Erfolgsrezept von Kraft Augenoptik Stuttgart, Teil 1
Unternehmenskonzept: Über Bohemian Rapsody zum Lieblingskunden
von Christine Höckmann,
In einer dreiteiligen Serie schildern die Jungunternehmer Jonathan Volz und Tino Rathmann von der Unternehmensberatung Vi-arise für eyebizz, wie sie beim Unternehmenskonzept von Kraft Augenoptik in Stuttgart vorgegangen sind, und was andere Augenoptiker daraus lernen können. Thema des ersten Teils: die strategische Basis: Wie kommt man zu einem stimmigen Unternehmenskonzept, wer sind die Zielgruppen und welche Auswirkungen hat dies?
Was hat die Lederjacke von Freddy Mercury mit Augenoptik zu tun? Viel. Denn die Begeisterung für Rock oder einen besonderen Stil kann den Weg zum Erfolg weisen. Bei der opti im Januar koordinierten Jonathan Volz und Tino Rathmann von der Unternehmensberatung Vi-arise (Stuttgart) die Customer Journey in Halle 6. Ein neuer Messebeitrag, der für Aufsehen sorgte. Auch den Augenoptiker Andreas Kraft (49) aus Stuttgart berieten sie konzeptionell und führten sein Business zum Erfolg. Dabei spielt die Lederjacke von Freddy Mercury eine ganz besondere Rolle.
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Kraft Augenoptik oder das Wunder Kundentreue
Augenoptiker Andreas Kraft, ein modebewusster Freigeist, hatte schon immer eine Vorliebe für Lifestyle-Produkte, die eine Geschichte erzählen. Vor über zehn Jahren entdeckte er die handgefertigten Echtleder-Fliegerjacken des Familienunternehmens Aero Leather aus Schottland. Die Jacken avancierten über viele Dekaden hinweg zur bevorzugten Marke von zahlreichen Rockstars und Hollywoodgrößen. Zu den prominenten Trägern gehören Suzi Quadro, Daniel Craig, Leonardo di Caprio, Marlon Brando und eben Freddy Mercury.
Aufgrund ihrer originalgetreuen Reproduktion von 30er-, 40er- und 50er-Jahre-Modellen fanden die Jacken sogar in zahlreichen Hollywood-Produktionen Verwendung. Andreas Kraft: „Ich selbst trage eine Aero B-3 Fliegerjacke. Wenn man die aus dem Schrank holt, riecht es gleich nach Abenteuer. Die hohe Werthaltigkeit, der einzigartige Stil begeistern nicht nur meine Kunden.“
Der nächste Schritt lag nahe: Er entschloss sich mit seiner Marke „Willems Eyewear“ zu einer Kooperation mit dem Lederjacken-Hersteller. Auf Basis der Jacken entstanden klassische Fliegerbrillen und Brillenetuis, aus demselben Leder wie die Jacken, sogar genauso mit Wolle gefüttert. Zusätzlich kreierte er die passenden Pilotenbrillen, um das Outfit abzurunden. Die Zielgruppe ergab sich damit praktisch von selbst: Männlich, 27 bis 45 Jahre alt, freiheitsliebend, Abenteurer und Individualist mit höherem Einkommen.
Brille, Jacke und Motorrad
Jemand aus dieser Zielgruppe kauft seine Brillen weder in einer Handelskette noch im Online-Basar. Dieser Kunde legt Wert auf die Geschichte hinter den Produkten. Sodass der Einkauf ein weiteres, individuelles Abenteuer darstellt. Da diese Ausrichtung aus ganz persönlichen Vorlieben entstanden ist, spürt der Besucher beim Betreten des Geschäftes das authentische Gesamtkonzept sofort. Von der Ladenarchitektur, den angebotenen Produkten, Accessoires und der zentralen „Concept Corner“ mit einer Triumph Bonneville bis hin zu den Mitarbeitern steht alles im Einklang.
Für Motorrad-Laien: Die Modelle der Triumph Bonneville sind britische Design- und Technik-Ikonen und Legenden, die Zweirad-Liebhaber vollends ins Schwärmen bringen. Das Kraft-Konzept avancierte so zum Geheimtipp. Der Preis rückt als Faktor für die Kaufentscheidung in den Hintergrund.
Andreas Kraft hat selbst mehr Spaß an der Arbeit, denn er ist, so Berater Tino Rathmann „den ersten wichtigen Schritt gegangen, nur die Kunden zu suchen und anzusprechen, bei denen er sich selbst wohlfühlt.“ Für Rathmann ist es nur konsequent, dass die Strategie zum Erfolg geführt hat: „Wenn Sie sich gut fühlen und Spaß an der Arbeit mit Ihren Kunden haben, dann wird Ihr Gegenüber ebenso empfinden und wiederkommen.“
Da der Großteil aller Kaufentscheidungen emotionale Entscheidungen sind, kann diese Veränderung tatsächlich Wunder bei der Kundentreue bewirken. Hingegen zu versuchen, möglichst alle Kundengruppen gleich gut zu bedienen, bedeutet vielleicht mehr Quantität, doch endet dieses Bemühen oftmals in weniger Qualität für die wichtigen Lieblingskunden.
