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42. Kolloquium der Fielmann Akademie

Nachkontrolle – die eigentliche Kontaktlinsenanpassung

Fielmann Akademie - 42. Kolloqium: Hans-Jürgen Grein

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, das hat bereits Lenin gewusst und das gilt auch heute noch, gerade wenn es um das Thema Nachkontrollen in der Kontaktlinsenanpassung geht.“ Mit diesen Worten eröffnete Prof. Dr. Hans-Jürgen Grein (Foto), wissenschaftlicher Leiter der Fielmann Akademie Schloss Plön das 42. Kolloquium der Fielmann Akademie am 4. Juli. Tragefehler aufspüren, nicht so gelungene Anpassungen korrigieren, Komplikationen vorbeugen und die Folgeberatung qualifiziert gestalten – diese Aspekte wollte der Fortbildungsabend betrachten.

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Individuelle Anpassung oder Kontaktlinsen „to go“?

Svenja Hennschen, Augenoptikermeisterin, Dozentin der Fielmann Akademie Schloss Plön eröffnete mit ihrem Vortrag zum Thema „Der Nachkontrolltermin – Schlüssel zum erfolgreichen Kontaktlinsentragen“.

„Ich werde in meinem privaten Alltag immer wieder gefragt, warum man denn Kontaktlinsen anpassen lassen soll, wenn es doch überall Automaten oder Möglichkeiten gibt, Kontaktlinsen einfach zu kaufen.“ Ebenso wie Kleidung nicht als Einheitsgröße funktioniere, passen auch Kontaktlinsen nicht auf jedes Auge. Und ebenso wie eine Jeans sich durch das Tragen weite, verändere auch eine Kontaktlinse nach längerem Tragen ihr Sitzverhalten.

Mit der Nachkontrolle werde das Ziel verfolgt, langfristige Zufriedenheit bei den Kontaktlinsenträgern zu erzielen, um so die Drop-Out-Quote zu reduzieren. Studien belegen, dass 30 bis 40 Prozent der Kontaktlinsenträger von der Kontaktlinse auf die Brille umsteigen, ohne zuvor eine optimierte Kontaktlinse auszuprobieren. Die Gründe der unter 40-jährigen Aussteiger seien hauptsächlich Diskomfort und Trockenheitsgefühl, während die Gruppe der über 40-jährigen ihren Ausstieg überwiegend mit schlechtem Sehen begründeten, erläuterte Hennschen.

Ein regelmäßiger Austausch zwischen Kontaktlinsenanpasser und Kontaktlinsenträger biete die Chance, die Vor- und Nachteile eines Systems zu besprechen und gemeinsam Kompromisse zu finden, um die Zufriedenheit zu erhalten. Ebenso wichtig wie das Gespräch sei jedoch auch die objektive Sitzbeurteilung durch den Kontaktlinsenanpasser, dazu sollten die Kontaktlinsen bereits mehrere Stunden aufgesetzt sein.

Fielmann Akademie - 42. Kolloqium: Svenja Hennschen
Fielmann Akademie – 42. Kolloqium: Svenja Hennschen

„Wenn der Kunde seine Kontaktlinsen anschließend selbst absetzt und reinigt, erhalten Sie als Anpasser einen sicheren Hinweis über dessen Sicherheit in der Handhabung der Kontaktlinse sowie die Reinigung, um so sicherzustellen, dass der Kunde eine positive Compliance hat.“

Ein wichtiger Teil des Nachkontrolltermins stelle eine Topographie über das linsenlose Auge dar sowie eine Inspektion des vorderen Augenabschnittes. „Dabei sollte unbedingt Fluoreszein zum Einsatz kommen, denn ohne die Gabe von Fluoreszein können viele Auffälligkeiten, die physiologisch nicht mehr verträglich sind, nicht aufgedeckt werden“, mahnte Hennschen.

Zum Schluss werden die erfassten subjektiven und objektiven Befunde noch einmal für den Kunden zusammengefasst und das weitere Vorgehen besprochen, damit der Kunde eventuelle Änderungen nachvollziehen könne. „Es ist wichtig, direkt im Anschluss den nächsten Nachkontrolltermin zu vereinbaren, um dem Kunden dessen Wichtigkeit aufzuzeigen.“

Nachkontrolle – die eigentliche Anpassung

„In vielen Fällen ist die Nachkontrolle die eigentliche Kontaktlinsenanpassung“, knüpfte Markus Leonhard, M.Sc. Augenoptik, Augenoptik Leonhard und Dozent am ifb Karlsruhe, an.

