Namen bedeuten auch immer das, was man in ihnen lesen will. So ist für die einen Mapleton ein Ort irgendwo in den USA, für andere einfach nur ein schwierig auszusprechendes Wort. Aber Brillen-Experten, die ein Faible für markantes Design haben und traditioneller Handwerkskunst einen Wert beimessen, kennen Mapleton als Brillenmarke, die seit ihrer Entstehung auf beides großen Wert legt.
Verblüffend, wie Brillen inszeniert werden können. 2017 bei einer Brillenmesse in Hamburg sticht es sofort ins Auge: Ein Mann mit schwarzer Acetatbrille klettert einen Strommast hinauf. Ein Bild, ein Statement. Sie sitzen schließlich an der Quelle, die beiden Gründer von Mapleton, Florian Baron und Klaus Stiegemeyer. Kunst und Kultur, Fotografie und Texte sind ihre Welt. Und seit einiger Zeit auch Brillen.
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Die beiden lernen sich in den 1990er Jahren kennen, markant „bebrillt“: „Unsere erste Begegnung war in einem holzgetäfelten Gemeindesaal auf St Pauli. Hier hatte sich gerade die frisch gegründete Werbeagentur Philipp und Keuntje niedergelassen. Da in den 1990ern eine große schwarze Acetat-Brille eher selten war, war das Aufeinandertreffen von gleich zweien beinahe historisch!“, erinnert sich Baron, der in Hamburg Germanistik und Kunstgeschichte studiert hat.
Nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Werbetexter arbeitet Baron zwölf Jahre als Galerist und Kunsthändler in Köln und Berlin. Danach steigt er bei Klaus Stiegemeyer Photographers ein, wo er als Künstleragent Werbefotografen vermarktet. Klaus Stiegemeyer ist der Augenoptiker von den beiden, mit mehreren Jahren praktischer Erfahrung in verschiedenen Fachgeschäften. Dann studiert er in Hamburg Betriebswirtschafts-Lehre und geht nach seinem Abschluss als Berater in die Werbung. 2002 gründet er die Agentur Klaus Stiegemeyer Photographers. Seit 2015 betreibt er gemeinsam mit Baron das Brillenlabel Mapleton.
Die Idee eines modernen Klassikers
Zum Start sind beinahe alle Mapleton-Fassungen schwarz, dickrandig und ganz überwiegend maskulin. Sie finden schnell Anklang bei experimentierfreudigen Fashion-Nerds, oft aus der Kunst- und Medien-Szene, in der auch die beiden Mapleton-Gründer zuhause sind. Mapleton hat einen klar definierten Anspruch an Fassungen, der die Brand auch außerhalb der Hansestadt zu einem Hamburger Hero macht. Es geht um prägnante Brillen für modeaffine Typen, für die Coolness einen genauso hohen Stellenwert hat wie nachhaltige Produktion und klassisches Design.
„Auf der Suche nach passenden Gestellen sind wir immer wieder an Grenzen gestoßen, da Form und Verarbeitung nur selten auf einem Niveau sind. So entstand die Idee, selber Brillen zu machen, Brillen für uns und für Leute, die unsere Ideen teilen.“
Hochwertiges Bio-Acetat und feinste Messing-Scharniere sind die weiteren Bausteine des Konzepts, das sowohl das Zielpublikum als auch die beiden Gründer glücklich macht. Die Brillenfassungen werden in reiner Handarbeit in einer Manufaktur in Süddeutschland hergestellt. Mit über 50 Arbeitsschritten bis zur Fertigstellung einer einzigen Fassung ist Mapleton nicht unbedingt massentauglich, aber der Idee eines Klassikers vielleicht etwas näher als andere.
So wird in wenigen Jahren aus dem Brillen Start-up ein kleines Unternehmen, das sich nicht nach dem Wind dreht, sondern pure, echte, massive und handwerklich hochwertige Brillen in Deutschland herstellt.
/// DS
„Showroom freut sich auf Besucher“
Independent Show
Ende Mai 2024 fand das erste kleine Sales-Event mit drei befreundeten Independent Labels statt. Eine Veranstaltung, die nun regelmäßig in unterschiedlicher Besetzung geplant ist, um kleinen Marken ein Forum zu bieten. „Unser toller Showroom hat die Türen geöffnet und freut sich über Besucher,“ meint Florian Baron.
Handarbeit mit historischen Maschinen
Es wird sonnig: Ab sofort werden mit einem „neuen“, historischen Weco aus den 1980er Jahren handgefräste Formscheiben und hochwertige Sonnenschutzgläser in limitierten Farben mit den Fassungen zu Sonnenbrillen zusammengesetzt, alles in Handarbeit in der Werkstatt im Keller.
Limitierte Editionen
Ab September dieses Jahres soll die erste limitierte Edition in der Sonderfarbe des Mapleton-Models „1984“ präsentiert werden (alle Modelle sind nach Jahreszahlen benannt). Von diesen speziellen Modellen wird es nur je 40 Stück geben, alle einzeln nummeriert.
