorgt werden. Aber natürlich wollen wir auch das eine oder andere verändern.

Augenoptik Kloppenburg - Inhaber neu
Restart mit Schwung und neuem Foto: Collin Bergander und Annkatrin Mager führen „Augenoptik Kloppenburg“ gemeinsam

Dazu gehört, dass wir ins Myopie-Management für Kinder einsteigen. Wir werden dafür in Gerätschaften investieren und selbst weitere Schulungen absolvieren, weil wir hier die Möglichkeit für ein Alleinstellungsmerkmal und Entwicklungspotenzial sehen.

Waren Kinder nicht immer schon wichtig?

Kloppenburg: Ehrlich gesagt, nein. Wir hatten die Margen bringenden Gleitsichtbrillen im Blick. Das war falsch. Denn die Kinder von damals kaufen heute Gleitsichtbrillen für 1.500 Euro. Wir verloren früher viele Kinder an die Ketten, die ihren Fokus eher auf den Nachwuchs legten. Ich habe Kinderbrillen tatsächlich vernachlässigt. Mit über 60 Jahren war und ist der Verkauf von Kinderbrillen für mich allerdings schwer.

Mager: Collin und ich haben beide Kinder, meine Tochter trägt auch eine Brille. Von daher ist unser Zugang zu dem Thema ein anderer. Die Kinder von heute sind tatsächlich die Kunden von morgen, außerdem kommen die Mütter, Väter und Großeltern mit ins Geschäft.

Bergander: Dabei ist das Myopie-Management aber nur ein zusätzliches Thema. Schließlich bieten wir das gesamte Portfolio der Augenoptik und Augenüberprüfung an. Ziel ist, die individuell beste Lösung für unsere Kunden zu finden. Dazu gehören Brillenanpassungen, neue Brillen, Kontaktlinsen und Speziallinsen, Themen wie Sportoptik, Bildschirm- und Arbeitsplatzbrillen, Sonnenbrillen und auch Lupen. Wir spielen mit auf dem Feld der Optometrie, messen Hornhauttopographie, Augeninnendruck, prüfen das Tag- und Nacht-Sehen.

Wichtig für unsere gesamte Entwicklung ist zudem die Erweiterung unseres Teams. Wir suchen mindestens zwei junge, inspirierte Leute, die wie wir Spaß an und bei der Arbeit haben …

Mager: … aber natürlich nehmen wir auch gerne Kollegen mit Erfahrung ins Team auf.

Was hat sich für Sie persönlich als Inhaber verändert, wenn Sie jetzt das Geschäft betreten?

Mager: Als Geschäftsführerin trage ich mehr Verantwortung. Ansonsten war der Übergang auch deswegen so gleitend, weil wir die Abläufe des Betriebes durch unsere langjährige Mitarbeit sehr gut kennen.

Bergander: Wir waren die letzten Jahre schon gut integriert in die Entscheidungsprozesse, wobei die letzte Entscheidung natürlich immer bei Herrn Kloppenburg lag. In die GF-Position müssen wir zwei jetzt hineinwachsen.

Kloppenburg: Dadurch, dass die Übergabe als Prozess über drei Jahre lief, ist vieles eingespielt. Jetzt treffen die zwei die finalen Entscheidungen, auch wenn ich als Berater zur Verfügung stehe. Hier herrscht gerade ein frischer Wind und das ist gut so.

Augenoptik Kloppenburg - Schlüssel-bergabe
Symbolische Schlüsselübergabe: Augenoptikermeister Klaus Kloppenburg legt sein Geschäft in die Hände seiner langjährigen Angestellten Collin Bergander und Annkatrin Mager

Die Verantwortung abgegeben zu haben, ist für mich andererseits entlastend. 40 Jahre war das Geschäft mein Baby. Ich bin mit dem Gedanken an die Firma ins Bett gegangen und morgens damit aufgestanden. Wenn um acht Uhr das Telefon klingelte, die Krankmeldungen eingingen, bekam ich Bauchschmerzen.

Mit wie vielen Mitarbeitern sind Sie gestartet? Wie viele sind es heute?

Kloppenburg: Gestartet bin ich mit einem Lehrling, zum Schluss waren wir hier mit einer Fußballmannschaft aus elf Leuten unterwegs. Die Zusammensetzung ist dabei wichtig: Es gibt Stürmer, es gibt Verteidiger, es gibt Trainer, so divers ist auch unser Team. Wenn alle Stürmer wären, wäre das Zusammenspiel nicht so gut. Natürlich müssen Tore gemacht werden.

Da ich ausgeschieden bin und eine weitere Kraft schwanger ist, fehlen jetzt zwei Köpfe …

Bergander: Genau! Ziel ist, unser Team zu erweitern, vielleicht über die Fußballmannschaft hinaus – hin zu einem Rugby-Team…

Das wären dann 15 Mitarbeiter, alles Gute dafür!

/// Das Gespräch führte Christine Höckmann.

 

www.kloppenburg-optik.de

 


 

Wer macht‘s?

Unternehmensnachfolge bleibt wichtiges Thema in der Augenoptik

Der Trend hält an: Die Inhaber augenoptischer Betriebe werden immer älter. Lag das Durchschnittsalter 2010 bei 51, war es 2018 schon 54. Jeder vierte Inhaber ist 60 Jahre oder älter. Manche von ihnen suchen schon länger händeringend einen Nachfolger.

ZVA Branchenbericht 2021-2022 - Verkauf Betrieb geplant
Quelle: ZVA-Branchenbericht 2021/2022

In einer Online-Umfrage des ZVA wurde im Januar/Februar 2022 erneut nach geplanten Betriebsveräußerungen bzw. -übergaben gefragt. Im Durchschnitt gaben neun Prozent der Inhaber an, dass sie für das Jahr 2022 den Verkauf bzw. die Übergabe ihres Betriebes planen. 49 Prozent der Betriebe, die verkaufen bzw. übergeben wollen, haben bereits einen Nachfolger gefunden (siehe Grafik). Der Nachfolger kommt zu 42 Prozent aus der Familie, zu 24 Prozent aus der Mitarbeiterschaft (wie bei Augenoptik Kloppenburg). Bei 34 Prozent der Fälle sind es Externe.

ZVA Branchenbericht 2021-2022 - Verkauf Betrieb geplant bis 2026
Quelle: ZVA-Branchenbericht 2021/2022

Das Thema wird wichtig bleiben. In den Jahren 2023 bis 2026 werden voraussichtlich 28 Prozent der Inhaber ihren Betrieb verkaufen oder übergeben. Experten raten, sehr frühzeitig mit der Suche nach einem geeigneten Nachfolger zu beginnen und eine Vorbereitungs- und Durchführungsphase von fünf Jahren einzuplanen.

Übernehmer sollten darauf achten, das Lebenswerk des Übergebers respektvoll zu behandeln und sich auf das gemeinsame Ziel, die erfolgreiche Fortführung des Betriebs, zu konzentrieren. Nils Koerber, Gründer und Inhaber von KERN – Unternehmensnachfolge, nannte kürzlich als die wichtigsten Parameter einer gelungenen Übergabe: „innere Klarheit, Verbindlichkeit und viel, viel Kommunikation“. ///

 


 

Artikel der eyebizz 4.2022 (Juni/Juli)

 

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