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Wachstumsstrategie nicht ohne Risiken

Das Lizenz-Geschäft mit Brillen

Erfolgreiche Modeunternehmen wissen genau um die enormen Push-Effekte, die eine Eyewear-Kollektion für ihre Marke haben kann. Doch meistens fehlt ihnen die Erfahrung im Brillen-Business. Da hilft ein Lizenz-Partner. Die Zusammenarbeit muss jedoch auf allen Ebenen funktionieren – wie bei Hugo Boss und Safilo, Marc O’Polo und Eschenbach Optik und ganz aktuell bei Philipp Plein und De Rigo.

Philipp Plein ist ein Phänomen. 1998 gründet der gebürtige Münchener sein nach ihm benanntes Label und schafft es, sich binnen weniger Jahre im Olymp der Luxusindustrie zu etablieren – bis heute. Sein nächstes Ziel: Die Marke zur 360°-Lifestyle-Brand auszubauen. Dabei spielen Lizenzen eine zentrale Rolle. Zwölf hat Plein bereits vergeben. Es gibt Uhren, Schmuck, Möbel, einen Duft und seit neuestem eine Home Collection. Beim Eyewear-Debüt Ende vergangenen Jahres fungiert De Rigo als Lizenz-Partner. Das Familienunternehmen hält auch Lizenzen von Luxusmarken wie Furla, Nina Ricci und Chopard.

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Gesucht: Kompetenz in Produktion und Vertrieb

De Rigo habe ihn bei seinem Besuch im Headquarter des Unternehmens in Longarone am Fuß der Dolomiten schnell überzeugt. „Einen guten Lizenz-Partner machen zwei Dinge aus: Kompetenz in der Produktion und absolute Stärke im Vertrieb.“ Beides habe er bei De Rigo sofort gefunden, so Philipp Plein, CEO und Chefdesigner seiner Unternehmensgruppe, im Gespräch mit eyebizz.

Phlipp Plein Eyewear Campaign - Lizenz-Brillen De Rigo
Maliziös sinnlich und provokant: Stardesigner Philipp Plein trifft auf Megan Fox, Lizenz-Geber: De Rigo (© De Rigo)

„Das Treffen war Liebe auf den ersten Blick. Dabei konnte ich die außergewöhnliche Produktqualität und Produktionskapazität von De Rigo kennenlernen. Ich bin mir sicher, dass das seit Jahrzehnten bestehende Vertriebsnetz der Unternehmensgruppe und ihre direkte und kapillar verzweigte Präsenz auf dem globalen Brillenmarkt auch in Zukunft erheblich dazu beitragen wird, die Kreationen, an denen wir arbeiten, am Markt zu etablieren.“

Zum Portfolio neben der Kernmarke und der Linie Plein Sport gehört auch das Label Billionaire. Der 43-Jährige weiß, was Qualität ausmacht. Sein Fashion-Label hat er zum Großteil in Italien aufgebaut. Unser Gespräch führen wir in seinem opulenten Mailänder Showroom in der Via Burlamacchi.

De Rigo wiederum verfügt über ein weltweites Filialnetz. 1978 gegründet, hat das Unternehmen aus Venetien bis heute über 136 Millionen Brillen produziert, zunächst vor allem für die Eigenmarken Police und ST!NG. Mit der Gründung der ersten Tochtergesellschaften in Deutschland und Österreich entwickelte sich das internationale Geschäft. Heute verfügt De Rigo über 50.000 B2B-Kunden und beschäftigt 3.000 Mitarbeiter. Die Zentrale für den DACH-Raum wurde 2016 in Großostheim eröffnet.

Phlipp Plein Eyewear Campaign Megan Fox - Lizenz-Brillen De Rigo
Aus der Phlipp Plein Eyewear Campaign mit Megan Fox : Designer Philipp Plein hat ein Imperium mit Luxusmarken aufgebaut, bei den Lizenz-Brillen arbeitet er mit De Rigo zusammen (© De Rigo)

In Deutschland liefert De Rigo die Plein-Brillen zunächst an 300 ausgewählte Augenoptiker*innen, denn das exklusive Image soll gewahrt werden. Die Kollektion umfasst 24 Modelle, davon acht für Männer, vier für Frauen, zwölf sind Unisex, darunter klassische Aviators im Plein-Stil und ein Oversized-Modell mit sechseckigen Gläsern. Die Einstiegspreise für die bereits erhältlichen optischen Brillen liegen bei 200, die Sonnenbrillen, die erst in diesem Jahr ausgeliefert werden, kosten bis zu 400 Euro. Der Vertriebsstart in den USA verlief erfreulich, wie Partner berichten. Von New York bis L.A. hat De Rigo die Kollektion zum Start an rund 500 POS gebracht.

