OHI Update: Zufriedene Teilnehmer, zufriedene Veranstalter
von Redaktion,
Mitte Juni fand zum fünften Mal die österreichische Augenoptik und Hörakustik Convention OHI Update statt – und wurde von über 220 Tagungsteilnehmern besucht. Neben dem bewährten Konzept, parallel vier Augenoptik- und Hörakustik-Vorträge anzubieten, konnte die begleitende Industrieausstellung mit 34 Partnern gegenüber dem Vorjahr deutlich ausgebaut werden. Weinverkostung und Gewinnspiel rundeten das Konzept der OHI-Branchentagung ab.
„Als wir im Jahr 2014 unsere Tagung ins Leben riefen, haben wir noch alle Getränke selbst im Supermarkt eingekauft und in die Kuffner Sternwarte geschleppt“, erinnert sich Harald Belyus, MSc, Gründer und Geschäftsführer der OHI. „Nach zwei weiteren Jahren in der wunderschönen Wiener Urania haben wir dann den Sprung in das nochmals wesentlich größere Novomatic Forum gewagt.“
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Die großen Vortragssäle und der Festsaal für die Industrieausstellung im Erdgeschoss hätten sich letztendlich bewährt. „Im Nachhinein gesehen, war der zweimalige Wechsel der Location ein guter Schritt, da wir dadurch in den letzten fünf Jahren mit der Tagung kontinuierlich auf ein beachtliches Niveau wachsen konnten“, resümiert Mitgründer und Geschäftsführer Walter Gutstein, PhD.
OHI Update: Die Augenoptik-Vorträge
Nahzusatz oder Nahglasbestimmung
Augenoptikermeister Michael Hornig betonte in seinem Vortrag, dass zwischen der Bestimmung eines Nahzusatzes und der Durchführung einer Nahglasbestimmung differenziert werden muss. So wird mit einem Nahzusatz der altersmäßig verlorengegangene Teil der Akkommodation ausgeglichen. Bei einer kompletten Nahglasbestimmung seien die Messtechniken umfangreicher, die benötigten Messgeräte aufwendiger und auch der Zeitaufwand höher.
Hornig demonstrierte, dass selbst beim „einfachen“ Nahzusatz eine bestimmte Vorgangsweise zu beachten ist. So ist es nicht trivial, in welcher Distanz der Kunde seine Nahkorrektur nutzen möchte. Er erinnerte auch daran, dass sich der Akkommodationsbedarf ändert, wenn zwischen Kontaktlinsen und Brillen gewechselt wird.
Zudem führten Anisometropien und stärkere Astigmatismen zu unterschiedlichen Akkommodationserfolgen. Hornig berichtete in diesem Zusammenhang über Lösungen für solche Fälle. Er demonstrierte anhand von Videos, wie mit Hilfe der dynamischen Skiaskopie und des Pupillenreflexes der Nahastigmatismus und das Akkommodationsgleichgewicht ohne Kommunikation mit dem Kunden gut abgeschätzt werden kann.
Des Weiteren riet der Referent zur generellen Anwendung des Motilitätstests, um bereits im Zuge der Anamnese Auffälligkeiten der äußeren Augenmuskulatur aufzudecken. So müssten Abweichungen von Idealstellung in der Korrektur berücksichtigt werden, um beim Blick in die Nähe langfristig scharf zu sehen. „Sollte eine prismatische Korrektion in der Nähe indiziert sein, dann hat sich die Mess- und Korrektionsmethodik nach Haase (MKH) für mich als die verträglichste binokulare Korrektion herausgestellt”, so Hornig. Bei prismatischen Korrekturen muss die gewünschte Nahentfernung besonders berücksichtigt werden.
Okuläre Allergien – nicht nur bei Kontaktlinsen ein Thema
Der an der Glasgow Caledonian University (GCU) tätige Optometrist Sven Jonuscheit, PhD, beschäftigt sich unter anderem mit okulären Allergien. In seinem Beitrag zeigte er auf, dass diese die am häufigsten auftretenden Augenprobleme am vorderen Augenabschnitt darstellen. Eine allergische Reaktion am Auge mache sich zudem oft zusammen mit einem Heuschnupfen (allergische Rhinitis) bemerkbar.
Als häufigste Formen treten die saisonale allergische Konjunktivitis (SAC) und die perenniale allergische Konjunktivitis (PAC) auf. Nachdem die Mastzellen Histamin ausschütten, kommt es zu einer entzündlichen Reaktion, welche sich vor allem durch ein Augenjucken bemerkbar macht. Cornea und der Visus seien normalerweise nicht betroffen. Linderung bringen – zusätzlich zur medikamentösen Therapie – kalte Kompressen, wässrige Tränenersatzmittel zum Ausspülen des Auges und Augenbäder.