Dies gelte im Besonderen für die Anpassung weicher Austauschlinsen. Nach einer kurzen Adaptationsphase während des ersten Anpasstermins werde oftmals eine akzeptable Benetzung, ausreichende Beweglichkeit und ein spontan positives Kundengefühl erreicht. Erst nach einer längeren Tragzeit zeige sich, wie sich die Kontaktlinsen wirklich auf dem Auge präsentieren.

„Ich erlebe es häufig, dass Kollegen frustriert sind, weil sie sich viel Mühe mit der Anpassung geben und die Kunden ihre Kontaktlinsen später im Internet nachbestellen.“ Gleichzeitig erfahre Leonhard von Neukunden, die bereits Kontaktlinsenerfahrung mitbringen, dass diese glauben, Nachkontrolle bedeute lediglich Überrefraktion.

Fielmann Akademie - 42. Kolloqium: Markus Leonhard
Fielmann Akademie – 42. Kolloqium: Markus Leonhard

Solange Kunden dies glauben, sei der Besuch beim Augenoptiker nicht mehr wert als die Bestelloption im Internet. Fachkompetenz, Zeit und ein systematischer Ablauf seien unentbehrlich für eine erfolgreiche Nachkontrolle mit dem Ziel, Kunden zu halten und Drop out zu vermeiden.

Subjektive Unzufriedenheit früh erkennen

Leonhard selbst gestalte die Nachkontrolltermine immer gleich. In seinem eigenen Institut starte er immer mit einer elektronischen Befragung – 15 Fragen zum subjektiven Gefühl des Kunden im Umgang mit seinen Kontaktlinsen. Dies sei deshalb so wichtig, weil die Mehrheit der Kunden wegen subjektiver Beschwerden aus dem Kontaktlinsentragen aussteigen.

Die Analyse der Fragen sowie der Vergleich der Antworten mit dem letzten Termin ermögliche die frühzeitige Erkennung von Unzufriedenheit. In Kombination mit der objektiven Befunderhebung lasse sich mit dem Kunden gemeinsam für jedes Problem eine Lösung finden. Dies könne kein Internet und kein Kontaktlinsenautomat leisten.

„Es braucht auch in Zukunft gut ausgebildete Augenoptiker, denn wenn wir die Nachkontrolle nicht machen, dann macht es niemand.“ Dies verlange jedoch Struktur und System. „Und vergessen Sie nicht, Ihre Kunden hin und wieder zu loben, auch wenn die Kunden keine einhundertprozentige Compliance zeigen“, das kenne doch jeder von sich selbst. „Lob tut gut“, appellierte Leonhard an das Auditorium.

Einheitliche Richtlinien für bessere Betreuung

Auch im dritten Vortrag wurde deutlich, wie wichtig die Nachkontrolle für den dauerhaften Trageerfolg ist. Samantha Samuel, staatlich geprüfte Augenoptikerin und Augenoptikermeisterin, Professional Service Cooper Vision, fokussierte sich auf die Möglichkeiten der Befundklassifikation und Befunddokumentation.

Die Nachkontrolle sei dann am effizientesten, wenn innerhalb eines Instituts der gleiche Grading-Scale verwendet werde. Außerdem sollten Befunde immer bis auf eine Dezimalstelle genau notiert werden. Wichtiger als das Befundmanagement, so die erfahrene Anpasserin, sei die Dokumentation dessen, was gesehen werde.

Fielmann Akademie - 42 Kolloqium: Samantha Samuel
Fielmann Akademie – 42 Kolloqium: Samantha Samuel

Zur Veranschaulichung nannte Samuel Stippen. Hier sei es nicht ausreichend, nur deren Vorhandensein zu dokumentieren, sondern den Befund hinsichtlich Lage, Ausdehnung und Tiefe zu konkretisieren. Optimal gelinge dies mittels Skizze oder Fotografie. Darüber hinaus „sollte nur dokumentiert werden, was außergewöhnlich ist“, die Beschreibung aller Normalbefunde mache die Dokumentation unübersichtlich und kompliziert.

