Da der Kontaktlinsenpflege oft nicht die Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, die notwendig ist, um ein beschwerdefreies Kontaktlinsentragen zu ermöglichen, bleibt es häufig dem Kunden überlassen, wo er die Pflegemittel kauft. Folge: Die Dropout-Rate steigt und wertvoller Umsatz geht verloren. Dabei beweisen sich Pflegemittel als Umsatzbeschleuniger, wenn richtig beraten wird.
Der Pflegemittel-Umsatz hat sich seit 2002 mehr als halbiert (Spectaris-Branchenreport Augenoptik 2018/19), obwohl nur rund ein Viertel der verkauften Linsen Tageslinsen sind, bei denen die Pflege entfällt.
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Einsteiger = Aussteiger
Bei rund der Hälfte der Kontaktlinsenaussteiger sind Komfortprobleme der Grund für den Abbruch (opus-htw-aalen.bsz-bw.de). Oft wird ein für den Kontaktlinsenträger ungeeignetes Pflegemittel verwendet. Denn häufig wird die Entscheidung dem Kunden überlassen, welches Pflegemittel er für seine Kontaktlinsen benutzen möchte.
Bei der Wahl des richtigen Pflegemittels sind nicht nur das Linsenmaterial, der Tränenfilm und die Tragedauer zu berücksichtigen, sondern auch die Gewohnheiten des Trägers. Denn wenn der Kunde die Reinigung seiner Linsen als zu umständlich empfindet und nur unzureichend ausführt, entstehen Probleme. Nach den täglichen Pflegegewohnheiten muss deshalb ebenso gefragt werden wie nach dem Alltag des Kontaktlinsenträgers. Tägliche Computerarbeit, berufsbedingte Reisen oder unregelmäßige Tragegewohnheiten stellen Herausforderungen dar.
Bei Frauen spielt die Wahl des richtigen Make-Ups eine große Rolle. Wird Mascara verwendet, bei der sich im Laufe des Tages kleinste Partikel lösen und in den Tränenfilm gelangen, können Reizungen auftreten. Der Tragekomfort ist eingeschränkt. Auch ölhaltige Make-Ups können sich auf der Kontaktlinse ablagern und zu verschwommenem Sehen führen. Auf der Suche nach einer Lösung ist eine umfangreiche Anamnese unerlässlich.
Pflegemittel: Unterschiedliche Möglichkeiten
Auch wenn der Anteil an All-in-one-Pflegeprodukten 45,8% beträgt (Spectaris-Branchenreport Augenoptik 2017/2018), ist es im Problemfall sinnvoll, ein Zusatzprodukt, etwa einen Oberflächenreiniger, zu empfehlen. Auch die Verwendung eines Peroxid-Systems kann zum Erfolg führen. Je nach Tränenfilm und Gewohnheiten des Kunden gibt es unterschiedliche Lösungen.
Eine ausführliche Erklärung ist hier besonders wichtig. Denn nur bei ordnungsgemäßer Anwendung kann die Pflegelösung auch die volle Reinigungswirkung entfalten. Um sicher zu gehen, dass der Kunde die Anweisungen richtig verstanden hat, ist es sinnvoll, sich den Ablauf mit eigenen Worten vom Kontaktlinsenträger wiederholen zu lassen. Dadurch können Missverständnisse geklärt werden, bevor es zur Fehlanwendung kommt.
Worauf es ankommt
Der Kontaktlinsenträger muss ein Gefühl dafür bekommen, wie wichtig die Pflege seiner Linsen für eine gute Verträglichkeit und eine lange Tragedauer ist. Um dieses Gefühl beim Kunden zu erzielen, sollte der Anpasser seine Überzeugung transportieren, dass eine Kontaktlinse in Abstimmung mit dem richtigen Pflegemittel die höchste Wirksamkeit entfaltet. Es ist nicht dem Kontaktlinsenträger zu überlassen, welches Pflegemittel er verwendet und wo er dieses bezieht. Hier liegt die Kompetenz eindeutig beim Anpasser.
