Die meisten Augenoptiker*innen sind überzeugt, dass ihre Kunden zufrieden sind. Weil es kaum Reklamationen gibt, schließen sie auf einen hohen Grad an Zufriedenheit – nicht selten ein Trugschluss. Eine gut vorbereitete Umfrage kann zum aussagefähigen Indikator für Kunden-Zufriedenheit werden, mit dem Ziel, proaktiv darauf zu reagieren.
Die Stimme des Kunden zählt („Customers Voice“), nicht die Vermutung, dass er zufrieden ist. Unabhängig von Reklamationen, bei denen sich der Kunde meistens sofort meldet, gibt es eine Vielzahl an Leistungen, die ihn enttäuschen können: Unterbrechungen während der Beratung, geringe Auswahl an Fassungen, unübersichtliche Präsentation der Brillen, oberflächliche Sehstärken-Bestimmung, Unfreundlichkeit der Mitarbeiter. Eine Beschwerde entsteht grundsätzlich als Folge einer wahrgenommenen Differenz des Kunden zwischen erwarteter und erlebter Leistung.
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Nur jeder zweite Enttäuschte meldet sich
Bei Kunden-Enttäuschungen beträgt die Dunkelziffer etwa 50 Prozent, das heißt: Nur die Hälfte meldet sich. Eine Enttäuschung kann sich zur Reklamation ausweiten, unzufriedene Kunden beschweren sich heute mit Vorliebe im Netz auf einer Bewertungsplattform. Schon eine Enttäuschung kann die Ursache dafür sein, dass Kunden die Loyalität zu „ihrem“ Augenoptiker aufkündigen und für Angebote des Wettbewerbers empfänglich werden.
Kunden, die sich wegen Enttäuschungen melden, werden im Einzelhandel immer noch häufig negativ eingestuft. Das Personal nimmt eine Verteidigungshaltung ein, sofort wird überlegt, ob die Kritik überhaupt berechtigt ist. Eine systematische Umfrage kann hier zum aussagefähigen Indikator für Kundenzufriedenheit werden. Der Augenoptiker bekommt wertvolle Informationen, wie er sich und sein Angebot verbessern kann.
Relevante Daten über die Meinung seiner Kunden erhält er durch gezieltes Nachfragen. Auch wenn jede Beurteilung eine Momentaufnahme ist, können Rückschlüsse auf die eigene Leistungsfähigkeit gezogen werden. Ein Kunde, der sich kritisch äußert, ist ein „kostenloser Qualitätsbeauftragter“ für den Augenoptiker und verdient ein „Danke“.
Der Kunden-Fragebogen
Kunden nehmen Zufriedenheits-Abfragen grundsätzlich positiv wahr, auch wenn die Response-Quote nur bei rund 20 Prozent liegt. Sie erkennen die Bemühungen des Augenoptikers, alles zu tun, um einen größeren Zufriedenheitsgrad zu erreichen. Bei Erstkunden hat die Zufriedenheits-Kontrolle besondere Relevanz.
Der hier vorgestellte Beurteilungsbogen besteht aus zehn Fragen, damit die Bereitschaft zur Response nicht überstrapaziert wird. Fragebögen, die eine Bearbeitungszeit von mehr als fünf Minuten erfordern, werden vom Kunden abgelehnt. Bei der Skalierung hat sich das 5-stufige Noten-System bewährt. Der höchste Wert steht immer ganz links. Damit kommen die meisten zurecht, weil das System den Schulnoten entspricht, das gut bekannt ist. Eine Variante dazu ist der Erfüllungsgrad in Prozentzahlen: 100, 75, 50, 25, 0 Prozent. Bei der Reihenfolge der Fragen sollten leichtere Fragen zuerst gestellt werden. Muss der Kunde schon am Anfang viel nachdenken, wird es ihm schnell zu kompliziert, er bricht ab.
Besonders wichtige Fragen könnten noch mit einer Gewichtung versehen werden: „Welche beiden Fragen sind für Sie die wichtigsten? Bitte markieren Sie diese durch Unterstreichungen.“ Das verkompliziert allerdings die Auswertung der Fragebögen.
Der Fragebogen, der professionell und ansprechend gestaltet sein sollte, benötigt einen Hinweis auf den Datenschutz. Die einzelnen Fragen sollten konkret formuliert und eindeutig sein, dürfen sich jeweils auf nur einen Aspekt beziehen (Vorsicht bei „und“- bzw. „oder“-Verknüpfungen) und sollten möglichst wenig Interpretations-Spielraum lassen.
Für die Befragungsaktion plant man einen festen Zeitraum, z.B. für vier Wochen. Wer eine zweistellige Response-Quote erreicht, darf zufrieden sein. Es kommt aber weniger auf die Zahl der beantworteten Fragebögen an, sondern auf die Häufigkeit bestimmter Noten und auf die Kommentare, die unter der Rubrik „Bemerkungen“ laufen, auch wenn sie statistisch schwer auswertbar sind.
