Brillen Mahl in Lebach: Von Mahl zu Mahl individueller
von Patricia Perlitschke,
„Brillen aus Leidenschaft seit 1974“ steht in großen Lettern auf Firmenschild und Website von Brillen Mahl, ganz in der „Established“-Tradition stolzer amerikanischer Handwerker und Ladenbesitzer. Im kleinen, aber feinen Optikladen im saarländischen Lebach setzt Andreas Mahl zusammen mit seiner Frau Jennifer auf ein erlesenes Brillensortiment für Individualisten.
Fest etabliert in der 19.000-Einwohner-Stadt im Landkreis Saarlouis hatten die Eltern von Andreas Mahl, Josef und Bärbel, das Familienunternehmen zu Beginn noch an einem anderen Standort als heute in der Marktstraße. Von Anfang an waren ihre vier Kinder im Laden zu Hause, besonders Klein-Andreas spielte mit allem, was die Werkstatt hergab. Da war es keine Überraschung, dass er den Beruf ergriff und nach der Meisterschule als Geschäftsführer einstieg. Das war 1999.
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Immer versuchten die Mahls, sich abzuheben. „In einer Zeit, in der es bei vielen Augenoptiker*innen noch überwiegend braune und graue Fassungen gab, führten meine Eltern schon früh außergewöhnliche Fassungen mit ausgefallenen Formen und Farben in Lebach ein“, erinnert sich der Sohn. Ein Weg, den Andreas Mahl und seine Frau Jennifer, die er ganz klassisch „auf der Arbeit“ kennen- und lieben lernte, in der zweiten Generation bis heute gehen.
Eine große Palette hochwertiger, außergewöhnlicher Marken, viele davon exklusiv fürs Saarland, zieht Brillenliebhaber aus dem Bundesland und zum Teil auch aus dem angrenzenden Rheinland-Pfalz, Luxemburg und Frankreich in den kleinen Ort 30 km nördlich von Saarbrücken: Götti, Thierry Lasry, Oliver Goldsmith, Veronika Wildgruber und W-eye, um nur einige zu nennen.
Ein Angebot, das hilft herauszustechen – allein in Lebach gibt es drei andere Augenoptikgeschäfte, in den angrenzenden Nachbarorten acht weitere.
Gewissenhafte Kontrolle des Sortiments
Andreas Mahl wählt sorgfältig aus, was er im 90 qm großen Laden anbietet, da kommt er nach dem Senior. „Sehr oft war ich bei Besuchen der Fassungsrepräsentanten dabei. Mein Vater ließ sich ausgiebig Zeit, die Ware zu prüfen, oft zum Schrecken der Außendienstler. Seine Genauigkeit und sein Anspruch an die eigene Arbeit haben mich geprägt. Immer wieder ertappe ich mich bei der Kontrolle von Scharnieren und Stegstützen, Lackierungen und Anpassbarkeit der Fassungen.“ Beim Einkauf achtet er auf spezielle Größen und wählt gezielt Fassungslinien für hohe Minus- oder Plusstärken und große und sehr schmale Köpfe aus.
„Mit unserem Angebot wollen wir eine Wahrnehmung für hochwertige Produkte schaffen und freuen uns über Menschen, die die Schönheit des Beständigen schätzen.“
Die Brillen der kleinen, unabhängigen Marken stammen zum Großteil von Herstellern aus Deutschland und der EU. Aus Gründen der Nachhaltigkeit, aber auch um einen verlässlichen persönlichen Ansprechpartner zu haben. Das Ziel von Mahl: „Mit unserem Angebot wollen wir wieder eine Wahrnehmung für hochwertige Produkte schaffen und freuen uns über Menschen, die wie wir selbst die Schönheit des Beständigen zu schätzen wissen. Auf Massenprodukte und die bekannten Modelabels, die oft nur kurzlebigen Trends nachlaufen und meist von fragwürdiger Qualität sind, verzichten wir.“
Die Corona-Krise hat ihn darin bestätigt, wie wichtig es ist, Hersteller aus Deutschland und Europa zu haben. Ebenso wie einen Glashersteller, der unabhängig arbeitet und in dieser Zeit ohne Verzögerungen in höchster Qualität liefern konnte.
