Bereits zum sechsten Mal fand die österreichische Augenoptik und Hörakustik Convention „OHI Update“ statt. Über 240 Teilnehmer kamen am 9. Oktober 2021 nach Wien zu spannenden Vorträgen, Industrie-Messe und Kollegen-Austausch: ein deutliches Lebenszeichen der österreichischen Branche nach der durch Covid-19 bedingten Pause der letzten eineinhalb Jahre.
Augenoptik: Genau hingeschaut
Zum Bereich Augenoptik standen drei Vorträge auf dem Programm: Mag. Martin Hoffer machte als Jurist beim ÖAMTC (Österreichischer Automobil-, Motorrad- und Touringclub) in seinem Vortrag augenoptische und optometrische Aspekte der Fahrtauglichkeit deutlich. Bedingt durch eine geminderte Sehschärfe können auch prinzipiell Unschuldige bei einem Autounfall zu einer Teilschuld verurteilt werden. Auch wenn ein Verkehrsteilnehmer auffällig wird, zum Beispiel durch zu langsames Fahren aufgrund einer Sehbeeinträchtigung, kann dies eine Zuweisung zu einem Amtsarzt zur Folge haben.
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Beim Führerschein kann man wahlweise Brille oder Kontaktlinsen – oder beide Korrekturmöglichkeiten – eintragen lassen. Für die Führerscheingruppe 2, welche das Lenken von LKW und Bussen beinhaltet, muss eine höhere Sehleistung nachgewiesen werden als für die Gruppe 1, PKW und Motorrad. „Das Mitführen einer Reservebrille ist nicht mehr verpflichtend, aber empfehlenswert“ riet Hoffer.
Dr. Wilfried Glatz von der Medizinischen Universität Graz referierte über die wegen ihrer Hartnäckigkeit gefürchtete Akanthamöbenkeratitis. Als Eintrittspforte für diese schwerwiegende Entzündung ist häufig ein Epitheldefekt in der Hornhaut verantwortlich. Die Therapie gegen den parasitären Einzeller benötigt bei Befall des Auges oft langwierige Behandlungen, da sich die Akanthamöben in zwei Formen zeigen können. In der aktiven Form als Trophozoit und in der ruhenden Form als Zyste.
„In der Anamnese sind zumeist die sehr starken Schmerzen im Vergleich zum noch nicht so auffälligen klinischen Bild der Hornhaut verdächtig“, betonte Glatz. Die Therapie erfolgt konservativ in der Form von Tropfen, die auf die Hornhaut appliziert werden. Diese Tropfen-Therapie muss im Regelfall über einen langen Zeitraum angewendet werden. Da 75 % der betroffenen Patienten Kontaktlinsen-Träger sind, wies Glatz auf die Wichtigkeit der Kontaktlinsen-Hygiene hin, insbesondere bei langjährigen Linsenträgern.
Über die Vielfalt von Mikroorganismen auf Brillen referierte Prof. Dr. Markus Egert. In seinem Vortrag Brillenhygiene und Keime auf Brillen verglich er die Mikroorganismen auf Brillen von Seniorenheimen mit denen von Studentenheimen. Es zeigte sich, dass eine höhere Vielfalt von Bakterien auf den Brillen der Altersheime zu finden waren. Die häufigsten Keime waren der Staphylococcus-Gruppe zugeordnet, welche auch auf der Haut häufig vorhanden sind.
Der Erfolg bei der Reduktion der Keimanzahl ist mit einem feuchten Reinigungstuch mit und ohne Alkohol signifikant höher als mit einem Zellulosetuch oder einem trockenen Mikrofaserputztuch. Egert schlussfolgerte daraus, dass wohl die eigene Brille für einen gesunden Brillenträger kein erhöhtes Risiko darstelle, aber immungeschwächte Personen und Menschen mit Augenpathologien sollten das Desinfizieren ihrer Brille sehr ernst nehmen. Ebenso ist beim Hantieren von fremden Brillen – wie es bei Augenoptiker*innen regelmäßig vorkommt – auf die eigene Handhygiene zu achten.
Hörakustik: Forschung zur besseren Kommunikation
Auch für den Bereich Hörakustik wurden drei Themen präsentiert: Dr. Sybille Seybold, MPH ist studierte Logopädin und Gesundheitswissenschaftlerin der Universität Oldenburg. Ihre besondere Leidenschaft liegt beim Thema Kommunikationstraining in der auralen Rehabilitation. Aus ihrer eigenen praktischen Arbeit heraus hat sie sich mit den Herausforderungen betroffener Personen als auch deren Angehöriger beschäftigt. Zusammen mit australischen Forschern ist es ihr gelungen, ein aus neun Modulen bestehendes Kommunikationstraining mit dem Namen ZAK (Zusammen aktiv kommunizieren) in deutscher Sprache zu entwickeln.
Wichtig war Seybold, dass es dabei um ein Verhaltenstraining geht, welches sowohl dem Hörgeschädigten als auch den Angehörigen Werkzeuge in die Hand gibt. So werde einerseits die eigene Wahrnehmung und Akzeptanz erhöht und andererseits auch Strategien entwickelt, um in anspruchsvollen Situationen besser an Unterhaltungen teilnehmen zu können. Als Ziel wird eine Steigerung der Kommunikationsfähigkeit, eine Schulung der Wahrnehmung und der Selbstwirksamkeit sowie eine Steigerung der Lebensqualität angestrebt.
Prof. Dr. Josef Kessler von der Neuropsychologie der Memory Clinic Köln Jülich ließ in seinen Vortrag zum Hörverlust als Risiko für kognitive Beeinträchtigungen oder eine spätere Demenz-Entwicklung mit der Erkenntnis aufhorchen, dass die Covid-19-Erkrankung auch das Nervensystem attackieren und neurologische Erkrankungen auslösen kann. So ist das menschliche Gehirn das flexibelste und modifizierbarste Organ – und das ein Leben lang. Im Alter finden diverse kognitive Veränderungen statt.