Beim Tragen von Kontaktlinsen seien diese oft durch den veränderten Tränenfilm nicht mehr komfortabel verwendbar. Meist wird in dieser Zeit der Kontamination lieber die Brille getragen. Diese hilfreiche Vorgangsweise solle auch dem Kontaktlinsenträger vermittelt werden, um ein gänzliches Drop-out zu vermeiden.
Licht und Organismus
Einen Einblick in die Zusammenhänge zwischen Licht und Gesundheit bot Ao. Univ. Prof. Dr. Wolfgang Marktl. So sei Licht nicht nur als Beleuchtung relevant, sondern auch für unsere Gesundheit wichtig.
Zudem sei der Mensch, neben anderen Rhythmen, auch vom Tag-Nacht-Rhythmus abhängig. Kommt es durch künstliches Licht zu einer Verschiebung dieses Gleichgewichts, so ändere das unter anderem auch die Melatonin-Produktion. Melatonin wird vom Körper allerdings nur bei Dunkelheit ausgeschüttet. Vor allem künstliches Licht, mit einem hohen Blauanteil, kann die Melatonin-Synthese während der Nacht signifikant unterdrücken und so zu einer Änderung des Wach-Schlaf-Rhythmus führen.
Durch die Industrialisierung halten sich die Menschen tagsüber vermehrt in Räumen und nicht (mehr) im Freien auf, wodurch zu wenig Hormon D (Vitamin D) gebildet wird. Das und zu wenig Melatonin werden mit verschiedenen Erkrankungen in Verbindung gebracht.
Physiologisch angepasstes Licht – immer wichtiger
Prof. Dr. med. Richard H. W. Funk beschrieb in seinen Ausführungen die Auswirkungen des Lichts auf das Auge. So absorbieren die Augenmedien von Erwachsenen Lichtanteile mit Wellenlängen kürzer als 400 Nanometer, bevor sie auf der Netzhaut ankommen.
Jedoch ist jener blaue Lichtanteil, mit einer Wellenlänge über 400 Nanometer, immer noch energiereich genug, um die Netzhaut – vor allem die dort anzutreffenden Rezeptoren – zu schädigen. Durch die Bildung von freien Sauerstoffradikalen führe die Lichtintensität zur Schädigung der Rezeptoren und später zur Schädigung des retinalen Pigmentepithels (RPE) – und in letzter Folge zum Zelltod.
Funk empfahl, mit dem Licht deutlich achtsamer als bisher umzugehen. So mache kurzwelliges Licht einer bestimmten Intensität am Tag keine Probleme, aber in der Dämmerung und nachts würden bei gleicher Intensität mehr schädigende Sauerstoffradikale produziert.
OHI Update: Die Hörakustik-Vorträge
Räumliche Wahrnehmung im Grundschulalter
In ihrem Vortrag „Räumliche Wahrnehmung im Grundschulalter“ berichtete Katharina Schmidt, Msc, über ihr Forschungsprojekt „ERKI“ – Erfassung des Richtungshörens bei Kindern. Die Entscheidung, „hören, woher ein Geräusch kommt und dies zu lokalisieren“, erfolge ganz automatisch und bei Normalhörenden auch ohne große Anstrengungen. Die akustische Lokalisation gehöre somit zu den basalen und automatisierten zentral-auditiven Prozessen des binauralen Hörens.
Als Richtungshören wird demnach die Fähigkeit bezeichnet festzustellen, woher ein bestimmtes Schallereignis kommt. Dabei nutze das Hörsystem die Unterschiede der in beiden Ohren eintreffenden Signale einer entfernten Schallquelle, um deren Richtung zu bestimmen. Das Richtungshören sei somit ein wichtiger Aspekt im Alltag und spiele eine entscheidende Rolle, damit wir uns in unserer Umwelt zurechtfinden. Möchte man das Richtungshören – konkret die Lokalisationsleistung – überprüfen, dann steht man einem Problem gegenüber. Denn auf dem internationalen Markt gebe es hierfür derzeit keine einzige einheitliche und standardisierte Messmethodik, die in der Diagnostik und Rehabilitation eingesetzt werden könnte.
Das Ziel von „ERKI: Erfassung des Richtungshörens bei Kindern“ war die Entwicklung eines automatisierten Verfahrens, das als Zusatzmodul bei Kinderaudiometrie-Anlagen wie den Mainzer Kindertischen die Überprüfung des Richtungshörens bei hoher Winkelauflösung ermöglicht. Bei der Entwicklung lagen zudem die einfache Bedienbarkeit, das automatisierte Verfahren und die besondere Eignung für Kindermessungen im Fokus der Projektumsetzung. Die Ergebnisse zeigten einen Zusammenhang zwischen der Lokalisationsfähigkeit und der kindlichen Entwicklung. Demzufolge kann vermutet werden, dass sich die Lokalisationsleistung im Laufe der ersten zehn Lebensjahre immer weiter verbessert. Es wurden Normwerte von Grundschülern aus verschiedenen Klassenstufen erhoben. Im Jahr 2017 erfolgte die Zulassung des ERKI-Setups als Medizinprodukt.