Umzug ins Künstlerhaus
Zur Präsentation hochwertiger Designerbrillen braucht es ein passendes Ambiente. Einige Standortwechsel des Geschäfts innerhalb der Stadt gab es schon – alter Ortskern, dann Fußgängerzone in neugebauter Einkaufsmeile auf der „grünen Wiese“. Doch die hatte in den 90er-Jahren immer mehr mit Leerständen zu kämpfen und damit weniger Kundenfrequenz. 2007 fand Brillen Mahl ein neues Zuhause in besser frequentierter Lage in einem sanierten Altbau, praktischerweise zehn Gehminuten von Mahlschen Heim.
Der saarländische Künstler, Bildhauer und Maler Richard Hoffmann („Richoff“, Begründer der zelltektonischen Skulptur und Malerei – www.ric-hoffmann.de) hatte das alte Gemäuer in der Marktstraße in mühevoller Arbeit mit alten Bruchsteinen renoviert, modernisiert, zu einer Galerie umgebaut und schließlich an den Augenoptiker vermietet. Ein Glücksfall. „Es erfüllte uns mit Ehrfurcht, den vier Räumen mit ihrem Sandstein-Mauerwerk und den markanten Rundbögen neues Leben einzuhauchen.“
Die neue Umgebung brachte frische Inspirationen und Ideen für die Ausrichtung des Geschäfts. Mit langjährigen Stammkunden längst per Du, wollten Jennifer und Andreas Mahl die Atmosphäre im Geschäft noch gemütlicher machen: Das Konzept „Wohnzimmer“ war geboren und wurde 2019 umgesetzt.
Ein Jugendstilschrank wird zur Bar
„Wir fingen an, Möbel zu skizzieren und Regal-Prototypen zu bauen“, beschreiben die beiden die Verwirklichung ihres Raumkonzepts. Jede Kollektion wurde mit eigenem Auftritt gewürdigt, individuell in Szene gesetzt. Die modernen Eisenregale in Schwarz und die Fassungspräsentation im Schaufenster, die in Eigenregie gebaut wurden, bilden einen spannenden Kontrast zum alten Bruchsteinmauerwerk. Die übrigen Möbel und Vitrinen fertigte die Firma Möbel und Raum aus Michelstadt.
Alt und Neu zu kombinieren, gefällt den Mahls: „Besonders behaglich finden wir die Stoff bezogene Wand hinter unserer Beratungsecke, sie wirkt lebendig, schafft Ruhe und Intimität. Wir sitzen dort mit unseren Kunden, erzählen, beraten und genießen einen Espresso.“
Den gibt es frisch zubereitet an der Bar im Eingangsbereich. Auch hier die Kombi aus Gestern und Heute: Der Aufsatz auf dem Bartresen besteht aus dem entkernten Unterteil eines Jugendstilschranks aus Kirschbaumholz. Das Oberteil dient als Vitrine für die Kontaktlinsen-Pflegemittel, das „Gesims” umrahmt stilvoll den Kassenbereich.
Der Wohnzimmer-Look kommt an, die Bar ist ein Hingucker. „Viele Besucher gehen an der ersten Eingangstür vorbei und nehmen die zweite Tür, da sie wohl meinen, es wäre eine Kneipe“, berichten die Inhaber. Mitunter kämen auch gute Freunde und Kunden spontan vorbei zu einem Espresso oder einen Whisky.
Brillenauswahl erstaunt Kunden
„Wir arbeiten ausschließlich auf Termin, so bekommt jeder Kunde unsere volle Aufmerksamkeit. Es gehört zu unserer Philosophie, jeden individuell zu beraten, darum liegen die meisten Fassungen in Holzschubladen oder in unseren Vitrinen.“
„Am liebsten komplettieren wir die Persönlichkeit, die vor uns sitzt.“
Passende Modelle werden ausgesucht, die Vorauswahl auf einem Tableau präsentiert. Gemeinsam mit dem Kunden schaut man auf die Wirkung der Brillen. Oft sind die Kunden erstaunt, wie gut ihnen die Selektion gefällt, meist falle die Entscheidung auf ein Modell, dass sie selbst niemals anprobiert hätten, so Andreas Mahl.
