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Preisspannen im Highend, Teil 1

Premium-Gleitsichtgläser: Freud und Gleit

Erfahrungen mit der „deutschen Gleitkultur“, an einem sonnigen Dienstag im Mai: Innerhalb von einer halben Sekunde wirft Google 15.700 Ergebnisse zu der Suchanfrage „Premium-Gleitsichtgläser kosten“ aus. Eine Recherche, die zahlreiche Endvierziger durchführen, bevor sie eine Gleitsichtbrille kaufen. Aber nicht jeder bisher unerfahrene Gleitsicht-Aspirant schaut im Internet nach, was er von den Preisunterschieden im Markt zu halten hat. „Die Qualität ist halt unterschiedlich“, heißt es von Betroffenen ganz richtig.

Laut Statista sind es immerhin mehr als die Hälfte (57%) der Konsumenten, die sich online schlau machen, bevor sie etwas kaufen. Wobei es bei der zitierten Statistik eben auch um Kleidung oder Kühlschränke gehen kann. Nach genaueren Zahlen in Bezug auf die Menschen, die sich vor dem Kauf einer Brille online informieren, fragte die Redaktion bei verschiedenen Stellen ohne Ergebnis nach. Auch bei Mister Spex, der im Netz mit „einfach 50% sparen“ wirbt. Was den eigenen Umsatzanteil für Premium-Gleitsichtgläser angeht, hält man sich bedeckt: „Der Anteil an Gleitsichtbrillen an unseren Brillenumsätzen wächst kontinuierlich. Details zu unseren Umsätzen geben wir nicht bekannt“, hieß es von Geschäftsführer Dirk Graber. Ob es sich bei den angebotenen Gleitsichtgläsern „mit maximalem Sehbereich“ – Kostenpunkt ab 259,90 Euro – um individuelle Premium-Varianten handelt?

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Die ersten sechs Kandidaten auf der ersten Google-Antwortseite der obigen Google-Suche sind einerseits Anzeigen, andererseits aber auch geschickt als „Ratgeber“ ausgewiesene Seiten. Geschickt, denn der Ratsuchende wird sich sofort angesprochen fühlen, zum Beispiel vom „QS-Optiker“, Geschäftsführer Mohammed Esmail.

„Teuer, mittelteuer, sauteuer“

Ratgeber sind ein hervorragendes Mittel, um Aufmerksamkeit zu erlangen und den nächsten Click einzufangen. Das zeigt auch das KGS mit sehen.de oder Blogger Martin Mißfeldt, der die wenig schöne, aber recht informative Seite www.brillen-sehhilfen.de betreibt, bei der dann gleich auch Anzeigen aufploppen, z.B. von brillen.de (SuperVista), oder Bilder mit brille-kaufen.org verknüpft sind, die dann zu Steiner Vision führen. Was sich beim Endverbraucher zwischen „teuer, mittelteuer und sauteuer“ (Quelle: Hannoversche Allgemeine, 23. März 2018) bewegt, ist für den unabhängigen Augenoptiker entscheidende Geldquelle: Das Gleitsichtglas ist der stärkste Umsatzbringer im mittelständischen Betrieb.

Die Cash-Cow

Gut 200.000 Euro brutto und damit rund ein Drittel ihres Umsatzes in der Brillenoptik erzielen z.B. die Betriebe im Euronet-Cube (Frechen) mit Gleitsichtgläsern. So Norbert Grün, Unternehmensberater bei den Frechenern: „Angesichts dieser Bedeutung drängt sich die Frage auf, welche Gleiter sich als Umsatztreiber und welche sich eher als Bremser erweisen.“

eyebizz: Euronet Market Research - GleiterPreise
Entwicklung Gleitsichtglas pro Betrieb nach Glaspreisklassen (Quelle: Euronet Market Research, Basis: 410 Betriebe)

Laut den Daten von Euronet Market Research treiben die Gleitsichtgläser über 500 Euro den Umsatz beim Augenoptiker voran, während insbesondere die vor Jahren noch dominante Mitte, Gleitsichtgläser zwischen 400 und 500 Euro, an Bedeutung verliert. Grün betont: „Die Gläser werden nicht einfach höher bepreist, sie sind tatsächlich hochwertiger.“

Vertrauen ist der Schlüssel zum Kunden

Die landläufigen Preisangebote variieren je nach Standort und Konzept des jeweiligen Fachgeschäftes. Im beim Fassungsangebot auf eine Spitzenkundschaft ausgerichteten Fachgeschäft gibt es entsprechend nur Premiumgleitsichtgläser, zwischen 768 (1,5er Index) und 1.128 Euro (1,74er Index), beim gleichen Anbieter am anderen Standort, mit entsprechend anderem, nicht so hochwertig ausgerichtetem Konzept gibt es höherwertige Gleiter schon ab 696 Euro. Der Inhaber erläutert: „Der Kunde entscheidet schließlich, was er will.“ Beim Brillenkauf geht es gerade beim Glas um Vertrauen. Doch das Thema ist – so paradox es klingt – für den Endverbraucher nach wie vor wenig transparent.