Ferner sei die Überprüfung der Lokalisationsleistung ein wichtiger Bestandteil bei der Anpassung von Hörgeräten (HG) und Cochlea-Implantaten (CI). Im Vergleich zu Normalhörenden zeigten Betroffene mit Hörstörungen zum Teil erhebliche Defizite beim Richtungshören. Grund hierfür könnte unter anderem in einem eingeschränkten Verarbeitungsprozess liegen sowie an den an beiden Ohren ankommenden Signalen, dem Implantationsalter oder aber auch dem Zeitraum zwischen den Implantationen – bei sequentiell bilateral versorgten CI-Trägern.
Molekulare Aspekte des Hörens – jenseits der Stille
Die im Hörforschungszentrum der Hals-Nasen-Ohren-Klinik Eberhard Karls Universität Tübingen tätige Prof. Dr. Marlies Knipper entführte die Teilnehmer in die Welt der Neurologie. „Unser Hörorgan ist das einzige universale sensorische Organ der Säugetiere“, so Knipper. Während die Unfähigkeit, zu sehen oder zu riechen, im Tierreich auf natürliche Weise vorkommt, gibt es keine Spezies mit natürlich vorkommender Taubheit.
Dies zeige bereits, dass unser Hörorgan möglicherweise eine besondere Stellung unter den sensorischen Systemen einnimmt. Die besondere Fähigkeit dieses Organs liege in der enormen dynamischen Breite der Lautheitswahrnehmung von 1:6.000.000 (0 dB bis 130 dB). Das habe zur Folge, dass das Hören vom Fallen einer Stecknadel bis zum Lärm eines Düsenjets einer Koordinierung eines breiten Lautheitsspektrums bedarf. Unser Hörorgan könne eine Informations-Übertragungsleistung von bis zu 30 Millionen Bits pro Sekunde erreichen, was dem circa 30-fachen der möglichen Leistung des visuellen Systems entspricht.
Im weiteren Verlauf des Vortrags zeigte Knipper den Unterschied zwischen den klinischen, also im Ton-Audiogramm messbaren Hörminderungen und jenen, die keine messbaren Einschränkungen zeigen. Durch ihre aktiven Schwingungen am Ort der maximalen Auslenkung der Basilarmembran werden leise Töne verstärkt und laute Töne gedämpft.
Durch Lärmexposition können äußere Haarzellen sterben. Dadurch kommt es zum Verlust der messbaren Hörschwelle, die mit den sogenannten auditorisch-evozierten Hirnstammpotenzialen in der Klinik oder beim HNO-Arzt diagnostiziert werden kann. Durch den Verlust der äußeren Haarzellen kann es auch zu einem Verlust der Dämpfung von lauten Schallintensitäten kommen. Dieses Phänomen, das als „Rekruitment“ bekannt ist, habe zur Folge, dass leise Geräusche schlechter und laute Geräusche lauter gehört werden.
Der Zusammenhang zwischen dem Verlust der äußeren Haarzellen, der Reduktion in der Auslenkung der Basilarmembran und die damit verbundene Verschiebung der Hörschwelle sei seit langer Zeit bekannt. Erst kürzlich konnte nachgewiesen werden, dass unabhängig vom Haarzellverlust auch Hörnervenfasern degenerieren können. Das menschliche Ohr verfügt über zwei verschiedene Typen von Hörnervenfasern. Die beiden Arten unterscheiden sich in der Empfindlichkeit für Lautstärke und ihrer Entladungsrate. Zum Hören und Verstehen benötige man also nicht nur die Haarsinneszellen, sondern auch die jeweiligen Hörnervenfasern.
Hörtherapie und Hörtraining im Alltag
In seinem Referat „Hörtherapie und Hörtraining“ stellte Hörakustikmeister Sebastian Öller aus München die Arbeitsweise, Vorteile und Erfolge mit der Hörtherapie und dem Hörtraining seiner täglichen Arbeit vor.
