Der gebürtige Augsburger Benjamin Heirich wirkt mit seinem markanten Profil ein bisschen italienisch. Die Lockerheit kann täuschen, denn der Mann weiß, wovon er spricht, wenn er selbstbewusst auf hohe Maßstäbe setzt: Zum Beispiel auf die Bauhaus-verbundenen „Gmündener Shades of Grey“. eyebizz sprach mit Design Lead Benjamin Heirich, der für Rodenstock Gas gibt.
Kurz vor 10 Uhr kommt der 37-Jährige mit Kopfhörern und raumgreifenden Schritten in das Gebäude. Nimmt die offene Glastür, nicht die Drehtür. Letztere würde ihn nur ausbremsen. Der Typ ist lässig: graues T-Shirt, modische Jeans, Sneakers, die schulterlangen Haare in einem Dutt gebändigt, wache dunkelbraune Augen, offenes Lächeln.
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Herr Heirich, wie wird man Eyewear-Designer?
Die Chance habe ich durch meine Ausbildungen bekommen. Ich bin einerseits gelernter Augenoptiker, habe andererseits aber auch an der Hochschule in Schwäbisch Gmünd einen Bachelor in Design erworben und einen Master in Produktplanung. Durch meine ergänzenden augenoptischen Erfahrungen weiß ich, worauf es bei einer Brille ankommt, auch wie man sie verkauft.
Der auf Reduktion ausgerichtete Bauhaus-Ansatz – form follows function – wurde weitergetragen durch die Hochschule Ulm, dann aber auch durch Schwäbisch Gmünd. Der konzeptionelle und ideologische Ansatz ist ähnlich: „Less is more“. Mit beiden Ansätzen arbeite ich.
Sie passen auch zur Marke Rodenstock. Das Mindset stimmt. Ein ausgeflippter Crazy-Color-Typ würde nicht hierhin passen.
Auch heute sind die Farben Ihrer Kleidung mit Grau und Dunkelblau – fast Schwarz – recht zurückhaltend und stylisch reduziert. War das schon immer so?
In der Hochschule durften wir tatsächlich nur Schwarz, Grau, Weiß und eine Signalfarbe kombinieren. Das prägt. Im Grunde war die Farbe Grau vorherrschend, „all shades of grey“, frei nach Loriot sprachen wir schon damals vom freundlichen Gmündener Grau. (lacht) Die strategische Ausbildung an der Hochschule schätze ich im Nachhinein ganz besonders: Wie gehe ich in einem Design-Prozess vor? Wie generiere ich Ideen?
Prägend für meinen reduzierten Stil war sicher auch mein Studienaufenthalt an der finnischen Designakademie in Koupio.
Wer ist der Mensch Benjamin Heirich?
Während der Arbeit bin ich ein absoluter Teamplayer und kann lustig und salopp sein. Wenn es um das Produkt geht, täuscht sich der eine oder andere aufgrund meines Äußeren. Ich finde es ganz spannend, auch mit solchen Störern zu arbeiten. Es muss nicht immer das Hemd und das Jackett sein. Das kann ich auch, beispielsweise bei Messen, muss aber nicht. Mein Gegenüber bemerkt aber bei Präsentationen schnell die Expertise. Da bin ich sehr strikt. Zielführend zu sein, ist mir wichtig, jeder im Team muss wissen, wohin die Reise gehen soll.
Zu Hause oder in der Freizeit bin ich absolut naturverbunden. Nach stressigen Zeiten brauche in zwei, drei Tage im Zelt. Sonst nichts. Ich packe meinen Rucksack, steige in den nächsten Bus oder Zug, schaue nicht, wohin er fährt. Und los geht’s!
Als Einzelgänger?
Ja, um Energien zu tanken. Mit Freunden ist es keine wirkliche Erholung.