Günther Fielmann hat die Augenoptik geprägt wie kein Zweiter. Am 3. Januar verstarb er im Alter von 84 Jahren. Zu seinem Tod hat bereits einige Nachrufe auf einen besonderen Menschen und einen großartigen Augenoptiker gegeben – und das nicht nur in unserer Branche.
Schon bevor der 84-jährige Unternehmer, Mäzen und Professor in seinem Wohnort Lütjensee in Schleswig-Holstein „im Kreise seiner Familie friedlich eingeschlafen ist“, wie es in der Mitteilung Fielmann-Gruppe heißt, war es in den vergangenen Jahren still um Günther Fielmann geworden.
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Es passt zum Lebenswerk und gewiss zur Persönlichkeit von Günther Fielmann, dass er seine Nachfolge von langer Hand geplant hatte. 2012 sichert er den bestimmenden Einfluss der Familie Fielmann für zukünftige Generationen, indem er die Mehrheits-Beteiligung an der Fielmann-Gruppe in eine Familienstiftung überführt. Von diesem Zeitpunkt an bis 2019 überträgt er die Verantwortung sukzessive an seinen Sohn Marc.
Kurz nach seinem 80. Geburtstag übergibt der Vater dann die Führung der Fielmann-Gruppe und unmittelbar darauf ebenfalls die der Familien-Holding und -Stiftung an seinen Sohn. Einmal mehr gibt er damit ein Vorbild ab, dieses Mal „für eine gelungene Nachfolge-Regelung in einem Familien-Unternehmen“, wie es der Aufsichtsrats-Vorsitzende der Fielmann Group AG, Prof. Mark Binz, formuliert. „Prof. Fielmann war ein Jahrhundert-Unternehmer und Visionär. Mit strategischem Weitblick, einem klaren Fokus auf die Wünsche der Kunden und einem vorbildlichen Engagement für das Gemeinwohl hat er die deutsche Wirtschaft weit über die Grenzen der Augenoptik und Hörakustik hinaus geprägt.“
Im Jahr 2024 ist die Fielmann-Gruppe mit mehr als 1.000 Niederlassungen Marktführer in Zentral-Europa und mit rund 23.000 Mitarbeitenden das drittgrößte Unternehmen der augenoptischen Branche weltweit. Man muss sich aber nicht die Leistungen eines Günther Fielmann zu Zeiten seines Todes ansehen, um zu begreifen, welch eine herausragende Unternehmer-Persönlichkeit er war. Spätestens 1972 mit der Eröffnung seines ersten Geschäfts in Cuxhaven krempelt er die Branche um, legt den damals obligatorischen weißen Kittel des Augenoptikers ab und dem Unternehmen das Credo „Der Kunde bist du“ zu.
In den folgenden Jahren steht er dafür, die Brillenfassungen anders als bis dato gewohnt offen zu präsentieren. Vor allem aber die meist kostenlosen Serviceleistungen und Garantien machen den Brillen-Trägerinnen und -Trägern Freude, den Mitbewerbern eher weniger. Zumal Fielmann auch die Preise für Brillenmode senkt – bis der Nulltarif so etwas wie ein zweiter Vorname des Gründers wird.
Günther Fielmann, der Fotograf werden möchte, beginnt 1956 dem Rat des Vaters folgend eine Ausbildung zum Augenoptiker. Nach ein paar Jahren als Geselle besucht er die Höhere Fachschule für Augenoptik in Berlin und macht 1965 seinen Abschluss als Augenoptikermeister. Es folgen prägende Jahre in der Industrie: Bei Essilor und Bausch + Lomb, dem seinerzeit zweitgrößten Optikkonzern der Welt, lernt Günther Fielmann alles über Brillengläser und Fassungen. Die Preispolitik der Branche treibt ihn bereits um, die Verkaufspreise von Brillen empfindet er schon damals flächendeckend als zu hoch.
Es sind wohl passende Worte, die Marc Fielmann als CEO der Fielmann-Gruppe und als Sohn eines wahrhaft visionären Geistes nach dem Tod von Günther Fielmann findet. Sie beschreiben auch die Philosophie der Gruppe, die untrennbar mit ihrem Gründer verbunden ist: „Mein Vater hat immer wieder kundenfreundliche Leistungen eingeführt, die es vordem nicht gab. Er hat die gesamte Branche im Dienste der Kunden revolutioniert. Sein Lebenswerk erfüllt uns mit Respekt und ist für uns Ansporn, allen Menschen zu helfen, die Schönheit der Welt zu hören und zu sehen. Während wir unser Familien-Unternehmen in die Zukunft führen, bewahren wir die kundenfreundliche Philosophie, die Werte und das Menschenbild, die uns groß gemacht haben.“
Günther Fielmann: Nicht nur Unternehmer, auch Naturmensch
Günther Fielmann bleibt nicht nur als Unternehmer in Erinnerung, er nutzt seine Schaffenskraft als Naturmensch unter anderem als Biobauer und Züchter von Limousin-Rindern. Auf seinem Hof Lütjensee züchtet er gefährdete Haustierrassen wie das Angler Sattelschwein oder das Kärntner Brillenschaf. 1986 verspricht er, künftig für jeden Mitarbeiter seines Unternehmens jedes Jahr einen Baum zu pflanzen. Mehr als 1,7 Millionen Bäume und Sträucher hat Fielmann nach eigenen Angaben inzwischen gepflanzt.
Die Fielmann-Gruppe übernimmt Verantwortung für die Umwelt. Das Familien-Unternehmen engagiert sich für Projekte im Natur- und Umweltschutz sowie in der Kunst und Denkmalpflege, unterstützt Kindergärten und Schulen. Die Familie Fielmann ist langjähriger Förderer von Kultur-Veranstaltungen wie dem Schleswig-Holstein Musik Festival, lädt alljährlich zum überkonfessionellen Advents-Gottesdienst auf Gut Schierensee, unterstützt Landesmuseen, Medizin und Forschung.
Für seinen unternehmerischen Mut und sein soziales und gesellschaftliches Engagement erhält Günther Fielmann viele Auszeichnungen, darunter 2016 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Im selben Jahr verleiht ihm Schleswig-Holstein die Ehrenbürger-Würde des Bundeslandes, das ihn bereits 2002 zum Professor des Landes ernennt.
Unmittelbar nach dem Tod des Vaters errichten Tochter Sophie und Marc die gemeinnützige Fielmann Förderstiftung. Die Stiftung führt das jahrzehntelange gesellschaftliche Engagement in die Zukunft. Sie unterstützt weiterhin Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, Denkmalschutz und Denkmalpflege sowie den Naturschutz und die Landschaftspflege, vornehmlich in Norddeutschland.