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Interview mit Siebenhandl und Hahne

Pro Optik führt Vier-Tage-Woche ein

Die Arbeitswelt befindet sich in einem stetigen Wandel, getrieben durch Digitalisierung und Globalisierung, aber vor allem durch die demoskopische Entwicklung der Bevölkerung: In Deutschland werden neue Arbeitszeit-Modelle für den Handel und die Produktion zunehmend wichtiger.

Ein Konzept, das in diesem Zusammenhang eine Lösung verspricht, ist die Einführung der Vier-Tage-Woche. Diese Arbeitszeit-Modellierung birgt eine Vielzahl von Vorteilen, darunter eine gesteigerte Produktivität, eine verbesserte Mitarbeiter-Zufriedenheit und eine signifikante Reduktion von Stress und Burnout-Risiken.

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Doch wie realistisch ist die Umsetzung einer solchen Arbeitswoche in der Praxis? Insbesondere in Branchen, die traditionell von Kundenservice und Beratungsintensität geprägt sind oder in denen bereits viele Teilzeitkräfte arbeiten, wie es in der Augenoptik der Fall ist?


 

„Zeit hat für viele Menschen einen höheren Stellenwert als finanzielle Anreize“

Pro Optik führt mit seinen knapp 200 Filialen gerade eine spannende Diskussion rund um die Einführung der Vier-Tage-Woche. In einem exklusiven Interview für eyebizz beleuchten Pro-Optik-Geschäftsführer Micha S. Siebenhandl und Lukas Hahne, Senior Director, die Chancen und Herausforderungen dieses innovativen Arbeitszeitmodells.

eyebizz: Was waren die Hauptgründe für die Entscheidung, eine Vier-Tage-Woche einzuführen?

Micha Siebenhandl: Pro Optik steht für Work-Life-Balance. Und unser Ziel ist es nicht, nur mit den Trends Schritt zu halten, sondern als Vorreiter voranzugehen. Wir möchten der erste Arbeitgeber für Augenoptiker in Deutschland werden, indem wir ein Arbeitsumfeld schaffen, das den Bedürfnissen unserer Mitarbeiter entspricht und ihre Lebensqualität verbessert. Ein entscheidender Beweggrund für die Einführung der Vier-Tage-Woche war die Erkenntnis, dass für viele Menschen Zeit einen höheren Stellenwert hat als zusätzliche finanzielle Anreize. Indem wir unseren Mitarbeitern mehr Freizeit gewähren, erfüllen wir dieses Bedürfnis und stärken gleichzeitig ihre Bindung an unser Unternehmen. Es ist unser Anspruch, dass unsere Mitarbeiter nicht nur ihre Arbeit lieben, sondern auch die Zeit genießen, die sie außerhalb des Arbeitsplatzes verbringen. Mit der Einführung der Vier-Tage-Woche sichern wir also ein Arbeitsumfeld, das den Pro-Optiker*innen nicht nur als Optikexperten, sondern als Menschen gerecht wird.

Trägt die Vier-Tage-Woche zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit bei? Wie reagieren die Mitarbeiter auf die Umstellung und welche Unterstützung bietet das Unternehmen während der Übergangsphase?

Siebenhandl: Die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter steht für uns immer im Mittelpunkt, und selten haben wir so eine tolle Resonanz bekommen wie aktuell durch die Vier-Tage-Woche! Das neue System trägt also absolut und maßgeblich dazu bei. Wie immer suchen wir bei solchen Neuerungen zunächst das Gespräch mit unseren Franchisepartnern und stellen gemeinsam fest, wo und wie das Vier-Tage-System Sinn macht. Das hängt neben den Mitarbeitern auch von dem Standort, den Stammkunden und vielen weiteren Faktoren ab. Dabei berücksichtigen wir, dass es ebenso Kolleg*innen gibt, die ihre Arbeit so sehr lieben, dass sie gerne mehr arbeiten möchten. Unsere Einführung der Vier-Tage-Woche bietet große Flexibilität, und wird so jedem unserer Mitarbeiter gerecht.