Jennifer Mahl: „Es ist immer spannend, die Bedürfnisse und Wünsche unserer Kunden zu erfahren, um dann die perfekte Brille anzufertigen, unabhängig von Modetrends. Am liebsten komplettieren wir die Persönlichkeit, die vor uns sitzt.“
Für besonderen Gesprächsstoff sorgt ein großer Schrank mit Holzschubladen voller Retro-Beschläge. Hinter kleinen schwarzen Schildern mit verschiedenen Vornamen sind die fertigen Kundenaufträge sortiert. Auf weichem Filz warten die Brillen darauf, abgeholt zu werden. „Eine Reihe beinhaltet unseren Tagesablauf, so sehen wir, welcher Kunde als nächstes unseren Laden betritt, für jeden haben wir alles liebevoll vorbereitet.“
Der Sportoptiker radelt und läuft
Sportoptik ist ein Schwerpunkt bei Brillen Mahl, die Gegend erlaubt es: Fast 60 offizielle Radtouren von leicht bis schwer listet die Tourismus-Website „Urlaub im Saarland“ für das 2.500 Quadratkilometer kleine Bundesland auf, darunter den Saar-Radweg mit rund 110 km Länge. Radfahren, Laufen und Wandern sind die Sportarten, auf die sich Brillen Mahl vor allem spezialisiert hat.
„Die meisten Kunden betreiben irgendeine Sportart und sind froh, wenn man sie darauf anspricht und Lösungen aufzeigt.“
Wenn er Zeit hat, läuft und radelt Andreas Mahl auch: „Man sollte die Sportarten, für die man Brillen verkaufen möchte, selbst betreiben oder zumindest ausprobiert haben. Sportbrillen sind eine gute Ergänzung zu unserem sonstigen Angebot. Die meisten Kunden betreiben irgendeine Sportart und sind froh, wenn man sie darauf anspricht und ihnen Seh-Lösungen dafür anbietet.“
Mahl befasst sich mit Sportoptik, seit er in „jungen Jahren“ mit dem Laufsport anfing und selbst eine Sportbrille benötigte, versteht aber die Scheu mancher Augenoptiker*innen, dieses Segment anzubieten. „Am besten einfach damit anfangen“, so seine Ermutigung.
Brillen Mahl: Geschäftsstrategie Zusatzbrille
Die beste Marketing-Maßnahme sei hier immer noch die Mund-zu-Mund-Empfehlung. Neben der Ansprache im Kundengespräch forciert er das Thema über Social Media und von Zeit zu Zeit im Geschäft über ein Themenfenster. „Oft wählt der Kunde eine Sportbrille über ein Zusatzbrillenangebot. Wir planen auch wieder Veranstaltungen zum Thema Sportbrillen, haben das bis jetzt wegen der Pandemie zurückgestellt.“
Seit vielen Jahren kommen die Sportbrillen von Julbo Eyewear mit getönten Gläsern zum Einsatz. Das umfangreiche Fassungsprogramm mit vielen Größen und Passformen sowie die technischen Eigenschaften und der gute Service (besonders die Lieferung von Ersatzteilen) waren Mahls Kriterien für die Wahl der französischen Marke. Wenn dennoch verschiedene Parameter des sportlichen Kunden (Sph/Zyl/Curve/PD) nicht mit der Wunschfassung zusammenpassen, dann findet er in der Regel eine alternative Möglichkeit. Individueller Service auch hier.
Der schmucke Laden hat sich in seiner besonderen Nische bestens für die Zukunft aufgestellt. Seit über 20 Jahren leben und arbeiten Jennifer und Andreas Mahl in Lebach, haben vier Kinder im Alter von 19, 17, 15 und 9. Wie hoch stehen wohl die Chancen, dass einer der Sprösslinge ebenfalls die Augenoptik für sich entdeckt und durch Individualität bei Beratung und Brillen bald von sich reden macht? Ma(h)l sehen!
Augenoptiker*in zu sein ist vielseitig und herausfordernd zugleich. Wer hier mit Herzblut, Mut zum Risiko und frischen Ideen erfolgreich seinen Weg geht, verdient unsere ganze Aufmerksamkeit. In jeder Ausgabe von eyebizz portraitieren wir Unternehmerpersönlichkeiten, die kennenzulernen sich lohnt. Kennen Sie eine solche Persönlichkeit oder sind Sie selbst eine? Dann bitte Nachricht unter redaktion@eyebizz.de!