Unterschätzt: After Sales Service

Wie wichtig ein kompetenter Lizenz-Partner für die Brillenvermarktung ist, weiß Plein aus Erfahrung. Vor einigen Jahren hat er es mit einer In-House-Produktion versucht, extra Personal eingestellt und auf Messen ausgestellt, um schließlich festzustellen, dass es nicht gut lief. „Gerade der Vertrieb funktioniert anders als in der Mode“, so Pleins Erkenntnis. Außerdem habe er schnell gemerkt, dass er den nötigen After Sales Service nicht aus eigener Kraft stemmen kann. Jederzeit Schrauben, Scharniere oder Bügel nachliefern zu können, sei eine enorme Herausforderung – aus seiner Sicht ein weiteres Argument für einen Lizenz-Partner.

Schon lange sind Lizenzen ein etabliertes Mittel, um die Begehrlichkeit einer Marke auf neue Produkte zu übertragen. Das ist ein leichterer, schnellerer Weg der erfolgreichen Vermarktung als stetige Produktinnovationen zu betreiben. Eine Win-win-Situation: Der Lizenznehmer profitiert von dem Wert, der der Marke innewohnt, der Lizenzgeber erhält im Gegenzug eine Lizenzgebühr. Pierre Cardin war einer der ersten in der Modebranche, der das lukrative Geschäftsmodell rigoros nutzte – Cardin-Brillen werden von den Kunden bis heute ungebrochen wertgeschätzt.

Mission: DNA auf Brillen übertragen

Funktionieren muss die Partnerschaft vor allem auf der kreativen Seite. Im Fall von De Rigo meets Plein war die Kernaufgabe, den Maximalismus, also eher lauten Charakter der Marke, das „Bling Bling“ und die gesamte DNA auf die Brillen zu übertragen. Plein hat gemeinsam mit De Rigos Creative Director Enrico Furlan intensiv an der Kollektionsentwicklung gearbeitet. So soll es weitergehen, wenn auch das zweite Label Plein Sport mit Brillen startet.

De Rigo Vision - Michele Aracri, Managing Director
Michele Aracri, CEO von De Rigo (© De Rigo)

„Philip hat eine zukunftsgerichtete Vision, die uns dazu antreibt, zu experimentieren und immer nach neuen Lösungen in Bezug auf Design und Produktion zu suchen“, sagt De Rigos CEO Michele Aracri. „Es ist eine aufwändige Kollektion, die aus hochwertigsten Materialien mit einer Fülle von Details hergestellt wird, um die Premium- und Luxuspositionierung der Marke zu garantieren. Philip gibt uns maximale Unterstützung“, so der Vorstandsvorsitzende. Der nächste große Auftritt stehe auf der Silmo Ende September in Paris an. Dann wird es auch einen Ausblick auf die weitere Zusammenarbeit geben.

Doch wer weiß, was vorher noch kommt. Denn Philipp Plein hat einen raffinierten Mechanismus etabliert: Er bringt seine Lizenz-Partner zu regelmäßigen Meetings zusammen. Die Treffen dienen als interne Think Tanks zum Brainstorming und kreativen Austausch über die Marke. Die Leitung hat Global Brand & Licensing Director Girgia Pivetti, die Plein vor fünf Jahren von der Timex Group an Bord geholt hat. Erwünscht sind Feedbacks und Vorschläge zu Design, Vertrieb und Marketing. Oder die Partner ergänzen den Messeauftritt eines Lizenznehmers mit Produkten des anderen. So hat es Plein bei der Inhorgenta 2021 gemacht und neben Uhren und Schmuck seines Lizenznehmers WorldTime Watches & Jewelry auch die ersten Entwürfe der De Rigo-Brillen vorgestellt.

Am Auslöser: Starfotograf Steven Klein

Wie besessen Philipp Plein am Marketing arbeitet, zeigt die erste Eyewear-Kampagne, für die er mit Hollywood-Superstar Megan Fox als Model vor der Kamera stand. Die Schauspielerin lässt den Designer, der auch selbst gern ins Rampenlicht tritt, in den Bildern ihre Dominanz als ultimative Femme Fatale sichtlich spüren, am Auslöser: der New Yorker Starfotograf Steven Klein.

Der Launch mit De Rigo zeigt, was eine erfolgreiche Lizenz-Partnerschaft ausmacht. „Man muss seine Stärken und Schwächen offen darlegen und gemeinsam das beste Ergebnis erzielen wollen“, so Philipp Plein. Es ist ein sensibler Balanceakt zwischen Geben und Nehmen.

Boss Campaign Sonnenbrillen - Brillen Safilo
Kooperationspartner: Hugo Boss und Safilo Group (© Safilo)

Das verdeutlichen auch Kooperationen anderer starker Fashion-Marken, die das Brillen-Segment ebenfalls in ihre Wachstumsstrategie einbinden. So Hugo Boss. Das Metzinger Modeunternehmen hat seine Eyewear-Lizenz 2006 an die Safilo Group vergeben. „Mit Safilo haben wir einen erfahrenen Lizenz-Partner, der über das entsprechende Know-how für die Entwicklung von Brillen und die relevanten Vertriebsstrukturen für diese Produktgruppe verfügt“, heißt es aus Metzingen. Die Lizenz-Produkte sollen den Fashion-Look ergänzen.

