Die World Rowing Masters Regatta ist nicht nur ein Ort des Wettkampfs, sondern auch ein Treffpunkt für Sportler aus aller Welt, die ihre Erfahrungen teilen – nicht nur über das Rudern, sondern auch über ihre Brillen und Kontaktlinsen. Ein Eldorado für eine rudernde Augenoptikerin wie eyebizz-Autorin Sabine Siegmund.
Auf der Regatta habe ich die Gelegenheit genutzt, meine Ruder-Kolleginnen und Kollegen zum Sehen mit Brille und Kontaktlinsen zu befragen. Als Inhaberin eines Augenoptik-Geschäftes wollte ich wissen, wie sie mit diesem Thema umgehen und was Sportler darüber denken – und sich vielleicht von uns Augenoptikern wünschen.
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Seit meiner Schulzeit gehört das Rudern zu meinem Leben. Deswegen bin ich auch vor wenigen Wochen gemeinsam mit meinem Team vom Deutschen-Ruder-Club von 1884 Hannover bei der World Rowing Masters Regatta gestartet, der größten Ruderregatta, die der Ruderweltverband (WorldRowing/FISA) vergibt.
Rund 3.600 Teilnehmende aus 51 Nationen ab einem Alter von 27 Jahren traten über eine Distanz von 1.000 Metern auf der Regattastrecke Beetzsee/Brandenburg gegeneinander an, um die erfolgreichsten Mannschaften zu ermitteln. Die Erfahrung, Teil eines starken und erfolgreichen Teams zu sein und im internationalen Wettbewerb anzutreten, ist einfach unvergesslich. Bei unserem Ruder-Achter funktionierte alles und wir konnten unser Können auf den Punkt abrufen. Die Kraft, die Perfektion, die Technik und der Wille, zu gewinnen, waren da. Dies führte uns zum Siegersteg und zum Erhalt von zwei Medaillen.
Neben körperlichem Einsatz ist auch gutes Sehen entscheidend für die Leistung, Präzision und Sicherheit. Wir Ruderer müssen nicht nur unser eigenes Boot kontrollieren, sondern auch auf die Umgebung und andere Boote achten. Eine klare Sicht ist unerlässlich, um den Verlauf der Trainings- und Regattastrecke zu erkennen und Hindernissen im Wasser rechtzeitig auszuweichen. Dies gilt insbesondere für Rennen, bei denen das Boot mit hoher Geschwindigkeit über enge Bahnen manövriert wird. Eine unscharfe Sicht könnte zu gefährlichen Kollisionen oder zu Fehleinschätzungen führen.
Darüber hinaus erfordert das Rudern im Team eine präzise Abstimmung. Jeder Ruderer muss die Bewegungen der Teamkollegen exakt verfolgen, um die Synchronität zu gewährleisten. Schon ein minimaler Rhythmus-Verlust durch schlechteres Sehen kann das gesamte Team aus dem Takt bringen und wertvolle Sekunden kosten. Nicht zuletzt trägt gutes Sehen auch zum persönlichen Erfolg bei: Ob Training oder Wettkampf – Ruderer müssen neben der Strecke auch die Signale des Trainers oder des Schiedsrichters im Blick behalten und darauf reagieren. Eine klare, uneingeschränkte Sicht unterstützt die Athleten dabei, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.
Beratung ist der Schlüssel
Hier kommt unsere Expertise als Augenoptiker ins Spiel. Der Bedarf an optimalem Sehen im Sport ist enorm, und Kontaktlinsen bieten in vielen Fällen eine hervorragende Lösung. Aber wie gehen wir mit diesem Thema um? Zunächst ist es empfehlenswert, jeden Kunden zu fragen, ob er Sport treibt und dabei Kontaktlinsen oder eine Brille trägt. Die meisten Kunden kommen dann ins Erzählen und berichten von ihrer Sportart. Häufig haben sie sich jedoch noch nie Gedanken gemacht, wie sie ihre Fehlsichtigkeit beim Sport korrigieren könnten.
Als ich die Brillenträger bei der Regatta fragte, warum sie keine Kontaktlinsen tragen, nannten viele Komfortprobleme: „Ich habe empfindliche Augen. Wenn der Wind stark ist oder ich viel schwitze, fangen die Linsen bestimmt an zu stören“, berichtete eine Teilnehmerin. Andere gaben an, dass sie bei längeren Trainings-Einheiten Angst haben, dass die Linsen herausfallen oder austrocknen könnten.
