Bisher hatten sich die Hamburger der Zentrierung und Anpassung von Brillen in ihren Geschäften vor Ort verschrieben und den Verkauf von Online-Brillen mit Korrektion à la Mister Spex abgelehnt. Ungenaues Arbeiten könne gesundheitliche Schäden verursachen. Doch so ganz scheinen sich die Fielmänner dieser Entwicklung nicht entziehen zu können. Die Frage scheint nicht mehr zu sein, ob Fielmann Online-Brillen verkauft, sondern wann.
Über Investitionen in die Digitalisierung des Fielmann-Konzerns von rund zwei Millionen Euro war zu lesen, und diese zusätzlichen Ausgaben verhagelten den Börsenkurs zuletzt aufgrund einer resultierenden Gewinnwarnung.
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Damit nicht genug frotzelte Online-Optiker „Mister Spex“ bzw. Geschäftsführer Dirk Graber anschließend über die fehlende Online-Strategie der Fielmänner. Man selbst erreiche dort Wachstumsraten von bis zu 15 Prozent. Allerdings: Das operative Ergebnis (Ebitda) von „Europas führendem Online-Optiker“ lag den letzten Zahlen von 2016 zufolge bei drei Millionen Euro im Minus.
Laut ZVA entfallen nur vier Prozent des Branchen-Gesamtumsatzes auf Verkäufe im Netz, wobei eine Hälfte davon mit Kontaktlinsen erzielt werde, die andere zu gleichen Anteilen mit Sonnenbrillen und Korrektionsfassungen. Nach Schätzungen von Marc Fielmann, als Vorstandsvorsitzender zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing sowie für die operative Geschäftsführung der Fielmann AG, stagniere der Marktanteil für E-Commerce-Brillen bei einem Prozent: „Es ist bloßer Zufall, ob eine nach Mittelwerten zentrierte Brille passt oder nicht.“
Der Online-Optiker baut Offline-Präsenz aus
Mister Spex selbst baut im Gegenzug langsam, aber stetig seit Februar 2016 seine Offline-Präsenz mit eigenen Läden vor Ort aus, der mittlerweile zehnte in Deutschland kam Mitte Juli in Münster dazu. Auch wenn man damit noch weit entfernt ist von der Anzahl an Fielmann-Läden in Deutschland (Ende 2017 waren es 597, Quelle: Firmendaten Fielmann), die Richtung ist klar.
Allerdings: Wegen der Expansion in die Offline-Welt habe Graber „den für Herbst 2018 avisierten Börsengang beziehungsweise den Verkauf von Mister Spex an einen großen Optikerkonzern auf unbestimmte Zeit verschoben“, hieß es dazu in den Wirtschaftsmedien.
Nicht nur Fielmann forscht an neuen Techniken
Was genau Fielmann bezüglich der Digitalisierung des Konzerns und speziell des online-Angebots vor hat, wird sich zeigen. Heute war jedenfalls auf boerse-global.de zu lesen: Fielmann entwickele „jetzt eine neue Technik, die es im Internet technisch möglich machen soll, dass sich die individuelle Sehstärke ermittelt lässt. Mit ihr kann sich dann die neue Brille anpassen und zentrieren lassen.“
Bis es soweit ist, werde „zwar noch länger als ein halbes Jahr vergehen, aber sicher keine zehn Jahre mehr”, wird Marc Fielmann in einem Interview mit dem „Handelsblatt” zitiert. Die Digitalabteilung von Fielmann wolle den Wandel mit initiieren. Und: Die Fielmänner besäßen bereits ein Patent zur Zentrierung von Brillen per Videoaufnahme.
Börsen-Analysten mahnten derweil den Hamburger Konzern zur Eile, denn auch der international starke Konkurrent Grandvision forsche an entsprechenden Technologien.