Lebensgefühl als Verkaufsargument
Jonathan Volz ergänzt: „Das soll nicht bedeuten, dass Sie ab morgen die Hälfte der Kunden nicht mehr bedienen, doch vor allem sollte sich die Wunsch-Kundengruppe vom Konzept angesprochen, angezogen und verstanden fühlen.“ Denn klar ist: Der Konkurrenzdruck nimmt online wie offline zu.
Es ist ein Lebensgefühl, für das Andreas Kraft von seinen Kunden vor allem auch geschätzt wird. Auf der Website erklärt er dazu: „Auf unserem Weg, vom Konsum zurück zum Genuss, stoßen wir nicht nur auf bemerkenswerte Brillenfassungen, sondern treffen auch einzigartige Menschen. Bei uns finden Sie Produkte von Unternehmen, die sich mit der gleichen Leidenschaft ihrem Kunden, ihrem Produkt und ihrem Mitarbeiter verpflichtet fühlen, so wie wir. Mit Fingerspitzengefühl treffen wir unsere Wahl und lassen unser Herz entscheiden. Ich freue mich, Ihnen Brillen und Menschen vorzustellen, die ihresgleichen suchen.“
Die Idee greift weiter Raum. Andreas Kraft bringt mit Willems Eyewear und seinen Produkten diese Geschichten zu mittlerweile über 500 Boutique-Optikern.
Wie ein Unternehmenskonzept gefunden wird
Gesucht: Das Bild des Wunschkunden
„Vor allem anderen sollten sich Unternehmer zunächst ein Bild von ihren Wunschkunden machen“, erklärt Tino Rathmann zu der Frage, wie man zu einem individuellen Geschäftskonzept findet: „Am besten diese Lieblingskunden klassifizieren nach Alter, Geschlecht, Interessen, Persönlichkeit, Kaufverhalten, Bedürfnissen, Einkommensklasse. Diese Aspekte lassen sich als kurze Liste zusammenstellen, um einen Überblick zu bekommen.
Ergibt sich bereits ein Muster? Wenn ja, grandios. Wenn nicht, überlegen, warum es gerade diese Personen sind, die von Interesse sind. Was haben sie gemeinsam? Sind sie Ihnen vielleicht in irgendeiner Weise ähnlich oder woher kommen die positiven Gefühle gegenüber diesen Menschen? Sind wirklich alle aktuellen Produkte für diese Zielkunden relevant?“
Bei der Festlegung des Sortiments sollte man sich auf relevante, gut laufende Produkte reduzieren, um sich zu spezialisieren. Jonathan Volz: „Es gilt zu überlegen, ob Ladenfläche, die diese überflüssigen Produkte in Anspruch nehmen, nicht besser verwendet werden kann. Es hilft, sich in den Zielkunden hineinzuversetzen. Welche Absicht hat er oder sie, wenn er oder sie das Ladengeschäft betritt? Welches Produkt oder welche Dienstleistung könnte kundenspezifische Probleme lösen? Benötigt der Kunde andere Produkte, die ihm einen Mehrwert bieten?“
Auch hier lohne sich, in die Gedankenwelt des Kunden abzutauchen: Warum kommt der Kunde ins Geschäft? Geht es wirklich um Sehschwäche? Wenn ja, welche Möglichkeiten in Richtung Heilung und Prävention werden geboten? Das gesundheitliche Wohl des Kunden ist die eine Sache, ihm wird aber auch an der Gesundheit seiner Familie gelegen sein. Gibt es OrthoK-Linsen oder ähnliche Produkte im Angebot? Oder kommen Fashion-Affine, um Designer- und Modebrillen zu kaufen und sich beraten zu lassen? Gibt es den passenden Schal, exklusive Etuis, die passenden Ohrringe oder Handschuhe im Angebot? Was bei Amazon und Co. über „Produkte, die Ihnen gefallen könnten“ standardisiert läuft, ist kopierenswert.
Die Quintessenz fasst Volz so zusammen: „Augenoptiker wissen dann ganz genau, wer vor ihnen steht und haben einen persönlichen Bezug. Dieser einzigartige Vorteil lässt sich nutzen, um Kunden glücklich zu machen und somit zu treuen Stammkunden und vielleicht sogar Freunden zu konvertieren.“
// CH
ID [9175]
Der zweite Teil dieser Serie befasst sich mit erfolgreicher Kommunikation am Beispiel des Augenoptikers Kraft aus Stuttgart.
Jonathan Volz, 29, seit fünf Jahren Geschäftsführer und Inhaber von Vi-arise Communication. „Release the Potential of People and Brands” ist seine Vision für die Beratung von Eigen- und Fremdmarken.
Tino Rathmann, 27, Head of Strategy bei Vi-arise Communication. Als Künstler, Konzepter und Grafik-Designer transformiert er seine Leidenschaft für innovative Konzepte und Ideen in die Welt der Marken und Unternehmen.