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Ein Blick auf Italien und Japan

Kontaktlinsen-Märkte nach der Pandemie

Die Kontaktlinse hat durch die Corona-Pandemie gelitten. Nachfrage und Umsätze gingen weltweit zurück. Wie bedrohlich ist die Lage? Was hat sich verändert? Wie könnte es weitergehen? Marcel Zischler blickt exklusiv für eyebizz auf die Kontaktlinsen-Märkte in Italien und Japan.

 

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Kontaktlinsen in Italien: Kunden werden preissensibler

Daniele Bazzocchi, General Manager Safilens Srl, muss auf ein für sein Land schwieriges Jahr zurückblicken:

Safilens - Geschäftsführer Daniele Bazzocchi
Daniele Bazzocchi (Safilens)

Die Auswirkungen sind riesig. Derzeit sind 400.000 Unternehmen aufgrund der Pandemie geschlossen, es wird erwartet, dass in den nächsten 18 Monaten weitere 150.000 Unternehmen schließen. Italien hat ohnehin die höchste Anzahl von Unternehmen gemessen an der Bevölkerung (6 Mio. inkl. Selbstständige). Mehr als eine halbe Mio. Menschen haben ihren Job verloren.

In einem Land, das auf Tourismus und Freizeit ausgerichtet ist, verursachte die Pandemie einen Rückgang des nationalen Einkommens von über 12 %. Die sozialen Auswirkungen werden sich in den kommenden Monaten und Jahren weiter bemerkbar machen, insbesondere bei der jüngeren Bevölkerung, die mehr als acht Monate mit Fernunterricht und ohne soziales Leben verbracht hat und mit einem Szenario konfrontiert sein wird, bei dem die Arbeitslosigkeit unter jungen Leuten 34 % beträgt.“

Italien hat 60,3 Mio. Einwohner und 47 Mio. Fehlsichtige. 5,2 % der 15- bis 64-Jährigen sind Kontaktlinsen-Träger. 9.700 Augenoptikgeschäfte gibt es im Land. Quelle: Safilens Italien

 

Produktgruppe

Anteil Kontaktlinsen-Träger

1-Tageslinsen

65 %

2-Wochen- & Monatslinsen

34 %

Soft-Konventionelle Linsen

<0,5 %

Formstabile Linsen

<0,5 %

Kontaktlinsen-Träger in Italien (Quelle: Safilens Italien)

 

Nicht nur eine beträchtliche Anzahl von Augenoptikgeschäften musste in Italien schließen, die Pandemie hat auch die Gewohnheiten der Augenoptiker*innen und ihrer Kunden verändert, wie Bazzocchi erzählt. Online-Verkäufe, insbesondere von Kontaktlinsen, seien stark angestiegen, alle Online-Kanäle hätten Zuwachs, da die Kunden schnell verstanden hätten, wie einfach und bequem das funktioniert. Der Verlust einer kompletten Sonnenbrillen-Saison und verschobene Augenkontrollen werden sich auch weiterhin auswirken.

Was kann der augenoptische Markt aus der Krise lernen? Bazzocchis Antwort: „Dass Veränderungen passieren! Der Markt war bisher ziemlich unempfindlich gegenüber sozioökonomischen Faktoren. Jetzt muss die augenoptische Branche lernen, wie sie mit einer Veränderung umgeht, die durch die Pandemie beschleunigt wurde. Service am Kunden und Professionalität sind Schlüsselwörter in einem solchen Szenario, da sich die Konsumenten sonst andere Kanäle zur Beschaffung der Produkte suchen.“

Die mittelfristige Entwicklung des italienischen Kontaktlinsen-Marktes sieht Bazzocchi skeptisch. Kontaktlinsen seien kein Produkt, das man zum Leben unbedingt benötigen würde. Man könne auch gut auf seine Brille ausweichen. Kontaktlinsen gehörten deshalb zu den „Opferprodukten“, auf die man in Zeiten der Unsicherheit auch mal verzichten könne.

Bazzocchis Fazit: „Die Konsumenten werden immer preissensibler und es wird länger dauern, bis sich das ändert. Die vorläufigen Daten der Ausfälle nach der Pandemie sind beunruhigend. Es wird entscheidend sein, sich auf die Bedürfnisse der Kunden zu konzentrieren und Produkte mit höherem Mehrwert anzubieten, um die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu schließen.“ Längerfristig, so glaubt er, wird sich durchsetzen, dass Kontaktlinsen in Italien vor allem gelegentlich getragen werden.

 

Japan: Tageslinsen erleben einen Aufschwung

Shunsuke Yamagishi, General Manager of Global Marketing Departement, der Firma Menicon Co., Ltd, kommentiert die aktuelle Situation in Japan so:

Shunsuke Yamagishi ( Menicon)
Shunsuke Yamagishi ( Menicon)

„Die Pandemie hat große Auswirkungen auf viele Branchen und den Lebensstil der Menschen. Sie pendeln weniger, gehen weniger auf Veranstaltungen, bleiben mehr zu Hause. Der Einzelhandel wurde durch den Verlust von Arbeitsplätzen stark beeinträchtigt. Dass die Olympischen Spiele in Tokio von 2020 auf 2021 verschoben wurden, wird von der Bevölkerung mehrheitlich abgelehnt. Die Regierung wird massiv kritisiert, wie sie mit der Pandemie umgeht.“

Japan hat 126 Mio. Einwohner und etwa 40 Mio. Fehlsichtige. Davon tragen rund 17 Mio. Kontaktlinsen (teilweise mehrere Typen im Wechsel). Rund 10.000 Augenoptikgeschäfte gibt es im Land. Quelle Menicon Japan

leer

Produktgruppe

Anzahl Kontaktlinsen-Träger

1-Tageslinsen

9 Mio.

2-Wochen- & Monatslinsen

6 Mio.

Soft-Konventionelle Linsen

0,4 Mio.