Diese betreffen aber hauptsächlich die fluide Intelligenz, wie zum Beispiel die Verarbeitungsgeschwindigkeit oder das episodische Gedächtnis. Verschiedene altersabhängige Risikofaktoren können jedoch kognitive Beeinträchtigungen fördern. Neben Alkohol und Rauchen spielt zu 8 % ein Hörverlust eine erhebliche Rolle als erhöhtes Risiko einer Demenz-Erkrankung. So steht eine periphere Hörstörung mit einer beschleunigten Hirnatrophie in Zusammenhang. Zusammenfassend stellte Dr. Kessler fest, dass das Aufrechterhalten guten Hörens einen positiven Effekt auf eine Vielzahl an Gehirnfunktionen hat.
Prof. Dr. Hartmut Meister ist Leiter für die audiologische Forschung am Jean-Uhrmacher-Institut für klinische Forschung an der Universität zu Köln. Er schilderte dem Auditorium die Erkenntnisse einer klinisch-praktisch wissenschaftlichen Studie, wie Aufmerksamkeitsmechanismen sich auf Zuhören und Verstehen auswirken. In seiner Studie wurden in verschiedenen Altersgruppen die Hörfähigkeit in Bezug auf eine Höranstrengung getestet.
Erstaunt waren die Forscher darüber, dass die älteren, gut hörenden im Vergleich zu den jungen, gut hörenden Studienteilnehmern keinen signifikanten Unterschied beim Konzentrieren auf wechselnde Sprecher in einer Gruppe von Sprechern hatten. Die kognitive Trennung konkurrierender Sprachsignale ist eine entscheidende Voraussetzung für die Lenkung der Aufmerksamkeit. Fehlerquellen wie Falsch- oder Nichtverstehen, als auch Verwechslungen zwischen Ziel- und Maskierungssprecher, lassen sich mit einer Verbesserung der Hörfähigkeit – etwa mit Hörsystemen – durch die Übertragung räumlicher und stimmlicher Merkmale, die bei der Differenzierung helfen, minimieren.
Die ersten ECOO-Absolventen
Im Rahmen der OHI Update 2021 erfolgte zudem die feierliche Verleihung der European Qualification in Optics für die ersten Absolventen in Europa.
So erhielten unter anderem Oyunbayar Chuluun, Sophia Ebenbichler, Katharina Haas, Lukas Maurer, Simon Paireder, Krystsina Rypinskaya, Orsolya Szervatiusz und Sonja Windhaber das begehrte Europadiplom von Peter Gumpelmayer von der ECOO überreicht.
Industrie-Messe mit positiver Resonanz
Neben den sechs spannenden Vorträgen zu Augenoptik und Hörakustik fand im SO/Sofitel Wien begleitend eine Industrie-Messe mit 42 Ausstellern statt aus den Bereichen EDV, Brillen, Kontaktlinsen, Gläser und Equipment für Augenoptik und Hörakustik sowie einem eigenen „French Corner“ (mit Firmen aus Frankreich). Gegenüber 2019 ein Anstieg um etwa 20 %, mit positiver Resonanz bei Besuchern und Ausstellern gleichermaßen.
„Das Publikum war hinsichtlich Eyewear auffällig zielstrebig unterwegs und wir haben für nur einen Tag in Wien am OHI Update sehr gute Order aufnehmen können“, freute sich zum Beispiel Stefan Kästner, Geschäftsführer von Braun Classics. Und Michael Rheinwald, Verkaufsleiter D/A von Look – Made in Italia, konnte beim OHI Update 2021 einige konkrete Termine bei österreichischen Augenoptikern anbahnen. „Angenehm war mir auch der Austausch in einer ungezwungenen Umgebung mit der Möglichkeit, unsere Unternehmenswerte zu kommunizieren“, fasste er den Tag in Wien zusammen.
Fünf französische Hersteller feierten beim OHI Update ihre Premiere in Österreich im sogenannten „French Corner“ und stellten ihre Brillenneuheiten vor: eine gelungene Mischung aus süßen Kinderbrillen, variablen Sportbrillen, markantem Edelstahl-Design, farbenfrohem Acetat aus der Normandie oder Sehhilfen für Leseschwäche.
Neues Format des OHI Update
Das neue Format habe sich bewährt, freuen sich die Veranstalter. „Die Weiterentwicklung vom OHI Update von einer reinen Fortbildungsveranstaltung zu einer Kombination mit einer respektablen österreichischen Messe hat sich gelohnt“, resümiert OHI-Geschäftsführer Walter Gutstein. „Mit dem Wechsel des Veranstaltungsortes in das SO/Sofitel Wien haben sich zusätzlich auch für die Konzeption und Durchführung Möglichkeiten in größeren Dimensionen ergeben. Insbesondere, dass beim OHI Update 2021 auch geordert wurde, hat uns enorm gefreut“, so Gutstein.
„Wir sind besonders dankbar, dass unsere Veranstaltung trotz oder gerade wegen der Pandemie-Pause von den Kolleginnen und Kollegen so gut angenommen wurde. Der hohe Besucheranteil hat das OHI Update 2021 zum österreichischen Branchenfest dieses Jahres gemacht“, ergänzt OHI-Geschäftsführer Harald Belyus.
Noch ein paar Impressionen im Video:
Das nächste OHI Update der „Optometrie & Hörakustik Initiative“ findet am 10. September 2022 statt, wieder im SO/Sofitel Wien.