Mit 40.000 Euro Startkapital zog Oscar Valledor vor rund sechs Jahren aus, um die Augenoptik Spaniens umzukrempeln. Weder transparent noch innovativ sei die einseitig dominierte Branche. Seitdem ist Project Lobster auf Expansionskurs, der Panzer ist schon mehrmals zu klein geworden!
Was hat ein Hummer mit Brillen zu tun? Die Frage drängt sich all jenen auf, die die Geschichte der Läden des Start-ups „Project Lobster“ in Spanien noch nicht kennen. Deswegen schauen wir noch einmal hinüber nach Spanien.
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Oscar Valledor, Gründer und CEO von Project Lobster aus Barcelona, hatte schon als BWL-Student den Businessplan für sein Brillen-Projekt im Kopf und fand in dem Hummer die perfekte Metapher: Die Krustentiere müssen während ihres Wachstums immer wieder ihren Panzer abwerfen, der dann in größerer Form nachwächst. Darin sah er eine Parallele zu seinem Projekt, das sich vom alten Panzer der Augenoptik befreien und deren Regeln neu erfinden soll, um sich im Markt zu behaupten und organisch zu wachsen.
„Digital native Brillenmarke mit Produkten erstklassiger Qualität“
So nahm 2018 mit gerade einmal 40.000 Euro Startkapital das Project Lobster seinen Anfang, mit dem der 24-jährige katalanische Jungunternehmer auszog, um die Branche seines Heimatlandes umzukrempeln.
„Die Optik-Industrie ist von jeher weder transparent noch innovationsfreudig. Zudem dominiert praktisch ein einziges Unternehmen die ganze Branche“, erklärt Valledor und ergänzt aus Überzeugung. „Wir dagegen sind eine digital native Brillenmarke mit Produkten erstklassiger Qualität aus Eigendesign, die wir herstellen lassen und zu einem erschwinglichen Preis direkt an den Endkunden verkaufen. Eine Brille, von Fassung bis Gläser, geht durch zu viele Hände, bis sie beim Endkunden ankommt. Das ist ineffizient und verteuert das Endprodukt. Ich habe das selbst erlebt, als ich mir als junger Student meine erste Brille zulegen musste und dachte, das müsse mit Sicherheit anders und besser gehen.“
Project Lobster: Anfänglich vor allem online
Nachdem die Brillen-Manufaktur anfänglich vor allem auf den Online-Verkauf setzte, wurde Valledor schnell klar, dass stationäre Läden der Schlüssel zum Erfolg sind. Im Herzen von Barcelona entstand so 2022 in den ehemaligen Räumen der legendären Kunstgalerie René Matras im Eixample-Viertel das Flaggschiff Casa Lobster. Für die Planung und Umsetzung des Hauses holte sich Oscar Valledor den Architekten Alberto Eltini und die Innenarchitektin und Kreativdirektorin Marina Martín der Agentur El Departamento ins Boot.
„Wir haben uns bei dem Design von den Gegebenheiten und dem Charakter der ehemaligen Galerie inspirieren lassen und die Fläche als begehbares Kunstobjekt konzipiert, in dem die verschiedenen Materialen, Texturen und Lichteffekte die Stimmung prägen und die Brillen wie in einer Performance mitten im Raum in Szene gesetzt werden“, erklärt Marín. „Wir wollten ganz bewusst mit der Tradition herkömmlicher Optikerläden brechen, Brillenfassungen einfach in Reih und Glied an der Wand zu platzieren. Project Lobster ist eine innovative und mutige Marke und Casa Lobster sollte diesem Anspruch auch gerecht werden.“
Bei der ersten Begehung entdeckten die beiden im Innenhof eine schmale, halbrunde Glas-Überdachung und interpretierten die Idee neu in Form eines Bogengangs aus zwölf transparenten Methacrylat-Röhren, der sich wie eine Arkade durch den Showroom schlängelt. Als Ergänzung brachten sie an der Decke eine Art Girlande aus kurzen Methacrylat-Stäben an. Von der Verkaufsfläche geht es durch moderne, luftige Wohnzimmer-Bereiche hindurch zu der als offene Küche konzipierten Werkstatt. Dann weiter in einen sonnigen, mediterranen Innenhof mit Oliven- und Zitrusbäumen, Terrassenmöbeln aus Teakholz sowie hellblauen hydraulischen Fliesen. Dort befindet sich noch ein separater Pavillon, der als Meeting-Raum genutzt wird.
Samtpodeste als individuelle Bühnen
Die maßgefertigten Möbel in überwiegend organisch runden Formen mit sorgfältig ausgesuchten Stoffen in Orange und Olivgrün verleihen kombiniert mit dem warmen Holz jedem Winkel einen ganz speziellen Charakter. Die Brillenfassungen bekommen auf kleinen hellblauen Samtpodesten ihre individuellen Bühnen.
Tatsächlich ist es gelungen, den Galerie-Charakter der Räumlichkeiten nicht nur zu erhalten, sondern sogar noch weiter zu entwickeln, denn beim Durchlaufen begibt sich der Besucher auf eine visuelle Entdeckungsreise voller Überraschungen. Aufgrund der hohen Aufenthaltsqualität nehmen die Besucher auch gerne auf den einladenden Sofas in den Verweilzonen Platz, um die Atmosphäre in Ruhe auf sich wirken zu lassen und das emotionale Erlebnis zu genießen.
Die mittlerweile neun Läden in Barcelona, Madrid, Valencia und Zaragoza sind zwar alle unterschiedlich, weisen jedoch durchweg eine innovative Designsprache auf, die auf jede einzelne Location zugeschnitten ist und sich von der klassischer Augenoptik-Geschäfte deutlich unterscheidet. Eine der neuesten Lobster-Boutiquen im angesagten Borne-Viertel in Barcelona ist mit nur 40 Quadratmetern zwar relativ klein, besticht aber durch ihr minimalistisches, monochromatisches Design.
Möglich wurde dieses Wachstum des Start-ups durch mittlerweile zwei Investitionsrunden der Investoren. Zunächst flossen 2019 1,2 Millionen Euro, mit denen das stationäre Ladennetz und das technologische Know-how ausgebaut wurden. In einer zweiten Finanzierungsrunde heimste das Lobster-Team vergangenes Jahr weitere zwei Millionen Euro für seinen Expansionskurs ein. Das Ziel für 2024: den Umsatz von zwei auf drei Millionen Euro zu steigern.
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Project Lobster Gründer / Geschäftsführer: Oscar Valledor Eröffnung: 2018 Erstes stationäres Geschäft: „Casa Lobster“, 2022 in Barcelona Filialen: 9, in Barcelona, Madrid, Valencia, Zaragoza Umsatzziel 2024: 3 Millionen Euro www.projectlobster.com
Artikel aus der eyebizz 6.2024 (November/Dezember)