 

„Selten haben wir eine so tolle Resonanz bekommen wie aktuell durch die Vier-Tage-Woche.“

pro optik: CEO Micha S. Siebenhandl
Micha Siebenhandl: Der Pro-Optik-Geschäftsführer übernahm am 16. März 2020 den Posten des CEO bei Pro Optik, einen Tag vor dem ersten Lockdown der Corona-Pandemie! Zuvor war er viele Jahre bei Marchon Eyewear sowie in leitenden Positionen bei Rodenstock und der Huber Holding tätig. Trotz des zeitlich ungünstigen Starts konnte Siebenhandl Pro Optik durch die Krise steuern und Umsatz sowie die Zahl der Filialen steigern. Sein Fokus liegt auf der strategischen Markenpositionierung, Weiterentwicklung und Digitalisierung (© Pro Optik)

 

Hier ist uns eine flexible und individuelle Arbeitszeitgestaltung wichtig. Unsere HR-Abteilung begleitet die Mitarbeiter bei der Umstellung und betreut unsere Stores langfristig in diesem spannenden Prozess.

Erhofft sich Pro Optik durch dieses Modell einen Vorteil bei der Gewinnung neuer Talente?

Lukas Hahne: Unser Hauptanliegen ist es, sicherzustellen, dass unsere Mitarbeiter glücklich sind, ihr Unternehmen lieben und als Team agieren. Wir wissen, dass zufriedene und engagierte Mitarbeiter automatisch eine höhere Leistung erbringen.

So wollen wir ein Umfeld schaffen, in dem sich jeder wohlfühlt und sein volles Potenzial entfalten kann. Das Ziel ist, dass unsere Mitarbeiter nicht nur gerne bei uns arbeiten, sondern auch stolz darauf sind, Teil von Pro Optik zu sein. Das verschafft uns dann, ganz automatisch, einen entscheidenden Vorteil gegenüber unseren Mitbewerbern und sorgt dafür, dass wir im Recruiting-Konkurrenzkampf attraktiv und zeitgemäß auftreten.

Wie werden die Arbeitsstunden auf die vier Tage verteilt, und gibt es Flexibilität in der Festlegung der freien Tage?

Siebenhandl: Bei der Gestaltung der Arbeitszeiten sind wir äußerst flexibel. Von der alleinerziehenden Mutter über den Azubi im ersten Lehrjahr bis hin zum erfahrenen Augenoptiker, der zusätzlich den Hörakustik-Meister absolvieren möchte – unser Anspruch ist ganz klar, dass jeder entsprechend seiner Bedürfnisse arbeitet. Und dass die Fachgeschäfte sich ihre Arbeits- und Zeitaufteilung selbst organisieren. Das schafft Gemeinschaftsgefühl und fördert das Miteinander. Die Aufteilung auf die sechs Arbeitstage erfolgt individuell je nach Standort. In einigen Geschäften haben wir zum Beispiel sehr gute Erfahrungen mit Öffnungszeiten von Montags bis Freitags gemacht. Der geschlossene Samstag hat zu Anfang für Nervosität gesorgt. Doch wir haben schnell gemerkt, dass Kunden die Umstellung nicht nur akzeptieren, sondern sogar begrüßen, da sie nun unter der Woche noch professioneller und motivierter beraten werden.

Welche Auswirkungen erwartet das Management auf die Produktivität und die Qualität der Arbeit?

Hahne: Pro Optik legt höchsten Wert auf First Class Service. Eine Vier-Tage-Woche passt perfekt zu unserer Firmen-DNA, da unsere Mitarbeiter dadurch noch fokussierter arbeiten und sich parallel besser erholen können. So wird die Qualität unserer Beratung nur noch weiter steigen, denn die gleiche Wertschätzung, welche wir unseren Mitarbeitern entgegenbringen, strahlen diese in der Kundenbetreuung aus. Außerdem ist die Vier-Tage-Woche der Produktivität zuträglich. Das belegen Studien seit langem, und wir beweisen es in unseren Geschäften jeden Tag. So freuen wir uns beim weiteren Roll-Out der Vier-Tage-Woche auf die positiven Effekte für Mitarbeiter und Kunden!

