Ein Gesicht ist wie ein Kunststück – deswegen braucht es einen großartigen Rahmen. Nach diesem Motto entwerfen Barbara McReynolds und Gai Gherardi von l.a.Eyeworks seit 1979 Fassungen. Nein, Lieblingsstücke. Die Brillen der zwei amerikanischen Designerinnen adeln die Gesichter von Stars wie Sir Elton John oder Grace Jones, aber auch viele Medienleute oder Kreative greifen zu dem Label.
Eines der hervorstechenden Merkmale ihres Designs sind ausdrucksstarke Formen und Farben. Denkt der Amerika-Fan an Los Angeles, ist klar warum. Hier fällt ein ganz eigenes Licht. Hängt der Vormittag noch im Nebel, reißt spätestens am Mittag der Himmel auf und lässt das spezielle kalifornische Lebensgefühl aufkommen.
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Der „Golden-State“ hat seine ganz eigenen Mythen. Schon der Name California ist sagenumwoben. 1510 veröffentlichte der Spanier Garci Rodríguez de Montalvo einen Roman, in dem eine Insel voller Gold namens Kalifornien vorkommt, bewohnt von wunderschönen Amazonen, beherrscht von der Königin Califia. Als dann spanische Eroberer an der Westküste landeten, war der Name in Erinnerung an das Buch geboren. Ganz zu schweigen von den Beach-Boys, die das „California Feelin‘“ für immer eingefangen haben: „We are surfin USA“.
Los Angeles, kurz L.A., steht für Hollywood-Glamour, endlose Strände und multikulturelles Flair und ist mit fast vier Millionen Einwohnern nach New York die zweitgrößte Stadt der USA. Getrieben als ein Schmelztiegel der Nationen leben im Einzugsbereich mehr als zehn Millionen Menschen aus 140 Nationen, die 96 Sprachen sprechen. Ein Modell für die Zukunft?
9. September 1979
In diesem pulsierenden Umfeld dekorierte l.a.Eyeworks am 9. September 1979 sein einziges Schaufenster auf der Melrose Avenue. Der Impuls für dieses Abenteuer? „Eigentlich war es eine Reaktion auf verschiedene Einflüsse“, erinnert sich Barbara. Kennengelernt hatten sich die zwei Freundinnen auf der Highschool. Nach ein paar „Cross-Country“-Abenteuern waren sie schließlich unzertrennlich. Zunächst lernten sie bei namhaften Augenoptikern ihr Handwerk. Doch ihnen gefielen die damals in den späten 70-ern vorherrschenden Fassungen einfach nicht: „Zu groß, zu plump, langweilige Farben, Logos von außen und irgendwie geschlechtsneutral“, definiert Barbara in der Rückschau. Sie aber glaubten fest daran, dass die Leute für aufregendere und gewagtere Designs offen waren. Die Idee war geboren, und beide waren verrückt genug, das Abenteuer zu wagen. Und so waren auch ihre ersten eigenen Kreationen vor allem eines: provokativ.
Mehr als drei Jahrzehnte und Hunderte von Designs später führen die zwei Visionärinnen immer noch ihre eigene 190 Quadratmeter große Brillen-Boutique in L.A., aber auch ein Großhandelsunternehmen, das seine Designs zu einem globalen Netzwerk von unabhängigen Optikern und Einzelhändlern kanalisiert.
Highlights
Nach ihrem größten Erfolg gefragt, muss Gai ein bisschen überlegen, denn es gab so viele schöne Momente. Ob sie sich nun daran erinnert, wie Andy Warhol mit seiner Sonnenbrille aus ihrem Geschäft spaziert ist, oder wie ein Kunde berichtete, dass er ein Brillenputztuch der Marke an der Chinesischen Mauer gefunden hat. Toll war auch, dass ihr Geschäft in einer Sequenz von Ridley Scotts Kult-Science-Fiction-Film Blade Runner (1982) auftauchte. Der Film spielt in einem Los Angels von 2019. Das war gleich doppelt cool, weil das Auge und das Sehen in diesem Film geradezu philosophisch thematisiert werden. Sehen wir die Wahrheit? Oder ist alles nur eine Frage der Perspektive?
Aber dann wird Gai wieder ganz bescheiden: Das Größte sei einfach, dass jemand „deine Fassung trägt. Dass er sein Leben lebt und dein Design ihn bei all den Freuden und Erfahrungen, die er dabei sammelt, begleitet.“ Die Designerin versteht es als Ehre, auf diese Weise dabei sein zu dürfen.
Der Alltag
Jeden Morgen trifft sich das Team von l.a.Eyeworks, um alles zu besprechen, was das Business und natürlich die Designs betrifft. Sie diskutieren neue Entwürfe und Ideen, nehmen Prototypen unter die Lupe. „Ob es Musik ist, Malerei oder eine Kleinigkeit, wir sprechen über alles – das ist es, was l.a.Eyeworks nach vorne bringt“, resümiert Gai nachdenklich. Sie sind nicht mehr die Jüngsten, doch eine umfassende Neugier lässt sie an allen aktuellen Trends teilnehmen.
Die Pläne für die nächsten drei Jahre? Barbara muss nicht lange überlegen: „Wir tun, was wir lieben. Wir designen Fassungen, die Menschen ermöglichen, ihren nächsten Schritt innerhalb ihrer persönlichen Evolution zu machen.“ Es wird jedoch nie genug Zeit geben, für all die Modelle, die sie noch in den Köpfen haben.
Die Design-DNA im Detail
Wohin geht ihre Reise? Größer oder kleiner, welche Materialien bevorzugen sie? Die Formen variieren von Modell zu Modell. Grundsätzlich sind die Fassungen von ausgesuchter Qualität, was die Materialien angeht, wobei der Materialmix ausschlaggebend ist, um genau diese eine besondere Fassung zu kreieren. Die aktuellen Kollektionen nutzen Acetat, Titan, Edelstahl, medizinischen Stahl und weitere Raffinessen wie zum Beispiel Acetat-Überzüge.
Bei all dem steht der Mensch im Mittelpunkt, nicht der modische Trend, sondern der Wunsch, für jeden einzelnen eine Fassung zu designen, die zu seiner Persönlichkeit passt. Dabei wird Bewährtes immer wieder auf den Prüfstand gestellt, eventuell ergänzt, damit alles noch komfortabler wird. Mal minimalistisch und von Architektur geprägt, mal verspielt. Zentral sind die Farben des California Style, die Formen und Strukturen bestimmen, teils skulptural wirken.
Seit 1981 begeistern die Portraits von Star-Fotograf Greg Gorman Brillen-Fans unter dem Motto: „A face is like a work of art. It deserves a great frame.“ Wen wundert es, dass Barbara und Gai beide Mitglieder des renommierten Council of Fashion Designers (CFDA) sind? Der Verband verleiht den entsprechenden Award jährlich – wie einen „Oskar für Mode”.
Die Story wird fortgeschrieben. Kein Ende in Sicht.
||| CH
l.a.Eyeworks
Gründerinnen und Inhaberinnen: Barbara McReynolds und Gai Gherardi
Gegründet: 1979
Firmensitz/ Store: 7407 Melrose Ave, Los Angeles, CA 90046, USA