Sportler brauchen Lösung
Natürlich: Sportler brauchen eine Lösung, die nicht nur auf dem Papier gut klingt, sondern in der Praxis funktioniert – von Tageslinsen, die den Komfort erhöhen, bis hin zu Speziallinsen für trockene Augen oder für wechselnde Lichtverhältnisse. Wir wissen, beim Sport erhöht sich die Sauerstoff-Anforderung des Auges aufgrund der gesteigerten körperlichen Aktivität. Das Auge sollte aber gerade unter Belastung gut mit Sauerstoff versorgt werden, um eine Hypoxie und damit verbundene Schädigungen wie Hornhautödeme oder Gefäßneubildungen zu vermeiden.
Hier sind Silikon-Hydrogel-Kontaktlinsen zu empfehlen. Sie bieten eine deutlich höhere Sauerstoffdurchlässigkeit als klassische Hydrogele auf (Dk/t-Wert), was den Anforderungen des Auges während der sportlichen Aktivitäten gerecht wird. Dies ist auf das Silikon zurückzuführen, das Sauerstoff effektiver durch das Material transportiert.
Äußeren Einflüssen ausgesetzt
Bei allen Outdoor-Aktivitäten ist das Auge verstärkt äußeren Einflüssen wie Wind, Hitze und trockener Luft ausgesetzt, die zu einer schnelleren Verdunstung des Tränenfilms führen können. Das wiederum führt zu Trockenheit und einem Fremdkörpergefühl. Benetzungs-optimierte Materialien und Oberflächen-Behandlungen sind daher essenziell. Moderne Kontaktlinsen sind mit Benetzungsmitteln wie zum Beispiel Hyaluronsäure ausgestattet, die den Tränenfilm stabilisieren. Diese Linsen können die Verdunstung reduzieren und den Tragekomfort erhöhen. Silicon-Hydrogel-Linsen mit einem geringeren Wassergehalt neigen außerdem weniger zur Austrocknung in Umgebungen mit niedriger Luftfeuchtigkeit.
Unter den Teilnehmern der Ruder-Regatta habe ich die Kontaktlinsenträger einmal gefragt, ob sie von ihrem Augenoptiker auf Kontaktlinsen angesprochen wurden oder wie sie zu ihren Kontaktlinsen gekommen sind. Häufig kam die Antwort, dass ein Teamkollege von Kontaktlinsen begeistert war und sie empfohlen hat. Erst dann sind sie zu einem Augenoptiker gegangen oder haben sich „irgendwelche“ im Internet bestellt. Auf meine Frage, welche Art von Kontaktlinsen sie tragen, welche Marke und warum die Entscheidung gerade auf diese Kontaktlinse fiel, schauten mich viele irritiert an. Ihnen war nicht bekannt, dass es bei einer Kontaktlinsen-Anpassung viele Unterschiede, Möglichkeiten und Hersteller gibt.
Laktatmessung bekannt, Ablagerungen nicht
Bei einem anderen Thema horchten viele Ruderer mehr auf: Unter normalen Bedingungen ist im Tränenfilm eine geringe Konzentration von Milchsäure vorhanden, da die Zellen der Hornhaut anaerob arbeiten können, also ohne Sauerstoff Energie erzeugen. Bei intensiver körperlicher Anstrengung steigt diese Konzentration an, das gilt insbesondere für anaerobe Aktivitäten (z.B. intensives Krafttraining, Sprints oder andere Aktivitäten, die zu Sauerstoffmangel im Gewebe führen). Laktatmessungen im Blut waren allen Sportlern aus eigener Erfahrung gut bekannt, aber der Zusammenhang mit möglichen Ablagerungen auf der Kontaktlinse war kaum jemandem bewusst.
Schnell waren wir dadurch bei Tageslinsen, deren Flexibilität und Anpassungs-Fähigkeit besonders komfortabel für Sportler ist. Da sie das Risiko von Proteinablagerungen und damit verbundenen Irritationen verringern, bieten sie einen entscheidenden Vorteil. Sportler, die sich im Freien aufhalten, sollten Kontaktlinsen mit einem integrierten UV-Schutz tragen, um die Augen vor schädlicher UV-Strahlung zu schützen. Wenngleich natürlich das Tragen einer Sonnenbrille mit UV-Schutz weiterhin empfohlen werden muss, da Kontaktlinsen keinen vollständigen Schutz bieten.
Es war schön zu sehen, welch großes Interesse die Informationen über die optimalen Kontaktlinsen erregte. Für die meisten befragten Teilnehmer der Regatta war bis jetzt leider immer der Preis ausschlaggebend, da sie keine weiteren Informationen über Kontaktlinsen hatten. Für viele ist eine Kontaktlinse eben eine kleine Kunststofflinse, mit der man sehen kann. Und „wenn die erste nicht passt, dann geht es eben nicht mit Kontaktlinsentragen“ – so der häufige Tenor.