Welche finanziellen Auswirkungen hat die Einführung der Vier-Tage-Woche auf das Unternehmen?

Siebenhandl: Bei allen genannten positiven Effekten ist die Wirtschaftlichkeit der Vier-Tage-Woche natürlich ein zentraler Faktor. Einige unserer Franchisepartner und Stammhäuser haben bereits gezeigt, dass wir damit profitabler arbeiten als zuvor. Unser Franchisepartner im Allgäu ist da nur ein Beispiel, der seit der Einführung der viertägigen Arbeitswoche höhere Umsätze und Erträge verzeichnet. Das zeigt deutlich, dass diese Maßnahme nicht nur das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördert, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich ist.

Seit meiner Übernahme im Jahr 2020 ist die Einführung der viertägigen Arbeitswoche nur eine von vielen Maßnahmen, die wir ergriffen haben, um unseren Mitarbeitern ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten. Jeder Benefit, den wir unseren Mitarbeitern geboten haben, hat sich auch für Pro Optik ausgezahlt. So sind wir weiterhin fest davon überzeugt, dass solche Maßnahmen, einschließlich der Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden durch Programme wie Jobrad und Fitnessdienste, klare Vorteile für das Unternehmen bringen.

Welche spezifischen Anpassungen mussten in den Arbeitsabläufen vorgenommen werden?

Hahne: Die Anpassung unserer Arbeitsabläufe war ein entscheidender Schritt für den Erfolg der Vier-Tage-Woche. Wir haben natürlich nicht einfach von fünf auf vier Tage umgestellt, sondern in jedem Fachgeschäft eine maßgeschneiderte Lösung gefunden. Dabei haben unsere Regionalleiter die Mitarbeiter in der Transformation eng betreut und nicht nur die Arbeitszeiten neu definiert, sondern auch bestehende Arbeitsabläufe umstrukturiert und effizienter gestaltet.

 

„Eine Vier-Tage-Woche passt perfekt zu unserer Firmen-DNA, da unsere Mitarbeiter dadurch noch fokussierter arbeiten und sich parallel besser erholen können.“

Pro Optik: Lukas Hahne
Lukas Hahne ist seit März 2021 in verantwortlicher Position bei Pro Optik tätig, aktuell als Senior Director. Zuvor arbeitete er in verschiedenen Werbeagenturen. Hahne hat an der Macromedia Hochschule Marketing studiert. Seine wichtigsten Themen sind digitales Marketing, der Relaunch der App und Website, die Einführung eines digitalen Glasberaters sowie Pro Optik fit für KI aufzustellen (© Pro Optik)

 

Ein wichtiger Schritt war dabei zum Beispiel die enge Zusammenarbeit mit unseren Partnern Rodenstock und Zeiss. Durch die Einführung der Fernformrandung konnten wir unsere Prozesse erheblich optimieren und wertvolle Zeit sparen. Zusätzlich dazu haben wir stark in die Digitalisierung investiert, beispielsweise in unseren Glasberater. Auch dadurch arbeiten wir mittlerweile komplett papierlos. Das spart nicht nur Zeit, sondern macht uns auch umweltfreundlicher und ermöglicht zudem eine bessere Kontrolle und Verwaltung unserer Prozesse.

Sie sprechen die Digitalisierung an, welche Rolle spielen generell technologische Lösungen bei der Anpassung an das neue Arbeitszeitmodell?

Hahne: Die Digitalisierung spielt für uns bei allen Prozessen eine entscheidende Rolle. Seit 2021 wird das gesamte Personalmanagement komplett digital abgebildet. Diese Implementierung hat uns einen bedeutenden Vorteil verschafft, indem sie uns professionell, flexibel und wirtschaftlich effizient aufgestellt hat. Und sie hat uns nun ermöglicht, die Vier-Tage-Woche genau so individuell und maßgeschneidert umzusetzen, wie unseren Mitarbeitern gebührt. Nun arbeiten wir an einer neuen Mitarbeiter-App, welche die Kommunikation in unserem Franchisesystem so einfach und direkt wie nie macht.


Das Interview führte Dagmar Schwall.

 

Artikel aus der eyebizz 4.2024 (Juni/Juli)

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