Lizenz-Strategie: Brillendesign folgt Modekollektion

Design und Produktentwicklung werden eng mit der Lizenz-Abteilung abgestimmt, orientieren sich an Design und Themen der Modekollektionen und greifen die aktuellen Trends im jeweiligen Produktbereich auf, z.B. Oversized-Looks oder Retro-Styles.

Boss Campaign MinHo - Brillen Safilo
Boss Campaign mit Korrektionsfassung – die Lizenz-Brillen kommen von Safilo (© Safilo)

„So können wir unser Sortiment durch Produkte ergänzen, die das Outfit komplettieren“, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens gegenüber eyebizz.

Safilo: CEO Angelo Trocchia
Angelo Trocchia, CEO der Safilo-Gruppe (© Safilo)

Das gesamte Lizenz-Geschäft von Hugo Boss, das neben Brillen auch Düfte, Uhren und Produktgruppen wie Kidswear, Home, Schreibutensilien und Hunde-Accessoires umfasst, soll bis 2025 bis zu 200 Mio. Euro zum Konzernumsatz beisteuern. Im letzten Geschäftsjahr 2021 lag der Anteil bei 77 Mio., drei Prozent des Gesamtumsatzes.

Angelo Trocchia, CEO der Safilo-Gruppe, sieht große Chancen für die Eyewear der Marke: „Wir teilen die gleichen Prinzipien und freuen uns, in Zukunft so das volle Potenzial der Marken Boss und Hugo Boss ausschöpfen zu können“.

Marc O'Polo - Sandro Schramm_
Sandro Schramm, Director Marketing, Licensing & Growth bei Marc O’Polo (© Marc O’Polo)

Um die strategische Nutzung von Markenpotenzialen geht es auch bei der Lizenz-Partnerschaft von Marc O’Polo und Eschenbach Optik, die seit 2009 die Brillen des skandinavisch inspirierten Upper-Casual-Labels produzieren. Die Prozesse in der Zusammenarbeit werden auch hier eng entlang der Modekollektionen geführt.

Die Hauptrichtung gibt interessanterweise nicht die Kernmarke vor, wie Sandro Schramm, Director Marketing, Licensing & Growth bei Marc O’Polo, erklärt: „Wir richten alle Produkte, insbesondere unsere Lizenz-Linien eng an Marc O’Polo Denim aus und schaffen damit eine einheitliche Lifestyle-Welt. Konkret bedeutet das eine frühzeitige Kategorien übergreifende Produktentwicklung mit gleichen Key-Themen über die gesamte Markenwelt. Wir nutzen Synergien im Bereich Kooperationen und Nachhaltigkeit, bei Innovationen und Qualitäten, und entwickeln integrierte Marketingkampagnen, die eine Story über alle Sparten erzählen.“

Marc O'Polo Eyewear - Eschenbach
Brillen von Marc O’Polo by Eschenbach (© Eschenbach Optik)

Ausgangsfrage: Make or buy?

Christian Mangels, als Senior Productmanager bei Eschenbach verantwortlich für die Kooperation mit Marc O’Polo, sagt: „Als Lizenznehmer eine Modemarke muss man darauf achten, die gleichen Werte zu verkörpern und die Ziele mit dem gleichen Anspruch an Innovation, Qualität und Trends zu verfolgen, dabei ein Teil der Brand DNA zu sein und sie gekonnt im Marketing und der Kollektion umzusetzen.“

Eschenbach: Christian Mangels
Christian Mangels ist als Senior Productmanager bei Eschenbach verantwortlich für die Kooperation mit Marc O’Polo (© Eschenbach)

Er sieht es grundsätzlich: „Als Eyewear-Lizenz sind wir der professionelle, verlängerte Arm der Marke: Wir bieten Know-how und Vertriebskanäle, die eine klassische Modemarke ohne sehr große Anstrengungen kaum erreichen kann. Für Marken ist es die einfache „Make or buy“-Entscheidung. Für uns ist der Wert und die Bekanntheit der Marke das Vehikel, um deutlich mehr Kunden zu erreichen und ein attraktiveres Portfolio zu bieten.“

Für Modeunternehmen ist die Möglichkeit, über Lizenz-Partnerschaften eine weitere Diversifikation ihrer Marke auf verschiedene Produktkategorien und Länder zu erreichen, mehr als verlockend, jedoch nicht ohne Risiko. Schmerzhaft mussten einige Fashion-Labels wie etwa Joop feststellen, dass eine übermäßige Lizensierung der eigenen Marke über die ursprüngliche Produktgruppe hinaus dazu führen kann, dass der Markenkern verwässert. Im schlimmsten Fall weiß der Kunde nicht mehr, für was die Marke steht, und wendet sich ab. ///

 

Rüdiger Oberschür ist Dipl.-Theaterwissenschaftler, seit über 15 Jahren journalistisch tätig, Online-Redakteur und Trendscout.

 

Artikel aus der eyebizz 5.2022 (August/September)

 

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