Tipp der Verkaufsexpertin

Sandra Schubert, Verkaufsexpertin aus Rosenheim, pflichtet bei: „Die extremen Preisspannen, die es auf dem Markt für Brillen gibt, sind für den Laien in der Tat verwirrend. Da es für den Endkunden kaum möglich ist, die Qualität verschiedener Brillengläser zu vergleichen, hält er sich an ein vermeintlich klares Entscheidungskriterium: den Preis.“

Augenoptiker reagieren auf die nachvollziehbare Frage, „ob es nicht auch etwas Günstigeres gibt“, oftmals unvorbereitet und zunehmend auch gereizt, weil sie die Frage als eine Geringschätzung der eigenen Leistung verstehen. Hier ihre Tipps, wie eine geschickte Verkaufsrhetorik bei „Vergleicheritis“ zum Ziel führt:

  1. Eine mögliche gelassene Antwort auf die Frage nach der günstigeren Alternative: „Sicher, Herr Kunde, es gibt immer auch eine billigere Möglichkeit. Die Frage ist, ob das für Sie auch eine gute Möglichkeit ist?“. Mit einer gelassenen Reaktion ohne Gegenwehr, verknüpft mit einer ruhig formulierten Frage wird der Augenoptiker wahrscheinlich eine Gegenreaktion des Kunden bekommen, wie z.B. „Wie meinen Sie das?“
  2. Im zweiten Schritt kann der Augenoptiker jetzt als Sehexperte punkten, in dem er dem Kunden erklärt, worauf er bei der Auswahl der geeigneten Gläser in Bezug auf die Sehstärke und Sehanforderungen des Kunden achtet. Ziel ist es eine klare, überzeugende Empfehlung auszusprechen, damit der Kunde versteht, dass er nicht übervorteilt wird, sondern dass es gute Gründe für die empfohlene Qualität gibt.
  3. Wichtig ist, das Vergleichsangebot nie schlecht zu machen, sondern lieber mit den eigenen Vorzügen zu punkten. Erklären Sie dem Kunden, was alles im Brillenpreis enthalten ist: nämlich nicht nur Fassung, Gläser und Refraktion, sondern auch umfassende Beratung vor und nach dem Kauf, lebenslanger Service für die Brille usw.

Viele Augenoptiker stünden nicht zu ihren Leistungen bzw. dem Preis dafür und knickten erst mal ein. Damit bestärkten sie allerdings den Kunden, der aktiv Preise vergleicht und nach einem Rabatt fragt. Deshalb Schuberts Appell als Verkäuferin und Betriebswirtin: „Es ist völlig normal, dass es in einer Marktwirtschaft unterschiedliche Preise für vermeintlich ähnliche Leistungen gibt. Und das ist gut so, denn es sichert uns als Konsument Vielfalt und Wahlmöglichkeit. Der Kunde hat so die Möglichkeit, gemäß seinen Ansprüchen zu entscheiden, was ihm wichtig ist und wo er kaufen will.“


Fragen und Antworten rund um Premium-Gleitsichtgläser

Laut den Daten von Euronet Market Research treiben die Gleitsichtgläser über 500 Euro den Umsatz beim Augenoptiker voran. Die eyebizz-Redaktion fragte bei Brillenglasherstellern nach:

  1. In welcher Preisspanne liegen die UVP Ihrer Premium-Gleitsichtgläser?
  2. Welche drei konkreten Argumente empfehlen Sie Ihren Partnern, beim Verkauf zu nutzen?
  3. Welches ist für Sie die erfolgreichere Strategie: Cross-, Up-, Top-, Down-Selling?
  4. Oder ist der unternehmenseigene Online-Shop eine Lösung für das Fachgeschäft?

 

Johannes Hoffmann, Vorstandsmitglied der Deutschen Augenoptik AG, Mühlacker

eyebizz: Umfrage zu Premium-Gleitsichtgläser - DAO AG - Johannes Hoffmann1. „Premium-Gleitsichtglas“ ist ein recht dehnbarer und oft zu Unrecht verwendeter Begriff, dabei ungefähr so aussagekräftig wie „gutes und modern eingerichtetes Restaurant“. Für die DAOAG würden wir alle Multi-Markengleitsichtgläser in diese Kategorie packen, denn sie alle eint ein umfassendes Service- und Garantiepaket und erstklassige Qualität „made in Germany“ bzw. EU. Die UVP für ein Paar Multi-Gleitsichtgläser reichen von rund 300 bis zu über 1.200 Euro, je nach Optimierungsgrad, Material, Eigenschaft, Tönung und Veredelung.

2. (1) Finden Sie heraus, was Ihre Kunden wirklich wollen und brauchen. (2) Daraus ergeben sich automatisch die passenden Argumente für Sicherheit und Gesundheit, Sehkomfort, Ästhetik, Produktionsort oder Markenwerte und Sie erklären den Preis hierfür. (3) Begeistern Sie mit ehrlichen Argumenten – einer hochwertigeren Entspiegelung muss man ihren Mehrwert ansehen bzw. anfühlen können, versprochene Brillenglas-Eigenschaften müssen nachweisbar oder spürbar sein. Beeindrucken Sie mit Ihrer Kompetenz und Ihren Serviceleistungen!

