Die erste RETAIL BUSINESS WEEK im Juni 2020, online durchgeführt von der Ebner Media Group, war ein großer Erfolg. Zusammen mit Experten thematisierten sechs Fachmedien, darunter auch eyebizz, branchenübergreifend Handlungsfelder rund um Strategien und Erfolgsfaktoren, Digitalisierung am POS, Payment, Logistik sowie Shop-Tech und Warenwirtschaft. [13360]
eyebizz zeigte zweimal digitale Präsenz. Neben einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion zum Thema „Digitale Disruption in der Augenoptik“ gab es einen Fachvortrag von Robert Habel, Director Business Development der Topcon Deutschland Medical GmbH. Habel veranschaulichte, wie Augenoptiker Telemedizin für sich nutzen können. Beide „Sessions“ sind auch weiterhin online abrufbar.
Ob Omnichannel-Konzepte, Sehtest-Apps, virtuelle Brillenanprobe oder Teleoptometrie – auch in der Augenoptik werden bestehende Dienstleistungen, Produkte und Geschäftsmodelle durch digitale Innovationen verdrängt, abgelöst oder radikal verändert. In einer Online-Podiumsdiskussion befragte eyebizz-Chefredakteur Dr. Jürgen Bräunlein Best-Practice-Akteure nach ihren Strategien.
Jens Peter Klatt, Vice President Retail bei Mister Spex, sprach offen über die Entwicklung beim Multichannel-Primus, der 2016 seinen ersten Store eröffnete und mittlerweile 32 in Deutschland betreibt, die zuletzt hinzugekommenen Standorte: Lübeck, Bielefeld, Saarbrücken. Klatt wies nochmals darauf hin, dass die Ergänzung von Online-Shops durch stationäre Geschäfte von Anfang an die Strategie des Berliner Unternehmens war. Derzeit arbeite man mit 450 Partneroptikern zusammen. Darauf angesprochen, ob er die Meinung teile, dass sich auch längerfristig maximal 10 bis 15 Prozent des Brillenumsatzes online erwirtschaften ließen, erwiderte Klatt, dass er von einem Marktanteil von 15 bis 20 Prozent ausginge. Und fügte hinzu: „Auch wenn es nur 15 Prozent wären, würden dass immer noch eine Milliarde Euro auf dem deutschen Markt sein – ein durchaus erstrebenswertes Ziel.“
Ein Antreiber auf dem Markt digitaler Erneuerungen ist auch Webdesigner Sven Neitzel, der gemeinsam mit dem Programmierer Konrad Feiler, das Startup LooC gegründet hat. Für die überschaubare Größe – die beiden Gründer arbeiten nur noch mit einer Handvoll Freelancern zusammen – hat man der Branche bereits ordentlich Impulse gegeben. Ihre Apps für Sehtests und virtuelle Brillenanprobe werden bereits von namhaften Herstellern wie Grafixund Markus T. genutzt. „Die Customer Joourney mit ihrer Vermischung von Online und Offline wird in der Augenoptik immer mehr zunehmen und unsere App-Entwicklungen werden hier eine wichtige Rolle spielen können“, so Neitzel. Vorstellen kann er sich, dass es in Zukunft durchaus möglich sein könnte, dass man sich online nicht nur eine Brille aussucht, sondern dabei auch eine Zentrierung vornehmen könne. (Näheres zu LooC auf S.x)
Lutz Jurkat von der Agentur Spotleit und Experte für digitales Marketing für Augenoptiker beleuchtete einen anderen Nutzen des Digitalen. „Die Tools der Online-Kultur geben dem Augenoptiker die Chance, Kundenbedürfnisse besser zu erkennen und einzuschätzen. Was ist das für ein Typ vor mir? Was braucht er wirklich?“ Brillen auch online zu verkaufen, dazu riet er Augenoptikern eher nicht. Sinnvoller sei es, das Internet als Showroom zu nutzen, der Kunden ins Geschäft lockt. Apps könnten dabei helfen, die Verweildauer auf Webseiten zu erhöhen. Grundsätzlich empfiehlt er Augenoptikern, sich immer genau zu informieren, welche innovativen Produkte für Sehlösungen auf den Markt kommen. Denn hier sei der Augenoptiker Spezialist.
Natalie Rosner, die sich vor zwei Jahren mit ihrem Geschäft Brillenhelden in Leinefelde-Worbis in Thüringen sehr erfolgreich selbstständig gemacht hat, relativierte die Wichtigkeit des Digitalen für Augenoptiker. „Man muss als Augenoptiker einen Standpunkt einnehmen und ihn mit seinem Namen verkörpern, dann kann man Social Media nutzen, aber so wie es der individuellen Positionierung entspricht. Kunden kommen oft über unsere Website auf uns zu, weil sie sehen, das ist kein Bauchladen. Wir versuchen persönlich und familiär zu kommunizieren.“ Instagram sei derzeit der wichtigste Social Media-Kanal für Brillenhelden, so Rosner, doch von der Verwendung eigener Apps sei man noch weit entfernt.
Teleoptometrie und Digitales Datenmanagement – die Zukunft der Augenoptik
In seinem Fachvortrag „Teleoptometrie und Digitales Datenmanagement – die Zukunft der Augenoptik“, zeigte Robert Habel, Director Business Development, Topcon Deutschland Medical GmbH anschaulich, wie Teleoptometrie und Datenmanagement dem Augenoptiker heute schon einen Wettbewerbsvorteil geben können. Unterstützt wurde er von seinem Kollegen Stefan Kinder, Solution Architekt von Topcon. Das Motto: „Eyecare anders – gemeinsam gestalten.“
Vorgeführt wurde, wie effizient und zum Nutzen des Kunden die Kommunikation zwischen Augenoptiker und Augenarzt etwa im Fall einer Fundusanalyse aussehen kann. Die Bilder werden gescreent, der Bericht kann sofort zum Augenarzt geschickt werden. Augenärzte und Augenoptiker kommunizieren dann schnell und transparent: Sie haben alle wichtigen Informationen, auch von unterschiedlichen Geräten, auf einem Blick vor sich. Grundlage hier ist eine herstellerneutrale Plattform. Die diagnostischen Ergebnisse aller Geräte gehen in ein Cloud-System. Bei Topcon nutzt man Harmony RS Background und zählt bereits 5.000 Anwender täglich, viele davon in Skandinavien und den Niederlanden. Teleoptometrie ermöglicht schnelle Untersuchungsergebnisse und vereinfacht die Einholung von Zweitmeinungen. Was Telemedizin betrifft, ist man in Deutschland noch vielfach hintendran, so Habel. Und gibt ein bestürzendes Beispiel: „Die Datenübertragung in manchen deutschen Kliniken läuft immer noch zum Großteil über Fax.“ ///
Der Fachvortrag „Teleoptometrie und Digitales Datenmanagement“ und die eyebizz-Podiumsdiskussion „Disruption in der Augenoptik.“ sind online abrufbar unter: www.internetworld-expo.de/retail-business-week/
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Beitrag aus der eyebizz 4/5.2020