Aus Überzeugung Multifokal-Kontaktlinsen
Ich selbst trage gern und aus Überzeugung multifokale Kontaktlinsen. In meiner Altersklasse Ü50 tragen sonst kaum noch Sportler Kontaktlinsen: den wenigsten ist bekannt, dass es noch möglich ist. Mein Team habe ich komplett mit Sportbrillen und Kontaktlinsen versorgt. Schön, wie sich diese Begeisterung für die Linse multipliziert hat und andere aus meinem Ruderclub auch zur Kontaktlinse greifen.
Viele Ruderer betonten, dass Kontaktlinsen ihnen beim Training und im Wettkampf Freiheit und Bewegungssicherheit geben. „Sie verrutschen, beschlagen oder stören bei abrupten Bewegungen nicht wie eine Brille.“ Eine Teilnehmerin fasste es treffend zusammen: „Beim Rudern brauche ich den vollen Fokus auf das Wasser, die Riemen und mein Team – ich kann es mir nicht leisten, dass die Brille rutscht.“ Hier zeigt sich ganz eindeutig die Stärke von Kontaktlinsen: Sie bieten ein uneingeschränktes Sichtfeld und sitzen sicher, auch bei intensiven sportlichen Aktivitäten. Aber natürlich auch nur, sofern die optimale Passform der Kontaktlinse berücksichtigt wurde.
Linsen, die nicht korrekt angepasst sind, können dagegen bei schnellen Bewegungen auch verrutschen oder sich verschieben, was die Sehqualität beeinträchtigen und zu Irritationen führen kann. Sportler, wie beispielsweise Ruderer, mit einer hohen Bewegungsfrequenz oder einem breiten Spektrum an Kopf- und Augenbewegungen benötigen Kontaktlinsen, die sich besonders stabil auf der Hornhaut halten. Natürlich spielt auch der Lidschlag bei der Stabilisierung der Kontaktlinsen eine Rolle und sollte bei der Anpassung beachtet werden.
Ein Master-Ruderer sagte dazu: „Ich spüre sie kaum – und genau das ist der Punkt. Keine Ablenkung, nur Fokus.“ An den Regattatagen in Brandenburg war es sehr sonnig. So kam auch häufig das Argument, dass gut schützende, gekurvte Sonnenbrillen, ohne Korrektur, einen optimalen Rundumschutz geben. „Mit Kontaktlinsen habe ich die freie Wahl bei einer Sportbrille und brauche mich nicht darum zu sorgen, ob das Modell auch mit meinen Brillengläsern zu haben ist“, hieß es dann immer wieder.
Mein Fazit: Die World Rowing Masters Regatta hat mir gezeigt, dass die Wahl zwischen Kontaktlinsen und Brille im Sport eine sehr individuelle Entscheidung ist. Aber eins ist klar: Kontaktlinsen bieten für viele Sportler eine unsichtbare, aber entscheidende Unterstützung. Sie ermöglichen nicht nur eine klare Sicht, sondern auch Bewegungsfreiheit und Sicherheit. Für Sportler ist es entscheidend, Kontaktlinsen zu tragen, die eine hohe Sauerstoffdurchlässigkeit, ein Feuchtigkeits-Management, mechanische Stabilität und UV-Schutz bieten. Eine individuelle Anpassung durch einen Kontaktlinsen-Spezialisten, der sowohl die sportlichen Anforderungen als auch die physiologischen Besonderheiten des Auges berücksichtigt, ist unabdingbar, um die optimale Lösung zu finden.
Meiner Meinung nach ist für die Kontaktlinse noch sehr viel Aufklärungsarbeit nötig. Vielen Brillen-und Kontaktlinsen-Trägern ist nicht bekannt, welche Bandbreite es bei der Auswahl der optimalen Linse für sie gibt. Wir sollten immer wieder darauf hinweisen, wie wichtig gutes Sehen gerade beim Sport ist, um die Verletzungsgefahr zu reduzieren. Dies in Zukunft zu kommunizieren und zu multiplizieren, sollte weiter das Ziel der Industrie und von uns Kontaktlinsen-Anpassern sein. Als Augenoptiker können wir dabei helfen, für jeden Athleten die optimale Lösung zu finden: Der Unterschied zwischen Sieg und Niederlage beginnt oft bei den Augen.
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Sabine Siegmund gründete ihr Beratungs-Unternehmen (www.bksiegmund.de) basierend auf ihrer positiven und ertragssteigernden Erfahrung mit moderner Kommunikation im Business und im Teamsport. Siegmund bietet Business Coaching sowie firmeninterne Seminare und Vorträge an. Sie ist Inhaberin eines Fachgeschäftes für Augenoptik & Hörakustik (www.die-augenoptiker.de, seit 1995), Augenoptikerin, Betriebswirtin (HWK) und Marketingkauffrau.
Artikel aus der eyebizz 6.2024 (November/Dezember)