Wie die beiden Referenten zuvor betonte Samuel, dass der Nachkontrolltermin sofort bei der Abgabe der Kontaktlinsen vereinbart werden sollte. Denn nur so sei sichergestellt, dass der Kunde wiederkomme. Jeder Nachkontrolltermin sollte neben der subjektiven und objektiven Befunderhebung eine Analyse der Kontaktlinsenpflege umfassen. „Wenn Sie diese Kontaktlinsentrias beherzigen, bin ich überzeugt, dass Sie zufriedene Kunden haben werden.“

Nachkontrolle bei individuellen Kontaktlinsen

Muss eine Nachkontrolle eigentlich anders ablaufen, wenn der Kunde statt Tauschlinsen individuelle Kontaktlinsen trägt? Der Ablauf einer Kontaktlinsen-Nachkontrolle, so Mario Rehnert, M.Sc. Optometry and Vision Science, Hecht Contactlinsen GmbH, Au bei Freiburg, unterscheide sich nicht in Abhängigkeit vom Linsensystem.

Egal, ob Tauschlinse oder individuelle Kontaktlinse, jede müsse so angepasst sein, dass weder subjektive noch objektive Komplikationen auftreten. Der Unterschied liege in den Möglichkeiten, die individuelle Kontaktlinsen zur Sitzoptimierung bieten. Formstabile Kontaktlinsen mit einem Brechwert ab -4,00 dpt zeigen häufig einen Hochsitz.

„Wenn die Kontaktlinse hoch sitzt, hat sie maßgeblich Einfluss auf die Hornhaut-Topographie“, erläuterte Rehnert. „Unsere Anpassung ist immer auf die Mitte ausgelegt, also auf das statische Fluobild.“ Sitze die Linse hoch, zeigen sich statt eines Gleichlaufs Auflagepunkte und Bereiche, in denen die Kontaktlinse abstehe.

Fielmann Akademie - 42. Kolloqium: Mario Rehnert
Fielmann Akademie – 42. Kolloqium: Mario Rehnert

Troubleshooting: Hochsitz versus Tiefsitz

Um den Hochsitz zu beheben, müsse der Einfluss des Oberlids auf die Kontaktlinse reduziert werden. Dies gelinge am besten mit einer Kombination aus einer Verkleinerung des Linsendurchmessers und gleichzeitigem Anbringen eines Prismenballasts. Sei ein Hornhautastigmatismus Ursache für den Hochsitz, könne durch die Wahl einer torischen Rückfläche meist eine Sitzkorrektur erfolgen.

Das Gegenteil, ein Tiefsitz der Kontaktlinse, sei häufig bei Pluslinsen zu beobachten. Um dies zu verbessern, könne das Linsenmaterial gewechselt und eines mit geringerem spezifischem Gewicht gewählt werden. Eine weitere Option sei die Vergrößerung des Durchmessers. Zwar werde dadurch die Linse noch schwerer, gleichzeitig habe das Oberlid aber mehr Fläche, um die Linse zu greifen.

Zu guter Letzt könne die Linse mit einem Minustragrand gefertigt werden, was die Linse oben halte. „Ich persönlich bevorzuge eine Kombination aus der Durchmesservergrößerung und der Fertigung eines Minustragrandes“, so Rehnerts Tipp für die Anpasspraxis.

Rehnert schloss sich seinen Vorrednern an, dass ein strukturierter Ablauf der Nachkontrolle sowohl für die verantwortungsvolle Kontaktlinsenanpassung als auch für die Vermeidung von Drop out unabdingbar sei.

LowVision im November

Mit einer angeregten Abschlussdiskussion klang die Veranstaltung aus.

Fielmann Akademie - 42. Kolloqium: die Referenten_Hennschen, Grein, Samuel, Rehnert und Leonhard
Fielmann Akademie – 42. Kolloqium: die Referenten Svenja Hennschen, Samantha Samuel, Mario Rehnert und Markus Leonhard mit Gastgeber Hans-Jürgen Grein (2. von links)

 

Das 43. Kolloquium der Fielmann Akademie Schloss Plön findet im „Dialog vor Ort“ in Kooperation mit dem BfW Halle zum Thema „Low Vision“ am 10. November 2018 in Halle statt.

 

Quelle und Bilder: Fielmann Akademie

 

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