Für Kunden ist eine anonyme Teilnahme an der Umfrage, egal ob online oder per Brief, wichtig. Nachteil ist, dass Augenoptiker*innen auf Beschwerden oder Kritik nicht individuell reagieren können. Doch der Vorteil, dass ehrliche Meinungen zu bekommen sind, überwiegt.
Die Auswertung
Umfragen sind für einen Augenoptiker eine aktuelle Standortbestimmung. Die in Beschwerden enthaltenen kritischen Informationen sind eine Chance, Fehler zu analysieren und auszuräumen, sich zu verbessern und Kunden zu binden oder gar zurückzugewinnen. Auch über vermeintlich unberechtigte Kritik, die etwa aus überzogenen Erwartungen entstehen, sollte nachgedacht werden.
Wer Kritik erfährt und nichts ändert, irritiert die Kunden. Deshalb verpflichtet eine Zufriedenheits-Abfrage, wenn Augenoptiker*innen sie ernst nehmen, zu Änderungen. Da eine solche Umfrage aber auch Skepsis im Betrieb erzeugen kann, denn das gesamte Team unterliegt der kritischen Bewertung durch den Kunden, sollten bei der Auswertung alle Mitarbeiter mit ins Boot geholt werden.
Bewertungsfehler
Eine Leistung zu bewerten ist für Kunden ein Prozess der Wahrnehmung und verlangt gute Urteilsfähigkeit sowie Vergleichsmöglichkeiten mit Wettbewerbern. Dabei sind Fehler möglich. Vom „Überstrahlungseffekt“ spricht man, wenn der Kunde von einem auffälligen Merkmal, z.B. der beeindruckenden Ladengestaltung auf etwas anderes, etwa die Produktauswahl schließt und sie positiv bewertet. Der „Sympathieeffekt“ bedeutet, dass das sympathische Personal großzügig und positiv beurteilt wird und alle anderen möglichen Mängel überstrahlt. Höhere Erwartungen an den Augenoptiker stellen der Stammkunde sowie die Zielgruppe der höheren Einkommen, die sich für Premium-Brillen entscheidet.
Wie Leistungen bewertet werden
Muss-Faktoren: Fachkompetente Glasberatung, Sehstärken-Bestimmung und Fassungsberatung sind bei der Leistungsbeurteilung ein absolutes Muss. Bei Nichterfüllung lösen sie beim Kunden Unzufriedenheit aus, erzeugen bei Erreichen keine signifikante Zufriedenheit. Nur das Übertreffen wird positiv registriert, löst Begeisterung aus.
Soll-Faktoren: Beziehen sich auf die Ladengestaltung, auf Garantieleistungen, kurze Lieferzeiten, die große Auswahl. Werden sie nicht erreicht, wird der Kunde nicht reklamieren, ist aber enttäuscht. Soll-Faktoren können nicht gegen Muss-Faktoren aufgerechnet werden, letztere haben eine größere Bedeutung.
Plus-Faktoren: Mit einem Getränkeangebot während der Wartezeit können Augenoptiker*innen Kunden überraschen. Plus liegt zwischen Muss und Soll und kann einen Nachteil etwas ausgleichen. Beispiel: Ein schwer erreichbares Fachgeschäft erstattet die Parkgebühren.
Rolf Leicher ist Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und Referent aus Heidelberg.
Das Thema “Kundenbewertungen” empfinde auch ich als sehr wichtig. Jedoch ist der aufgeführte Fragebogen aus meiner (Kunden) Sicht viel zu lang und – sorry – viel zu “verkopft”:
Bspw. “Fachkompetenz des Personals” oder “fachkompetente Beratung”, um nur zwei Kriterien zu nennen.
Kein Wunder, dass man auf so vielen Optiker-Webseite als Beleg dessen, was sie ausmacht, liest: Fachkompetenz seit Neunzehnhundertund… o.ä.
1. setze ich Fachkompetenz immer voraus und ich kann sie ja nicht einmal einschätzen. Persönliche Episode: Als ich mir nach 4 Jahren von dem Optiker, bei dem ich bislang eine Brille gekauft hatte, eine Arbeitsplatzbrille anfertigen lassen wollte, fiel ihm auf – nachdem er meine vorhandene Gleitischtbrille gleich noch mit untersuchte -, dass mit der Bestimmung des linken Augenglases messtechnisch etwas nicht korrekt war. Ich sagte ihm verwundert, dass er mir diese Brille vor 4 Jahren verkauft hatte. Das war ihm gar nicht bewusst und er ruderte zurück… . Was nun? Ich hatte 4 Jahre lang Fachkompetenz vermutet…
2. “Fachkompetenz”, “Personal” – Da entsteht bei mir kein Bild im Kopf.