Die Hörtherapie setze sich aus unterschiedlichen Terminen zusammen. Die maximal acht Termine beginnen mit einer ausführlichen Beratung in Bezug auf das Hören und Verstehen im konkreten Zusammenhang mit dem Hörverlust des jeweiligen Kunden. Es erfolgt keine Beratung in Bezug auf das zukünftige Hörsystem. Ganz im Gegenteil: Die Kunden sollen sich intensiv mit ihrer Hörminderung auseinandersetzen und aktiv mitarbeiten. Beim ersten Termin werde gleich eine Abformung genommen, die für die Herstellung einer Maß-Otoplastik dient. Beim zweiten Termin erhalte der Kunde ein System, welches er 14 Tage trägt. Die technischen Funktionen des Systems sind in dieser Phase deaktiviert. Während dieser Zeit macht der Kunde aktiv unter Zuhilfenahme eines Tagebuchs Hörübungen, die nach einer Woche vom Hörakustiker kontrolliert werden.
Anhand der Auswertung von Tragezeit und Tragesituationen wird dann das Hörsystem näher bestimmt. Beim Anpasstermin werde aus bis zu drei Systemen gleicher Preisklasse – aber unterschiedlicher Hersteller – das beste System gesucht und anschließend getestet. Alle verglichenen Systeme werden messtechnisch gleich eingestellt. In Folge entscheide der Kunde, welches System ihm klangspezifisch am besten gefällt. Der Hörakustiker kann danach gegebenenfalls noch „nachbessern“ und dem Kunden eine darüber hinaus hochwertigere Technik anbieten. Passe nämlich der Klang eines bestimmten Herstellers, dann könne noch anhand der Technik eine Verbesserung erzielen werden. Ein langwieriger Wechsel getesteter Systeme entfalle somit.
Zum Abschluss seines Vortrags berichtete Öller über die Vorteile eines Hörtrainings, welches entweder mit einer Art Handheld oder über das Smartphone durchgeführt werden kann.
Qualitätskriterien für Sprachtestverfahren
In ihren Ausführungen zu „Qualitätskriterien für Sprachtestverfahren“ gab Alexandra Winkler, Msc, von der Jade Hochschule, Institut für Hörtechnik und Audiologie, einen Einblick in ihre Forschungsarbeit. Der Freiburger Einsilbertest ist in Deutschland ein normiertes Standardverfahren in der HNO-Diagnostik und in der Hörgeräteanpassung. Seit den 80er Jahren sei der Test allerdings in der Kritik bezüglich der Aussprache, des verwendeten Sprachmaterials sowie der phonemischen und perzeptiven Ausgewogenheit.
Verschiedene Studien untersuchten den Test. Bedingt durch das unterschiedliche Studiendesign – Auswahl der Probanden, Kopfhörermessungen, Freifeldmessungen, Darbietungspegel, Listenauswahl – ergaben sich unterschiedliche Ergebnisse. Die Norm DIN EN ISO 8253-3 (2012) befasse sich mit der Evaluierung und Validierung von Sprachtests bei Ruhe und bei Störgeräusch. Ziel dieser Norm sei die Sicherstellung von Mindestanforderungen hinsichtlich Genauigkeit und Vergleichbarkeit von Sprachtestergebnissen.
Da nicht alle normativen Vorgaben der vorangegangenen Studien mit dem Freiburger Einsilbertest erfüllt wurden, erfolge derzeit eine systematische Analyse des Freiburger Einsilbertests nach DIN EN ISO 8253-3 (2012). Der Vortrag beleuchtete diese Analysen hinsichtlich technischer Parameter, phonemischer und perzeptiver Ausgewogenheit, Test-Retest-Reliabilität, des Einflusses des Störgeräuschs auf das Einsilber-Verstehen und der Erstellung der noch fehlenden Bezugskurve für den Freiburger Einsilbertest bei Störgeräusch.
Und außerdem . . .
Begleitend zum OHI Update fand im Festsaal des Novomatic Forum eine Industrieausstellung der Augenoptik und Hörakustik mit 34 Ausstellern statt. Nach den Vorträgen erfrischte die SILMO Paris, in Kooperation mit der französischen Botschaft in Wien, die Tagungsteilnehmer mit der Verkostung eines Rosé-Weins. Augenoptikerin Gabriella Giarolli ging als Siegerin aus dem Messe-Gewinnspiel hervor und freute sich über Flugreise und Hotelaufenthalt bei der kommenden SILMO Paris Ende September.
Zufriedene Besucher
In der anonymen Besucher-Befragung befanden 96% die Vorträge als gut bis ausgezeichnet. Ganze 88% der Teilnehmer bewerteten den Nutzen der Vorträge mit den Schulnoten Eins oder Zwei.
Erstmals konnten für das OHI Update neben den Fortbildungspunkten der österreichischen Bundesinnung, dem GOC, dem ZVA und dem SBAO auch im Bereich der Hörakustik Punkte von der Deutschen Gesellschaft für Audiologie e.V. (DGA) vergeben werden.
Das nächste OHI Update wird am 9. Mai 2020 in Wien stattfinden.