Interview mit Florian Baron und Klaus Stiegemeyer
Mapleton: „Namen als modernen Klassiker etablieren“
Die beiden Mapleton-Gründer haben viel gemeinsam, Florian Baron und Klaus Stiegemeyer sind selten unterschiedlicher Meinung. Das Interview führte eyebizz mit Florian Baron, die Antworten kommen aber von beiden Unternehmern.
eyebizz: Wie und wann entstand die Idee zur Gründung von Mapleton Eyewear?
An einem Sommertag 2015 standen Klaus und ich vor der Frage, welche Brille am besten zu uns passen würde. Am Ende des Tages kamen wir zu dem Schluss, dass die schönste Brille für uns noch gebaut werden müsste. So ging alles los.
Was ist euch beiden gemeinsam?
Die Liebe zu schönen Dingen und der Glaube an Individualität als Beitrag zu einer bunteren Gesellschaft.
Was ist euch wichtig?
Wir wollen Menschen begeistern und ihnen mehr geben als eine Sehhilfe. Es geht um Ausdruck und die Stärkung von Persönlichkeit.
Welche Schwerpunkte habt Ihr in der gemeinsamen Arbeit?
Was immer gemeinsam entsteht, ist die Form einer neuen Brille. Wir lassen uns zusammen von der Historie inspirieren, schauen Filme oder alte Fotos an, entwickeln einen Shape und führen ihn dann in etlichen Korrekturschritten mit unserem Werk aus. Danach bringt jeder seine Kernkompetenz ein – Vertrieb, Presse, Sales …
Welche Vision verfolgt Ihr mit der Marke?
Die Idee ist, unseren Namen als modernen Klassiker zu etablieren. Kein kurzes Lebensgefühl für eine Saison: Beständigkeit und Wiedererkennbarkeit sind unsere Konstanten, die sich hoffentlich auch in 20 Jahren noch genauso frisch anfühlen wie heute.
Welche Materialien bevorzugt Ihr?
Aktuell arbeiten wir ausschließlich mit Acetat auf Bio-Grundlage. Das heißt, dass die Natur-Cellulose als Grundstoff aus biologischem Anbau kommt. Der ökologische Aspekt steht dabei nicht im Vordergrund unserer Arbeit, ist aber für ein modernes Unternehmen unserer Meinung nach unverzichtbar und selbstverständlich. Mittelfristig ist auch Metall geplant, aber darüber möchten wir noch nicht mehr sagen
Welche Einflüsse prägen eure Brillenkollektionen?
Wie schon erwähnt, sind unsere Fassungen inspiriert von historischen Vorlagen. Diese entstammen der gesamten Pop-Kultur des 20. Jahrhunderts – Filme, Persönlichkeiten, Comics oder Fotos. Quellen gibt es genug. Da wir den Fokus neben der Vintage-Idee allerdings auch stark auf den Contemporary-Aspekt legen, kommt natürlich nicht alles in Frage. Jede Fassung muss gewissermaßen auf Gegenwartstauglichkeit geprüft werden.
Welche Herausforderungen und Vorteile bringt die Produktion in einer traditionellen Manufaktur in Süddeutschland mit sich?
Die größte Herausforderung ist sicher die preisliche. Produzieren in Deutschland bedeutet, teuer zu produzieren. Gerade für eine kleine Marke wie uns ist das oft eine Herkulesaufgabe und hat direkten Einfluss auf die Kollektionsgröße und Breite. Positiv formuliert: Wir sind gezwungen, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und keine ausufernde Palette zu produzieren, die vielleicht auf ewig in den Schubladen landet. Ein weiterer Vorteil sind kurze Kommunikations- und Transportwege und ein fast familiäres Verhältnis.
Wie bringt Ihr eure beruflichen Hintergründe in die Entwicklung von Mapleton Eyewear ein?
Bei Klaus ist das offensichtlich. Als gelernter Augenoptiker mit zusätzlichem BWL-Abschluss bringt er die fachliche Kompetenz mit wirtschaftlichem Knowhow zusammen. Und ich bringe mit meinen Erfahrungen aus Werbung und Handel die vertrieblichen und kommunikationstechnischen Skills mit ein. Gemeinsam ist uns der Stilgedanke, der die Marke prägt.
Welche Zielgruppen spricht Mapleton Eyewear an und wie positioniert sich die Marke im Markt?
Unsere Zielgruppe sind Menschen aller Geschlechter mit dem Blick für das Schöne, einem Verständnis von Qualität und dem Mut, jenseits bekannter Markenpfade in etwas Besonderes zu investieren. Wir besetzen bewußt eine Nische, die allerdings dehnbar ist. So ist es sehr schön zu sehen, dass es immer Optiker gibt, die mit uns diese Nische bespielen und sich damit gegen die teils seelenlosen Big-Player in Stellung bringen.
In welchen Märkten seid Ihr schon aktiv?
Unser Kern ist aktuell DACH. Wir setzen auf langsames Wachstum und überlegen uns gut, ob wir für die Herausforderungen weiterer neuer Märkte bereit sind. Unser nächster Blick richtet sich in Richtung Norden.
Welche Pläne und Ziele habt Ihr für die Zukunft?
Der Name Mapleton soll für immer mehr Leute und überall für wunderschöne Brillen stehen, weniger für einen Ort irgendwo in den USA oder ein schwierig auszusprechendes Wort.