Die Gründe für eine Abwanderung im Pflegemittel-Segment liegen oft an mangelnder Kommunikation und der daraus entstehenden Unwissenheit des Trägers. Wenn die Linsen durch ungenügende Reinigung Ablagerungen aufweisen, setzt der Nutzer das mit einer Unverträglichkeit des Linsenmaterials gleich und ist im schlimmsten Fall als Kontaktlinsenträger verloren. Wenn der Kunde seine Kontaktlinsenpflege dann beim Discounter kauft, ist der Gesprächsfaden gerissen.
Wie die Lösung aussehen kann
Die Notwendigkeit und der Nutzen der Kontaktlinsenpflege müssen als wichtiger Bestandteil in die Beratung mit einfließen. Der Fachmann sollte seine Position als Ansprechpartner festigen. Dies kann am einfachsten im Gespräch bei der Anpassung erfolgen.
Auch von anderen Vertriebskanälen kann kopiert werden. Schaut man sich zum Beispiel Online-Angebote an, wird bei dem Verkauf eines Halbjahresbedarfs an Monatslinsen beispielsweise der Halbjahresbedarf an Pflegemitteln als Gesamtpaket angeboten. Manchmal ist für den Käufer auch ein Präsent dabei. Kleine Geschenke erhalten bekanntlich die Freundschaft. Wenn dem Kunden der Nutzen, den er durch ein Komplettpaket aus seinen Linsen und den entsprechenden Pflegeprodukten hat, aufgezeigt wird, entscheidet er sich in den meisten Fällen dafür.
Welchen Nutzen der Kunde hat
Rundum sorglos sein: Der Kontaktlinsenträger muss sich keine Gedanken machen, dass am Ende der Pflege noch so viel Linse übrig ist. Die Kontaktlinsen und das Pflegemittel neigen sich zeitgleich dem Ende zu. Das bedeutet, wenn der Linsenträger das letzte Paar Kontaktlinsen öffnet, macht er parallel einen Termin zur Nachkontrolle aus. Die Voraussetzung ist, dass ihm die Notwendigkeit der Nachkontrolle bewusst gemacht wurde. Digital gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Möglichkeiten, den Kunden entsprechend zu kontaktieren und zur Kontrolle einzuladen.
Durch die Zusammenstellung eines Kontaktlinsenpaketes durch den Anpasser kann sich der Kunde sicher sein, dass die Kontrolle auch gewährleistet ist. Wenn eine Pflege benutzt wird, die sich der Kontaktlinsenträger selbst aussucht, kann die Verträglichkeit unter Umständen leiden. Darauf gilt es, im Gespräch hinzuweisen und den Kunden zu informieren.
Wie bei den meisten Paketen ist ein Preisvorteil für den Käufer ein weiterer Anreiz, das Angebot anzunehmen. Das kann einerseits ein Preisnachlass sein oder auch eine Reisegröße, ein zusätzlicher Behälter, eine Nachbenetzung. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt.
Fazit
Um ein realistisches Bild über den Pflegemittel-Abverkauf im eigenen Geschäft zu bekommen, ist es hilfreich, sich die Anzahl der abverkauften Boxen anzuschauen. Mit dem Wissen, dass der Kunde sechs bis acht Flaschen vom All-in-one-Pflegemittel à 360 ml pro Jahr benötigt, ist die Rechnung schnell gemacht. Stimmt das Verhältnis Kontaktlinsen und Pflege, besteht kein Handlungsbedarf. Ist das Verhältnis aus der Balance, sollte man überlegen, wie sie wiederhergestellt werden kann.
Dazu reicht die einfache Frage, ob noch Pflege vorhanden ist. Wenn der Kunde das bejaht, wird das Gespräch weitergeführt, um zu erfahren, wo gekauft wurde. Entsprechend der Kundenaussagen entsteht ein Bild, woher das Ungleichgewicht Linse und Pflege herkommt. Mit entsprechender Aufklärung und Beratung wird dem Kunden die Bedeutung bewusst gemacht. Dadurch entstehen neue Möglichkeiten, Umsatz zu generieren und dabei den Kunden mit Fachkompetenz zu begeistern.
Tanja Leideck ist Augenoptikermeisterin, staatlich geprüfte Augenoptikerin, Coach und Inhaberin von Ophthalmo Consulting. Seit 30 Jahren ist sie in der augenoptischen Branche u.a. im Außendienst tätig und gibt ihre Erfahrungen mittlerweile als Unternehmenscoach in Vorträgen, Workshops, individuellen Schulungen und Trainings weiter.