3. Das wird wohl je nach Fachgeschäft, Positionierung und Kundenwunsch unterschiedlich sein. Entscheidet sich der Kunde für ein sehr preiswertes Produkt, so sollte er schon wissen, dass er damit auf mehr Komfort oder Ästhetik verzichtet. Sind bestimmte Argumente einfach nicht relevant, so wählt der Kunde bewusst ein Brillenglas, das genau seine Erwartungen erfüllt und ist hochzufrieden.

4. Wenn er im Sinne eines virtuellen Schaufensters der Preistransparenz dient! Die ist viel wichtiger und attraktiver für Kunden als ein niedriger Preis allein.


Alex Versteeg, Geschäftsführer Essilor Deutschland

1. Zur Orientierung stellt Essilor unverbindliche Preisempfehlungen ohne Berücksichtigung der vom Augenoptiker zu leistenden und zu kalkulierenden Beratungs- und Handwerkerleistungen zur Verfügung. Die Gestaltung der Verkaufspreise sowie die Strategie liegen im Ermessen unserer Partner.

eyebizz: Umfrage zu Premium-Gleitsichtgläser - Essilor - Alex Versteeg2. (1) Bieten Sie Ihren Kunden die Brillengläser, die perfekt zu ihnen passen – z.B. Varilux X series inkl. Berücksichtigung des Nahsehverhaltens und eyecode-Messung. Die innovativen Gleitsichtgläser sind ideal für gutes Sehen auch in kurzen und mittleren Distanzen, wie beim schnellen Blickwechsel zwischen Laptop und Smartphone. (2) Wir sind einer wachsenden Belastung durch unterschiedlichste Lichtquellen ausgesetzt. Die Premium-Veredelung Crizal Sapphire UV minimiert störende Lichtreflexionen so stark, dass die Brillengläser hochtransparent und nahezu unsichtbar sind. Die intelligenten Transitions-Brillengläser schützen zuverlässig vor Blendung. (3) Bieten Sie für jeden Bedarf die passende Lösung.

3. Ausschlaggebend ist die Positionierung und Strategie des Augenoptikers. Gleichgültig, ob er seinen Fokus auf Beratung und Service oder auf Innovation setzt: Wir begleiten ihn dabei, seine individuelle Strategie erfolgreich umzusetzen – ein weiterer Vorteil unserer Partnerstufen Varilux Spezialist Plus und Varilux Spezialist.

4. Vier von fünf Konsumenten wollen beides – die Bequemlichkeit des Internets und die Qualität der Beratung und Betreuung vor Ort. Wer also für seine potenziellen Kunden ein „Online-Schaufenster“ einrichtet und vor Ort seine fachliche Kompetenz und das Kundenerlebnis in den Fokus stellt, hat gute Chancen, seinen Erfolg nachhaltig zu steigern. Wir begleiten diesen Weg und bringen u.a. mit unserer Mai startenden Varilux Mehrbrillen-Kampagne den Endkunden mit dem Augenoptiker vor Ort zusammen.


eyebizz: Umfrage zu Premium-Gleitsichtgläser - Hoya - Mirjam RoeschMirjam Rösch, Marketing- und Key Account Direktorin, Hoya Lens Deutschland, Mönchengladbach

1. Die Hoya Premium-Gleitsichtgläser starten ab ungefähr 400 Euro UVP (pro Glas). Die individuellen Premium-Gleitsichtgläser haben einen Preis von bis zu ca. 640 Euro UVP (pro Glas).

2. Entsprechend der Ergebnisse der Hoya-Neuromarketing-Studie würden wir folgende Empfehlungen geben. (1) Glas- und Preisempfehlung: Vorsicht vor der Preis-Leistungs-Falle in der Mitte. Bei richtiger Auslobung hochpreisiger Gläser bauen Kunden eine Begehrlichkeit auf und empfinden den Preis, im Vergleich zu mittelpreisigen Gläsern, als gerechtfertigt. (2) Glasberatung: Die Reihenfolge der beschriebenen Glasqualitäten baut für den Kunden einen Spannungsbogen auf, der seinen Höhepunkt im empfohlenen Glas findet. (3) Verwenden Sie Begriffe, die Begehrlichkeit und positive Emotionen hervorrufen.

3. Eine erfolgreiche Strategie ist sehr individuell und orientiert sich an den Bedürfnissen des jeweiligen Brillenträgers. Eine gute Argumentationsstrategie baut einen Spannungsbogen auf, der Begehrlichkeit und positive Emotionen beim Kunden weckt.

4. Wir würden unseren Partnern keinen eigenen Online-Shop empfehlen. Eine zeitgemäße Onlinepräsenz ist jedoch sinnvoll und zielführend.


||| CH

 

Teil 2 der Umfrage Premium-Gleitsichtgläser

 

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