Manufaktur-Brillen von Resch: Maßgefertigt statt von der Stange
von Dr. Jürgen Bräunlein,
In seiner Werkstatt fertigt der Lüneburger Augenoptiker Peter Resch Brillenfassungen aus Carbon nach individuellen Kunden-Wünschen. Sein Konzept vom maßgeschneiderten Brillen-Design bei „Resch. Manufaktur-Sehen“ zeigt, wie sich Augenoptiker unabhängig von Filialisten und Online-Handel positionieren können. Kürzlich gab’s dafür sogar den Staatspreis „Erfolgsfaktor Design“ des Landes Niedersachsen.
„Eigentlich wollte ich schon immer meine eigenen Brillen entwerfen, wusste aber auch, wie groß diese Herausforderung ist“, sagt Peter Resch. „Immerhin nörgelte ich an vorhandenen Modellen herum, musste mir also ehrlich die Frage stellen: Kann ich es denn wirklich besser?“ Beim Wälzen eines Katalogs stieß der Augenoptiker dann auf Carbonplatten, ein Material, das im Flugzeug- und Hubschrauberbau und auch von Prothesenherstellern verwendet wird.
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Carbon: Stabilität und Leichtigkeit
Damit war Resch, der sich 1996 in Jesteburg mit einem eigenen Geschäft selbstständig gemacht hatte, auf der richtigen Spur. Maßgeschneiderte Brillen für seine Kunden, in der eigenen Werkstatt angefertigt – so die Vision – warum nicht aus Carbon? Die Verbindung von enormer Stabilität und verblüffender Leichtigkeit macht das Material für Brillenfassungen besonders attraktiv.
Doch es sollte vier Jahre dauern, bis „Resch. Manufaktur-Sehen“ 2014 starten konnte. Peter Resch sprach mit Kollegen, besuchte Messen, suchte den Kontakt zu Technologieanbietern. Kniffelige Probleme mussten gelöst werden. Wie lässt sich etwa das dunkle Carbon gut färben, denn die Kunden sollten aus einem breiten Farbspektrum wählen können?
Daneben entwickelte der pfiffige Augenoptiker ein eigenes Scharnier, das er auch patentieren ließ. Damit setzte er für seine individuellen Brillen einen Design-Akzent, der als Wiedererkennungselement dient. Und nicht zuletzt musste der Unternehmer viel Geld investieren, 50.000 Euro allein für eine moderne CNC-Fräse. Die Ehefrau, ihres Zeichens Bilanzbuchhalterin, war als rechnender Kopf mit von der Partie.
Mehr als 200 verschiedene Brillen-Formen
In der Manufaktur Lüneburg ist der Weg zur individuellen Carbon-Brille nun verblüffend einfach. Auf dem Bildschirm kann sich der Kunde mit verschiedenen Fassungen betrachten und die jeweilige Wirkung prüfen. Größe, Form und Farbe kann er vielfach verändern, auch asymmetrische Varianten wählen. Ist eine Entscheidung gefallen, geht’s ans Programmieren. Eine computergesteuerte Fräse schneidet die Fassungsform aus der Carbonfaserplatte heraus. Mehr als 200 unterschiedliche Formen sind dabei schon entstanden.
„In einer Zeit, in der das Internet mit auf dem Sofa sitzt, kann ich mich als Augenoptiker mit einer eigenen Brillen-Manufaktur absetzen.“
Die Manufaktur bietet so Brillen in individueller Maßanfertigung statt Standard von der Stange. Die Kunden schätzen das sehr, so Peter Resch, vor allem die Möglichkeit der Farbwahl. „Bei namhaften Herstellern gibt es ja oft nur drei verschiedene Farben pro Kollektion, dann ist Schluss. Bei uns ist ziemlich viel möglich. So hatten wir den Fall, dass sich jemand bei der Farbe seiner Brillenfassung an dem Logo seiner Firma orientiert hat. Was etwas ganz Besonderes war.“ Im Übrigen seien seine Kunden nicht unbedingt technik-affin, wie er anfangs dachte, sondern bunt gemischt. Alle aber schätzen den Tragekomfort der rund 10 Gramm leichten Fassungen.
So wie die angebotenen Brillen maßgeschneidert sind, ist auch die Einrichtung nicht von der Stange. Peter Resch hat den Ladenbau selbst entworfen. Er besorgte sich alte Werkstattschränke, um dort die Brillen angemessen präsentieren zu können. Denn: „Der Manufaktur-Gedanke, für den wir stehen, muss schon vorne im Laden sichtbar sein.“
Den großen Branchenplayern Paroli bieten
„In einer Zeit, in der das Internet mit auf dem Sofa sitzt, kann ich mich als Augenoptiker mit einer eigenen Brillenmanufaktur absetzen.“ Davon ist Peter Resch überzeugt. Als er mit seinen individuell gefertigten Carbonbrillen anfing, war das alles noch kein so großes Thema, jetzt aber ist es in aller Munde: Wie können mittelständische Augenoptiker unvergleichlich werden, preisunabhängig sein, sich erfolgreich auf dem Markt behaupten und dabei ihre Freude am Beruf bewahren?
Anfang des Jahres wurde die „Resch. Manufaktur-Sehen“ mit dem Niedersächsischen Staatspreis für das gestaltende Handwerk ausgezeichnet. Peter Resch empfing den mit 3.000 Euro dotierten Preis „Erfolgsfaktur Design“ aus den Händen von Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann. Als Basis für die Bewertung wurden neben dem Geschäftskonzept die Internetseiten herangezogen.
Der Webauftritt von Resch zeigt nach Ansicht der Jury, dass der Augenoptikbetrieb über eine durchgehende Designorientierung verfügt, die sowohl in den angebotenen Produkten wie auch in der Kommunikation im Internet (Website, Social-Media-Kanäle) bis hin zur Firmenkleidung sichtbar wird. Wörtlich heißt es: „Mit maßgeschneiderten Lösungen auf Kundenbedürfnisse zu reagieren, macht die Stärke des Unternehmens „Resch. Manufaktur-Sehen“ aus, das damit den großen Playern dieser Branche durchaus Paroli bieten kann.“
Lüneburger Netzwerk „Manufaktur Lebensart“
Derzeit hat der 52-jährige Augenoptiker für das Geschäft in Jesteburg und die Manufaktur in Lüneburg vier Mitarbeiter, Neueinstellungen sind geplant. Für eine bundesweite Verbreitung seiner Brillen-Unikate aus Carbon sorgt die Zusammenarbeit mit Partneroptikern. Und die soll weiter ausgebaut werden: „Ich denke, wir haben ein rundes Konzept für stationäre Augenoptiker, die ihren Kunden etwas Individuelles anbieten wollen.“
Ohnehin ist Peter Resch ein vorbildlicher Netzwerker. Mit acht anderen Unternehmern Lüneburgs hat er sich zur „Manufaktur Lebensart“ zusammengeschlossen. Vertreten sind inhabergeführte Geschäfte, die „echte und originale Wert- und Handarbeit am Menschen“ anbieten, darunter Dienstleistungen wie Schuhmacherei, Personalberatung oder auch Naturkosmetik. Mit einer gemeinsamen Homepage, gemeinsamen Flyern und in Zukunft auch gemeinsamen Veranstaltungen unterstützen und bewerben sich die neun Manufakturisten gegenseitig.