Mich würden Fragen zur Beantwortung anregen, wie:
—> Wie wohl haben Sie sich in Bezug auf die Lösung Ihres Problems oder die Erfüllung Ihres Wunsches gefühlt, als Sie bei uns im Geschäft waren?
– gut – sehr gut – Ich war begeistert –
Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre Auswahl hier mit Ihren persönlichen Worten noch ein wenig konkretisieren würden: Hatten Sie z.B. das Gefühl, dass wir uns für Sie genug/ nicht genug Zeit genommen haben? Wurden Ihre Fragen ausreichend/ ganz gut oder eher nicht so gut beantwortet? Haben Sie unser Geschäft mit einem sehr guten/ guten/ weniger guten oder gar schlechten Gefühl verlassen?
—> Wie zufrieden waren Sie mit den Auswahlmöglichkeiten unserer Produkte?
– gut – sehr gut – Ich war begeistert –
—> Gibt es etwas, was wir aus Ihrer Sicht besser machen können?
Als Einleitung zu den Fragen würde ich gern lesen wollen:
“Wir schätzen sehr, dass Sie zu unseren Kunden gehören und uns liegt enorm viel daran, uns immer weiter für Sie zu verbessern. Daher wäre es uns eine große Freude, wenn Sie uns mit der Beantwortung der nachfolgenden 3 Fragen in unserem Anliegen weiter unterstützen würden…
Fazit: Meine Ausführungen lassen jedoch erkennen, dass ein Bewertungsmanagement auf das jeweilige Optikergeschäft für seine Kunden speziell passen muss. Das Formular im Artikel wäre vielleicht eines für Filialisten. Mein Vorschlag hingegen träfe eher für den lokalen Qualitätsoptiker zu (deren Kundin ich vorzugsweise bin).
Das Thema “Kundenbewertungen” empfinde auch ich als sehr wichtig. Jedoch ist der aufgeführte Fragebogen aus meiner (Kunden) Sicht viel zu lang und – sorry – viel zu “verkopft”:
Bspw. “Fachkompetenz des Personals” oder “fachkompetente Beratung”, um nur zwei Kriterien zu nennen.
Kein Wunder, dass man auf so vielen Optiker-Webseite als Beleg dessen, was sie ausmacht, liest: Fachkompetenz seit Neunzehnhundertund… o.ä.
1. setze ich Fachkompetenz immer voraus und ich kann sie ja nicht einmal einschätzen. Persönliche Episode: Als ich mir nach 4 Jahren von dem Optiker, bei dem ich bislang eine Brille gekauft hatte, eine Arbeitsplatzbrille anfertigen lassen wollte, fiel ihm auf – nachdem er meine vorhandene Gleitischtbrille gleich noch mit untersuchte -, dass mit der Bestimmung des linken Augenglases messtechnisch etwas nicht korrekt war. Ich sagte ihm verwundert, dass er mir diese Brille vor 4 Jahren verkauft hatte. Das war ihm gar nicht bewusst und er ruderte zurück… . Was nun? Ich hatte 4 Jahre lang Fachkompetenz vermutet…
2. “Fachkompetenz”, “Personal” – Da entsteht bei mir kein Bild im Kopf.
Mich würden Fragen zur Beantwortung anregen, wie:
—> Wie wohl haben Sie sich in Bezug auf die Lösung Ihres Problems oder die Erfüllung Ihres Wunsches gefühlt, als Sie bei uns im Geschäft waren?
– gut – sehr gut – Ich war begeistert –
Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre Auswahl hier mit Ihren persönlichen Worten noch ein wenig konkretisieren würden: Hatten Sie z.B. das Gefühl, dass wir uns für Sie genug/ nicht genug Zeit genommen haben? Wurden Ihre Fragen ausreichend/ ganz gut oder eher nicht so gut beantwortet? Haben Sie unser Geschäft mit einem sehr guten/ guten/ weniger guten oder gar schlechten Gefühl verlassen?
—> Wie zufrieden waren Sie mit den Auswahlmöglichkeiten unserer Produkte?
– gut – sehr gut – Ich war begeistert –
—> Gibt es etwas, was wir aus Ihrer Sicht besser machen können?
Als Einleitung zu den Fragen würde ich gern lesen wollen:
“Wir schätzen sehr, dass Sie zu unseren Kunden gehören und uns liegt enorm viel daran, uns immer weiter für Sie zu verbessern. Daher wäre es uns eine große Freude, wenn Sie uns mit der Beantwortung der nachfolgenden 3 Fragen in unserem Anliegen weiter unterstützen würden…
Fazit: Meine Ausführungen lassen jedoch erkennen, dass ein Bewertungsmanagement auf das jeweilige Optikergeschäft für seine Kunden speziell passen muss. Das Formular im Artikel wäre vielleicht eines für Filialisten. Mein Vorschlag hingegen träfe eher für den lokalen Qualitätsoptiker zu (deren Kundin ich vorzugsweise bin).