Formstabile Linsen

3 Mio.

Kontaktlinsen-Träger in Japan (Quelle: Menicon Japan)

leer

Viele Augenoptiker*innen mussten ihr Geschäft schließen, da die Kundenströme zurückgingen und viel weniger Kontaktlinsen getragen wurden. Infolgedessen waren die Umsätze in augenoptischen Geschäften im Jahr 2020 insgesamt rückläufig. Auf der anderen Seite verwenden viele Kontaktlinsen-Träger jetzt mehr Tageslinsen als andere Linsentypen. Ihr Hygienebewusstsein ist gestiegen, sie werden vermehrt zu Gelegenheitsnutzern.

Was kann der augenoptische Markt aus der Krise lernen? Shunsuke Yamagishis Antwort: „Es ist wichtig, einen ausgefeilten Service anzubieten, um den Kunden in der sozialen Krisenzeit Produkte liefern zu können. Außerdem ist die Kundenbindung noch wichtiger als in normalen Zeiten. Daher haben Augenoptiker*innen mit Service-Abos (Omni Channel) in Japan mehr Erfolg als solche, die sich nur auf den stationären Handel konzentrieren. Gleichzeitig wird der digitale Service mit dem Smartphone für einen bequemeren Einkauf immer wichtiger.“

Die zukünftige Entwicklung des Kontaktlinsen-Marktes in seinem Land sieht er auf Grund der abnehmenden Bevölkerung Japans gebremst, was die Anzahl der Träger betrifft. Dafür werden mehr höherwertige Produkte wie multifokale Linsen sowie Linsen für digitale Bildschirmarbeit und eine Vielzahl von kosmetischen Linsen nachgefragt. Außerdem werden medizinisch genutzte Linsen in Zukunft mehr Aufmerksamkeit erhalten.

 

Marcel Zischler ist Inhaber der Agentur für Marketing, Training und Consulting „Zischler Visionplus“ in Luzern (Schweiz) und Autor für Betriebswirtschafts-, Kommunikations- und Führungsthemen und ausgewiesener Kenner der Kontaktlinsen-Branche. www.zischler-visionplus.ch

 


Ein Blick auf die DACH-Region

Erfreuliche Aussichten!

Kommentar von Marcel Zischler

Man kann es nicht mehr hören: Covid-19 und seine Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, die Gesellschaft, die Politik, die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt … Und doch: Die Geschichte ist noch nicht vorbei, wir tun gut daran, uns mit möglichen Szenarien in der Zukunft zu beschäftigen. Die Zeichen stehen laut der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich für die Schweiz auf positiv: „Prognose 2021/22 Der Aufschwung ist da – früher und stärker als erwartet“, berichtete sie am 22. Juni 2021. Insgesamt geht die KOF für 2021 von einem Anstieg des BIP in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahr von 4 % aus (nach –2,6 % im Jahr 2020). Das wäre die höchste BIP-Wachstumsrate seit 2007.

Ähnliches ist aus Deutschland und Österreich zu hören. Das deutsche Ministerium für Energie und Wirtschaft schreibt auf seiner Homepage: „Die wirtschaftliche Lage präsentiert sich zurzeit zweigeteilt: Während die Dienstleistungsbereiche nach wie vor durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie eingeschränkt sind, zeigt sich die Industriekonjunktur vergleichsweise robust. So stehen dem Rückgang bei der Produktion eine positive Entwicklung bei den Auftragseingängen und sehr zuversichtliche Exporterwartungen gegenüber. Die Stimmung in den Unternehmen ist so gut wie lange nicht mehr:“

Glaskugel-Gucken ist bekanntlich keine anerkannte Wissenschaft. Daher versuche ich es erst gar nicht, sondern frage meinen Bauch, der auf Grund der Pandemie (wegen vermehrten Kochens und Zuhause Essens und der Abstinenz vom Fitness-Center) größer geworden ist. Dieser Bauch sagt mir für die Zukunft des Retail-Optik-Marktes im DACH-Raum Folgendes:

  1. Die Zeichen für die wirtschaftliche Erholung stehen auf Grün.
  2. Das Thema Personalmangel wird immer mehr zum Killerkriterium für den Bestand und die Expansion vieler Unternehmen.
  3. Nachfolgeregelungen sind eine weitere Herausforderung und müssen frühzeitig und professionell angegangen werden.
  4. Das vermehrte Engagement branchenfremder Investoren wird zur weiteren Beschleunigung der Filialisierung führen.
  5. Die Vertikalisierung hat das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht.
  6. Die Digitalisierung ist in zahlreichen Bereichen der Schlüssel zum Erfolg, aber nicht in allen. Der persönliche Kontakt zum Kunden bleibt essentiell.
  7. Es ist dringend nötig, als Augenoptiker*in /Optometrist die eigene Positionierung zu schärfen. Der „Bauchladen“ ist Schnee von vorgestern. Weiter ist die Professionalisierung der betriebswirtschaftlichen Aspekte wichtiger denn je.
  8. Es macht für unabhängige Augenoptiker*innen Sinn, den Blick vermehrt nach „innen“ zu richten – heißt, warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt – heißt, sich auf lokale und europäische (wann immer möglich, umweltverträglich hergestellte) Produkte konzentrieren. ///

 

Was halten Sie von den 8 Thesen von Kontaktlinsen-Experte Marcel Zischler? Zustimmung? Widerspruch? Ihre Meinung interessiert uns. Schreiben Sie uns: redaktion@eyebizz.de

 

Artikel aus der eyebizz 5.2021 (August/September)

 

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